Ich will gerade auf die Tür zugehen, als er mich zurückruft.

»Warte.«

Erwartungsvoll drehe ich mich zu ihm um; hoffe, dass er mir sagt, dass wir über das sprechen sollten, was er eben gesagt hat.

»Ich muss nur eben ein paar Sachen packen.«

Meine Hoffnung bricht in sich zusammen.

»Okay«, sage ich.

Er bückt sich, um das Album aufzuheben, das bis eben noch auf dem Boden gelegen hat und legt es zurück in den Schrank. Während ich langsam zurück zum Bett gehe und mich nervös an die Kante setze, folgen meine Augen jeder seiner Bewegung. Dieses Mal steckt er das Album unter einen Stapel Klamotten. Wenn ich nicht wüsste, dass er es dort versteckt hätte, würde ich nie auf die Idee kommen, dass es dort ist. Warum möchte er nicht, dass ich es mir ansehe?

Ich beobachte ihn dabei, wie er schließlich eine Sporttasche aus seinem Schrank holt und neben mich aufs Bett wirft. Er zieht ein paar T-Shirts und zwei Hemden heraus, zwei Hosen und Boxershorts, um sie dann hinterher zu werfen. Alec läuft durchs Zimmer, steuert auf seinen Schreibtisch zu. Er wirft die Laptoptasche neben die Sporttasche auf das Bett und legt ein paar Bücher und Ordner dazu.

»Was wird das?«, frage ich mit einem Blick auf die ganzen Bücher. Physiologie des Menschen, der MenschAnatomie und Physiologie, Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. Ich kann nur ein paar der Titel lesen, aber das reicht mir vollkommen aus, um mir sicher zu sein, dass ich nie im Leben Medizin studieren möchte. Mal davon abgesehen, dass mir jedes Mal, wenn ich Blut sehe, schlecht wird, kann ich mit Biologie genauso viel anfangen wie mit Mathe – nämlich gar nichts.

»Was?« Er hebt sein T-Shirt auf, das er sich vorhin, bevor Levin kam, über den Kopf gezogen und auf den Boden geworfen hat und zieht es wieder an. Vermutlich sollte ich ihn nicht dabei anstarren, damit er sich nicht noch toller fühlt, als er es ohnehin schon tut, aber ich möchte mir die Chance nicht entgehen lassen, meinen Blick über seine markanten Muskeln wandern zu lassen. Ich schlucke und presse dann die Lippen aufeinander. Obenherum freizügig hat er mir besser gefallen, stelle ich schmollend fest, nachdem er das T-Shirt schließlich übergezogen hat.

Ich löse den Blick von seinem Oberkörper, um ihm wieder in die Augen zu sehen. »Die ganzen Bücher. Wozu nimmst du die mit?«

Er fährt sich durchs Haar. Seine Haare stehen immer noch in alle Richtungen ab, so als wäre er gerade erst aufgewacht und egal wie oft er auch versucht, sie zu bändigen, es wird einfach nicht besser. Alec scheint das ebenfalls aufzufallen, denn irgendwann gibt er auf und seufzt. »Ich werde die freien Tage über lernen müssen.«

»Wieso?«

Er reibt sich über die müden Augen, die, wie mir vorhin in der Mensa schon aufgefallen ist, von dunklen Ringen umrahmt sind. »Hab mich die letzten Tage nicht so wirklich um die Uni gekümmert und jetzt einiges nachzuholen.«

In dem Moment in dem er das sagt, zieht er die Schublade von seinem Nachtschränkchen auf. Er fischt die Tabletten, die ich zuvor erst entdeckt habe, heraus, schaut stirnrunzelnd auf den fast leeren Inhalt und zieht dann die zweite Schublade auf. Mit großen Augen beobachte ich, wie er eine zweite, identische Schachtel herausholt und beide in die Tasche wirft.

Die Neugierde in mir gewinnt die Oberhand, also frage ich so beiläufig wie ich nur kann:»Was ist das?«

Alec folgt meinem Blick. Als er sieht, dass ich die Tabletten anstarre, verengen sich seine Augen. Er nimmt die beiden Schachteln und steckt sie in die Seitentasche seiner Sporttasche, während er antwortet:»Nichts.«

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