Kapitel 18

4K 158 25
                                    

Der ganze Tag verlief hektisch, obwohl wir frei hatten. Nicht für uns. Mir persönlich wäre sogar langweilig gewesen, wenn wir nicht so viel mitbekommen hätten. Raphael ließ durch Dave seine Armee mobilisieren und Raziel tat es zur Vorsicht. Zwar wurde ihm nicht der Krieg erklärt, doch die Brüder standen sich nah. 

Cora war mit Skylar im Zimmer. Zwar hatte Raphael ihr das versprochene Aspirin gebracht, dennoch ging es ihr heute nicht zu gut. Das würde definitiv eine Lehre für sie sein. Jedenfalls hoffte ich das. Doch aus Büchern entnahm ich, dass es häufig nicht der Fall war. 

Gelangweilt aber wenigstens umgezogen - heute trug ich normale Sachen - lag ich auf dem Sofa und hielt meine dünnen Beine in die Luft. Dabei betrachtete ich sie. Vielleicht sollte ich joggen gehen, um sie etwas zu trainieren. Doch dann stellte sich mir die Frage, wann ich denn Zeit dafür hatte? Richtig, nie City, dachte ich. 

Vielleicht könnte ich Raphael ja darum bitten, eine Stunde später mit der Arbeit zu beginnen. Dann hätte ich die Zeit. Aber dann wiederum wusste ich nicht wie viel sich im Kriegszustand ändern würde. Und schon vorher durften wir nur in Begleitung raus. Dave würde bestimmt mit mir laufen, doch der hatte nun andere Sorgen. 

Zudem wechselt Raphael bald die Residenz. Dann war er fort und es würde noch langweiliger werden. Ja fast öde, denn dann hätten wir noch weniger zutun. Seufzend begann ich meine Beine zu bewegen. 

"Da schenke ich euch einen freien Tag und schon kommt Langeweile auf", ertönte eine Stimme hinter mir. Schon von der Betonung her konnte ich heraushören, dass Raphael grinste. Sofort setzte ich mich auf und sah zu ihm. 

Er betrachtete mich kurz, bevor er sich zu mir setzte. "Du musst den Krieg nicht führen. Es ist meine Schuld. Schick mich einfach zurück zu Gabriel", sagte ich und die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Ich fühlte mich schlecht und schuldig. 

Erneut musterte Raphael mich. Solange, bis es langsam begann, unangenehm zu werden. "Willst du das denn?", wollte er wissen. In seinen Augen war zu erkennen, dass er nicht schlau aus mir wurde. Mir ging es mit ihm allerdings genauso. 

"Es spielt keine Rolle was ich will. Wenn das für Frieden sorgt, dann-" Raphael unterbrach mich und nahm meine Hände in seine. Sie waren warm und zwar auf eine angenehme Art und Weise. Kurz sah ich zu unseren Händen, dann wieder zu ihm. 

"Gabriel würde einen anderen Weg finden, um Krieg zu führen. Außerdem fühle ich mich besser, wenn du bei mir bist", gab er zu und an seinem Blick war zu erkennen, dass er das eigentlich überhaupt nicht sagen wollte. Doch es ließ mich lächeln. 

Das zeigte, dass ich nicht einfach nur irgendeine dahergelaufene Dienerin war. Er sorgte sich um mich und das gab mir Hoffnung darauf, dass alles irgendwann wieder gut werden würde. Ich erwähnte, dass er ja sowieso bald gehe. 

"Ach richtig", meinte er, ließ meine Hände jedoch nicht los. "Ich gehe nach London." Somit stimmte er meiner Aussage zu. Er schien mein betrübtes Gesicht zu bemerken. Ich wusste nicht einmal, weshalb mich das traurig stimmte. Wirklich nur wegen der Langeweile? Ein Teil von mir wusste, dass das nicht der einzige Grund ist. 

Eine Hand ließ er los und hob mit dieser meinen Kopf an. Ein Lächeln lag in seinem Gesicht. "Du wirst mitkommen. Denkst du echt, dass ich dich hier lasse, nachdem was ich für dich getan habe?" Erneut schlich sich ein Lächeln in mein Gesicht. Er steckte voller Überraschungen, so viel war sicher. Doch eine Einwende hatte ich. 

Gerade als ich den Mund aufmachen wollte, kam er mir zuvor. "Skylar kommt sowieso mit. Sie ist eine Sklavin. Und ich weiß, dich und Cora bekomme ich nur im Doppelpack, also wird auch sie uns begleiten. Ihr tauscht mit den Dienern aus London. Sie werden hier her gebracht", erklärte er. 

Trotz der schwierigen Zeit, überwältigte mich die Freude. Ich umarmte ihn, ohne groß darüber nachzudenken. Erst schien er geschockt und überrascht, denn es hatte nicht den Anschein, als wollte er die Umarmung erwidern. Doch dann konnte ich spüren wie seine muskulösen Arme sich um mich legten.

"Danke", flüsterte ich und ein Nicken war zu spüren. Wir verweilten einige Minuten so und ich konnte erstmals seinen Duft erhaschen. Er roch gut. Frisch. Und ich mochte es. Als wir uns voneinander lösten, sahen wir uns an. Seine haselnussbraunen Augen wirkten weich. Jegliche Härte, die ich am ersten Tag in ihnen gesehen hatte, war verschwunden. 

* * *

Die nächsten Tage verliefen friedlich und wir gingen allesamt unserer Arbeit nach. Dave hatte mir erklärt, dass eine Kriegserklärung nicht automatisch Angriff bedeutet. Der direkte Krieg könnte sich noch hinauszögern und so schien es zu sein. Zwar kamen immer wieder Warnungen rein, doch es geschah nichts. 

Raphael ließ uns mittlerweile später aufstehen. Um acht mussten wir mit der Arbeit beginnen und wir durften direkt nach der Arbeit am Abend auf unser Zimmer. Zwar hatten wir das bereits einige Abende zuvor getan, doch nun war die Regeländerung offiziell. 

Heute war der Tag, an dem wir nach London flogen. Gestern hatte ich bereits gepackt. Nun stand ich mit meinen Sachen in dem Foyer und wartete darauf, dass die anderen ebenfalls kamen. Raphaels Sachen wurden bereits ausgeflogen. Doch allzu viel nahm er wohl nicht mit, denn auf jeder Residenz befand sich alles, was er benötigte. 

Als Cora und Skylar kamen, gingen wir gemeinsam einer, uns fremden, Wache hinterher. Wo Dave ist, war uns derzeit unbekannt. Seit dem Tag der Kriegserklärung hatte ich ihn nur einmal gesehen. Vermutlich war er schon in London.

Am Helikopter angekommen, durften wir direkt einsteigen. Sofort schnallte ich mich an und nahm ein Buch hervor, welches ich mit herausschmuggelt hatte, denn eigentlich befand es sich im Koffer und der war in dem anderen Helikopter. Skeptisch sah die Wache mich an, als würde sie überlegen, ob mir das erlaubt war. Vermutlich nicht, aber was sollte ich den Flug über sonst machen? Dienen konnte ich schließlich niemandem. 

"Das ist eine Ausnahme", sagte die Wache dann und ich nickte. Vermutlich hatte er genauso wenig Lust wie ich, jetzt darüber zu diskutieren und am Ende noch Raphael hinzuzuziehen. Jap, er würde in einer separaten Maschine fliegen. Ich wollte gar nicht wissen, wie viele sie genau besaßen. 

Wir hoben nach einigen Minuten ab und ich konnte mich dem Buch widmen. Cora würde vermutlich schlafen, nachdenken oder einfach nach draußen schauen. Sie war schon immer verträumt.

Jemand rüttelte an mir. Langsam öffnete ich die Augen und sah mich um. Cora schmunzelte mich an. War ich etwa eingeschlafen? Vermutlich. Ich klappte das Buch zusammen, fuhr mir durchs Haar und stieg dann mit ihr aus. 

Draußen wartete ein grinsender Blondschopf auf uns. Gespielt wütend sah ich Dave an. "Verkneif dir ein Kommentar." Als ich das sagte, nickte er, doch das Grinsen wich nicht aus seinem Gesicht. Er machte keinen Hehl daraus, dass er die Tatsache, dass ich während des Fluges eingeschlafen bin, lustig fand. Aber wofür hatte man Freunde, außer zum da sein und lustig machen? 

Ich hakte mich bei Cora ein und gemeinsam betraten wir Raphaels Anwesen hier in London. Definitiv würde ich darum bitten, mir die Stadt ansehen zu dürfen. Schließlich war das hier London. Früher soll das ein beliebtes Ziel für Touristen gewesen sein.

Drinnen wurden uns die Zimmer zugeteilt. Während sich Skylar ihres mit anderen Sklaven teilen musste, teilte ich mir meins mit Cora allein. Das Zimmer war größer und heller. Es wirkte offen und freundlich. Ganz anders als der kleine Raum, den wir zu dritt hatten. 

Schnell rannte ich zu dem Bett am Fenster und setzte mich drauf. Gespielt sauer sah Cora mich an, begann dann aber wie ich zu grinsen. Irgendwann würden wir sicher mal tauschen, dachte ich.

Wir begannen, den Raum einzurichten so gut wir es konnten. Auf dem Fensterbrett stellte ich meine Bücher auf und in den Kleiderschrank quetschten wir zwei unsere Sachen. Dann öffnete ich das Fenster, um frische Luft hineinzulassen. 

Cora ließ sich aufs Bett fallen und ich schmunzelte. Am liebsten würde auch ich mich hinlegen, doch dafür war ich viel zu neugierig. Ich verließ unser Zimmer und sah mich etwas im Haus um, um für unsere Arbeit, die morgen beginnen würde, etwas Orientierung zu haben. 

Am Ende landete ich in der Küche und machte mir einen Tee. Während ich darauf wartete, dass das Wasser heiß wird, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um. Es war Raphael. "Wir müssen reden", sagte er. Verwirrt sah ich ihn an. Tat ich etwas falsches? Durfte ich mich etwa nicht frei im Haus bewegen? 

New WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt