Ich mustere ihn, was mir schwer fällt, denn meine Sicht ist nicht gerade die klarste. Dass er so nett zu mir ist, irritiert mich. »Träume ich? Das ist bestimmt nur ein Traum. Das ist ganz sicher nur ein Traum.«

Alec runzelt die Stirn, bevor ich mich wieder gegen ihn fallen lasse und müde die Augen schließe. »Wieso?«

»Das letzte Mal als du so nett zu mir warst, ist es am Ende auch nur ein Traum gewesen«, antworte ich leise, während ich meine Hände in seine Schultern kralle. Jeder einzelne Muskel in meinem Körper schmerzt. Ich weiß nicht, was auf einmal los ist, aber falls das hier tatsächlich nur ein Traum sein sollte, bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn schrecklich oder schön finden soll; vielleicht finde ich ihn ja auch einfach schrecklich schön, ja, das wäre ein Kompromiss.

Er lacht leise, ich spüre das Beben seines Körpers unter mir. »Du hast von mir geträumt?«

Ich lächle, das Gesicht an seiner Brust vergraben. »Ja. Nicht nur einmal, nicht nur nachts und nicht immer ist es jugendfrei gewesen.«

Er lacht noch einmal, dieses Mal lauter, als er sanft nach meinen Schultern greift, um mich von sich zu drücken. Ich schaue ihn mit einem schiefen Grinsen an. Vielleicht hätte ich ihm nicht verraten sollen, dass ich von ihm geträumt habe, aber das wird mir nur nach und nach klar. Mein Kopf ist zu sehr damit beschäftigt wehzutun, um sich über meine Worte Gedanken zu machen.

»Ich mag Levin«, flüstere ich. Ich weiß selbst nicht, wie ich plötzlich auf Levin komme, aber als ich den Tag noch einmal Revue passieren lasse, fällt mir das Aufeinandertreffen mit ihm wieder ein. »Er sieht aus wie dieser eine Schauspieler...na, wie heißt er noch? Dylan...Dylan O'Brien oder so.«

Als Alec die Augen verengt, grinse ich bis über beide Ohren. »Aber dich mag ich viel mehr, also brauchst du keine Angst zu haben. Oder bist du etwa eifersüchtig gewesen?«

»Eifersüchtig?« Er hebt skeptisch eine Augenbraue, doch dann erhellt sich seine Miene. »Oh, nein. Levin steht nicht so auf...«

»...Mädchen wie mich?«, schiebe ich hinterher, nachdem er seinen Satz unbeendet im Raum stehen lässt.

»Nein.« Er grinst. »Eigentlich wollte ich sagen, dass er nicht so auf Frauen steht.«

Ich reiße die Augen überrascht auf. »Echt nicht?«

Dass Levin auf Männer und nicht auf Frauen steht, überrascht mich einerseits, andererseits überrascht es mich auch nicht. Alleine die Tatsache, dass er gut aussieht und gleichzeitig nett ist, hätte mich vorwarnen müssen.

Langsam schiebe ich den Gedanken an Levin beiseite. Mein Blick fällt auf Alec, der mich bereits mustert.

Wie er da so vor mir niederkniet und mich mit großen Augen ansieht, treibt mich beinahe in den Wahnsinn. Mit offenstehendem Mund starre ich ihn an, bis er plötzlich aufsteht und mich von oben herab ansieht.

Er drückt mir im nächsten Moment ein Glas Wasser in die Hand, das bis eben auf dem Waschbecken gestanden hat. »Trink das. Du verlierst zu viel Flüssigkeit.«

Ich nehme das Glas dankend entgegen und gieße alles in einem Zug herunter. Erst jetzt fällt mir auf, wie durstig ich die ganze Zeit über gewesen bin. »Noch mehr«, flüstere ich und halte Alec das leere Glas entgegen. Er schaut lächelnd auf mich herab, nimmt es mir aus der Hand und füllt es mit Leitungswasser ab.

Nachdem ich es erneut geleert habe, kniet er sich wieder vor mir nieder. »Ich bringe dich jetzt auf dein Zimmer, verstanden? Halt dich einfach an mir fest.«

Ich nicke. »Okay.«

Er dreht sich um, sodass ich mich auf seinen Rücken setzen und die Arme und Beine um ihn schlingen kann. Mit geschlossenen Augen lege ich meine Wange an seiner Schulter ab und lächle. Wenn Alec meinen Arzt und Pfleger spielt, bin ich gerne krank.

»Du musst dich umziehen.«

Ich lasse mich stöhnend auf mein Bett fallen, nachdem er mich absetzt. Natürlich hat er recht, aber ich fühle mich nicht einmal in der Lage aufzustehen, wie soll ich mich da umziehen können?

»Im Ernst, Rebecca. Deine Sachen sind komplett nass.«

»Ja okay«, stöhne ich.

»Ich bin in fünf Minuten wieder da. Schaffst du das?«

»Zehn, bitte.« Ich schaue zu Alec auf, der am Türrahmen lehnt und mich mustert. »Wohin gehst du?«

»Ich hole ein paar Tücher und Wasser, um das Fieber zu senken.«

Ich lächle. »Okay. Aber du kommst ganz sicher wieder, ja? Versprochen?«

Alec nickt. »Versprochen.«

Als er die Tür hinter sich zuzieht, bleibe ich noch einige Sekunden liegen, bis ich schließlich aufstehe und mir die nasse Kleidung vom Leib reiße und sie durch trockene auswechsle. Eigentlich würde ich gerne unter die Dusche springen, aber meine Beine fühlen sich viel zu schwach an, um mich noch länger zu tragen, also lasse ich mich wieder seufzend aufs Bett fallen.

Neun Minuten später kommt Alec endlich zurück – das weiß ich so genau, weil ich die ganze Zeit auf meinen Wecker starre und ihn herbeisehne. Ich schaue zu ihm auf und lächle. »Endlich bist zurück.«

Er stellt lachend eine Schüssel Wasser neben mir ab. »Hast du mich etwa vermisst?«

»Mmmh.« Ich nicke und nehme ihm die Flasche Wasser ab, die er mir von unten mitgebracht hat. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so dankbar für einen Schluck Wasser gewesen, aber in diesem Moment fühlt sich mein Rachen wie eine einzige Wüste an. Ich könnte vermutlich literweise Wasser in mich kippen und immer noch nach mehr lechzen.

Alec drückt das Tuch, das in der Schüssel mit dem Wasser liegt, aus und legt es dann vorsichtig auf meine Stirn. Es ist lauwarm und feucht, aber es tut gut.

Er runzelt die Stirn. »Ist dir immer noch heiß?«

»Es geht«, ich drücke mich fester in mein Kissen und schließe die Augen. Mir ist immer noch warm, aber mein Körper fühlt sich nicht mehr so an, als stünde er unter Flammen. »Eigentlich bin ich nur noch verdammt müde.«

Er nickt und drückt leicht meine Hand. »Du solltest auch schlafen. Ruh dich einfach aus.« Er zögert kurz. »Ich muss jetzt gehen.«

»Nein.« Ich sehe ihn mit großen Augen an. »Bleib, bitte.«

Mit schuldbewusster Miene lässt er langsam meine Hand los. »Caleb wartet bestimmt schon auf mich. Ich kann ihn nicht noch länger alleine lassen.«

»Caleb wird schon nicht sterben, nur weil du nicht da bist«, sage ich, aber statt mir recht zu heben, fällt ein Schatten über seine Züge. Seine Hände schließen sich so fest zu Fäusten zusammen, dass ich die Adern an seinem Arm hervortreten sehe.

»Ist alles okay?«, frage ich irritiert, doch er antwortet nicht.

Offensichtlich versucht er meinem Blick aufzuweichen. Er steht auf und tritt zurück. Die plötzliche Unruhe ist ihm anzusehen. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper scheint zum Zerreißen angespannt zu sein. Ich kann nichts mehr sagen oder tun, starre ihn einfach nur an, irritiert vom plötzlichen Stimmungswechsel.

Als er die Tür öffnet, dreht er sich noch einmal zu mir um. Schuld und Bedauern steht in seinem Gesicht geschrieben. »Es tut mir leid, Rebecca.«

BadassWhere stories live. Discover now