Ängste

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Sarah:
Bereits eine Woche trainiere ich nun schon, unter der Hand, mit Four, ich habe nur noch zwei Wochen Zeit, bis zu den Abschlussprüfungen.
Als ich am Abend bei den Simulationsräumen ankomme, werde ich bereits erwartet. Mit verschränkten Armen steht Four an der Tür und sieht mir streng entgegen. Er legt den Zeigefinger über die Lippen und winkt mich in den offen stehenden Simulationsraum rein. Ich hebe eine Augenbraue an und folge ihm. Leise schließt Four hinter sich die Tür und ich will wie gewohnt die Haare hochnehmen, bis mein Blick auf den Bildschirm fällt. „Four, was ist das?" frage ich und zeige auf den Bildschirm.
„Erics Einsatztruppe, FSET." erwidert Four und tritt neben mich.
Mehrere Männer und Frauen liegen, mit geschlossenen Augen, auf Metallenen Stühlen und zucken immer wieder zusammen.
„Sind die alle in Simulationen?" frage ich und sehe über die einzelnen Bildschirmabschnitte. „Die FSET ist eine Sondereinsatztruppe. Sie werden in Krisenfällen gerufen und übernehmen dann die Einsatzleitung. Dafür müssen sie psychisch um einiges stabiler sein, als die restlichen Ferox. Dafür werden sie geschult. Da ist Eric." Four zeigt auf einen Bildschirmabschnitt.
Eindeutige Schweißränder zeichnen sich auf seinem Shirt ab und ihm liegen Schweißperlen auf der Stirn. Er reißt den Kopf immer wieder von einer zur anderen Seite.
„Was sehen sie?" frage ich langsam und sehe zu Four auf. „Sie sind schon eine Stunde in den Simulationen, also müssten sie mit ihren Ängsten jetzt durch sein." erklärt Four. „Ja in wenigen Minuten gehen sie in die Einsatzsimulation." murmle Four mehr zu sich selbst. Ich sehe ihn nicht verstehend an. „Sie durchleben gleich zwei Einsätze, dafür werden sie miteinander verbunden und müssen zusammen in der Simulation, wie in einem echten Einsatz, zusammenarbeiten." Erklärt Four und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich trete näher an den Bildschirm heran und sehe Eric genau an.
„Sie empfinden echte Angst?" frage ich.
„Ja, in jedem Einsatz, den sie durchleben, wird eine Angst, eines Teilnehmers mit eingearbeitet. Jedes Mal eine andere." erklärt Four. „Damit keine Routine entsteht." schlussfolgere ich. Four nickt und schiebt mich vom Bildschirm weg. „Fangen wir an." meint er und spritzt uns jeweils eine Dosis des Serums. „Komm her." Meint er und setzt sich auf den Stuhl. Ich setzte mich zwischen seine Beine vor ihn und Four lehnt sich mit mir zurück. Ich lehne mich gegen seine Brust und runzle die Stirn, als ich sein Herz schnell schlagen spüren kann. „Alles klar?" frage ich.
„Alles klar." erwidert Four umfasst aber im nächsten Moment fest meine Taille. Dann bin ich weg.

Ich atme einmal tief ein und mache dann die Augen auf. Erschrocken atme ich auf und winkle mit einem Mal die Knie an. Ich bin nicht mehr im Simulationsraum sonder hoch über der Stadt, auf einer Metallseilverbindung zwischen zwei Gebäuden. Das ist keine meiner Ängste. „Ich habe keine Höhenangst." schüttle ich nicht verstehend den Kopf. „Aber ich." ertönt da Fours Stimme hinter mir und ich sehr schnell über die Schulter nach hinten. Four kniet hinter mir und klammert sich mit einer Hand an mir fest.
„Warum sind wir nicht in meiner Angstlandschaft?" will ich wissen und sehe in die Tiefe runter. „Du musst lernen dich auf jede erdenkliche Angst einzustellen und wie eine Ferox zu handeln." erklärt Four und sieht langsam mit mir auf. „Was habe ich dir beigebracht?" fragt Four. „Eine Unbestimmte würde springen, da es nicht real ist. Eine Ferox würde zum Gebäude gehen." antworte ich und drehe mich zu dem näher liegenden Gebäude um. Four nickt einmal. Mit wackligem Schritt bewegen Four und ich uns auf das Gebäude zu und ich schwinge mich zuerst durch das offene Fenster in das dunkle Gebäude hinein.
Wir befinden uns in der Trainingshalle der Ferox. Ich atme einmal tief durch, ich weiß genau, was jetzt passieren wird, wenn ich mich gleich umdrehe. „Four?" frage ich. „Das musst du allein machen. Zeige ihm, dass du keine Angst hast und stehe zu dir selbst." erklärt Four schnell, der neben mir steht und langsam zur Seite geht. Bisher bin ich immer hier gescheitert. Jedes Mal.
Diesmal nicht.
Ich atme einmal schnell ein dann drehe ich mich schnell um. Ich reiße gerade noch den Unterarm hoch und blocke so einen Schlag von Eric ab. „Ich weiß was du bist." knurrt er und versucht mir die Beine weg zu reißen. „Nicht was, sondern wer Eric!" rufe ich und drehe mich unter einem Schlag von ihm weg. „Ich bin genau wie du!" rufe ich und stoße ihn mit einem Tritt zurück. „Du bist nicht wie ich, du bist defekt!" brüllt Eric und verpasst mir eine Ohrfeige mit der Rückhand. Ich taumle zurück und halte mir die Wange.
„Ich halte das aus." keuche ich. Wieder verpasst Eric mir eine. „Ich halte das aus." rede ich weiter. Diesmal schlägt Eric mich in den Unterbauch. „Ich halte das aus!"
Wie eine Ferox handeln. Bild angreifen bringt mich nicht weiter, ich muss eine Schwachstelle an Eric finden und ihn solange provozieren, bis ich seine Schwachstelle finde.
An der Schulter reißt Eric mich aufrecht und schlägt mich mit dem Unterarm zu Boden. Ich rolle mich schnell über die Schulter ab und komme zurück auf die Beine. „Ich halte das aus." bekomme ich wieder heraus. Meine Lippe und Nase bluten und ich spüre wie sich langsam Hämatome an mir bilden.
Eric packt mich um die Taille und schmeißt mich in eines der Regale hinein. Ich schreie erstickt auf und reiße einige Messer zu Boden. Ich schwinge mich zurück auf die Beine und schwinge mich unter Erics Schlägen weg. „So bist du nicht." keuche ich, winkle die Arme an die Brust ab und drehe mich mit dem durchgestrecktem Bein einmal schnell um mich selbst. Eric schreit auf, als ich ihn an der Seite treffe und ihm noch den Ellenbogen in den Bauch stoße.
Ich setze noch einen finalen Schlag gegen Erics Solarplexus und einen gegen seine Schläfe, dann geht Eric zu Boden.
Ich atme schwer durch und rumple dann, als ich etwas nach hinten taumle, gegen Fours Brust. Der fasst mich unter den Armen und hält mich fest. „Du warst gut. Du hast ihn so lange provoziert, bis er unvorsichtiger geworden ist." erklärt Four als der Raum wie aus dem Nichts immer enger und kleiner wird. Schon sind Four und ich gezwungen uns eng zusammen zu stellen und in die Hocke zu gehen. „Klaustrophobie." presst Four raus und stemmt sich mit aller Kraft zwischen die sich näher kommenden Wände. „Tu irgendwas!" herrscht er mich an. Ich sehe mich schnell um. Aufhalten, ich muss es irgendwie aufhalten.
Da fällt mein Blick auf drei dicke Eisennägel am Boden.
Mit aller Kraft prügle ich die Nägel unter die sich nähernden Wände, bis die ruckartig aufhören sich einander zu nähern. Erleichtert atme ich auf und merke erst jetzt, wie sehr ich mich an Fours Knien festhalte, der neben mir kniet und mich in den Armen hat. „Alles klar?" fragt er und streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr.

Eric:
Mit einem japsen nach Luft reiße ich die Augen auf und richte mich ruckartig auf. Ich bin schweißnass und das Herz schlägt mir bis zum Hals. Außer Atem lehne ich mich auf meine Knie und atme tief durch. „Alles klar?" fragt Tori und reicht mir ein Handtuch. Ich nehme es ihr mit einem Nicken ab und wische mir den Schweiß weg.
„Was hatte eigentlich die Initiantin in deiner Simulation zu suchen?" fragt Tori, während sie mir die Elektroden von den Schläfen abnimmt. „Keine Ahnung." erwidere ich keuchend. „Sie hat eine ganz schön große Rolle in deinen Angstsimulationen gespielt." erklärt Tori. „Keine Ahnung was du meinst." kontere ich und stehe auf. Schnellen Schrittes verlasse ich den Simulationsraum und laufe an den restlichen Räumen vorbei.

„Nein!" höre ich sie schreien und reiße den Kopf herum.
„Sarah!" rufe ich sie und laufe in die Richtung aus der ihre Stimme kam. „Sarah!" rufe ich sie nochmal und laufe eine metallene Wendeltreppe nach oben. Oben angekommen sehe ich mich schnell um. „Sarah, Kleines!" rufe ich sie und beginne zu laufen.
Da höre ich einen schrillen , lauten Schrei. Ich laufe in die Richtung ihrer Stimme und komme in einen großen Raum, in dem eine gesamte Seitenwand fehlt.
„Nein." keuche ich und laufe zu dem Abhang des Hauses. Ich fange mich an einem Wandfragmentteil ab und sehe nach unten.
„Nein." keuche ich heiser.
Eine größer werdende Blutlache um Sarahs Kopf herum werdend, liegt sie am Fuße des Gebäudes. Mit leerem Blick sieht sie mich an.

Schnell schüttle ich einmal den Kopf und verbanne die Erinnerung an die Simulation wieder.
Das war in der Einsatzssimulation meine letzte Angst. Somit meine größte.

Break the rules (Eric FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt