First Love

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A brown piano taking up space on one side~

Jungkook

Mein Blick wandert minutenlang durch mein Zimmer. Es wirkt alles so vertraut. Ich habe seit eh und je dieselben Möbel und auch diese stehen seit der Raum eingerichtet wurde, an einem Platz. Ich habe nie umgestellt. Lediglich das Babybett wurde mit einem grossen King-Sized ausgetauscht und als ich in die erste Klasse kam, wurde ein Schreibtisch hingestellt.

Die weissen Wände sind kahl. Nicht ein Bild, Poster oder sonst eine Sache hängt an den Wänden. Es ist aufgeräumt, ich besitze ein Regal voller Bücher, die ich bestimmt alle schon drei Mal durchgelesen habe.

Eine kleine Stereoanlage mit Boxen steht zwischen den Büchern, mit ihren Boxen, daneben der kleine Schrank und zu guter Letzt das Piano.

Man könnte meinen, es ist ein schöner Raum. Ein Zimmer, in dem man sich wohlfühlt, in welches man sich gerne zurückzieht.

Aber ich brauche nur an diese vier Wände zu denken, um das Kotzen zu kriegen. Ich habe hier die meiste Zeit meines Lebens verbracht. Und nicht etwa, mit Dingen, die mir Spass machen, nein. Andere Leute hocken den ganzen Tag in ihrem Zimmer, um zu lesen oder zu schreiben. Ich sitze hier, um zu lernen.

Ich fühle mich hier nur noch mehr eingesperrt, als im gesamten Rest des Hauses. Allerdings ist es auch der einzige Raum, in dem ich ganz für mich alleine sein kann, also kehre ich dennoch, trotz der fehlenden Freiheit immer wieder hierher zurück und lasse die Emotionslosigkeit, die hier herrscht, auf mich abfärben. 

Manche würden den Raum wohl auch als gemütlich bezeichnen.

Ich nicht. Die Wände sind Beweis genug dafür, dass ich mich nicht mit diesem Zimmer identifizieren kann. Nicht nur sie, sondern der ganze Raum besitzt nicht ein persönliches Stück, das mir wichtig ist. Klar, Klamotten, Schulzeug oder andere Dinge in diese Richtung habe auch ich. Aber ich meinte Bilder, CD- und DVD-Sammlungen, Poster von Stars, oder solche Dinge - nicht etwas davon, findet man hier.

Man könnte schon behaupten, es ist nicht das Zimmer eines Jugendlichen, sondern vielmehr eines oft reisenden Geschäftsmannes, der keine Zeit dafür hat, persönliche Gegenstände in seiner Wohnung zu hinterlassen, sondern sie lieber mit sich herumschleppt.

Seufzend lege ich den Kopf schief und mustere das Klavier wieder. Dieses vermaledeite, dumme Klavier, dass mich zwingt, etwas zu sein, dass ich nicht bin und niemals sein werde.

Dieses dämliche Piano steht mir bis zum Hals, wenn ich ehrlich bin.

Langsam rapple ich mich auf und schliesse die Tür ab, lasse dabei das grosse, hölzerne Instrument nicht aus den Augen, als hätte ich Angst, es könnte jede Minute verschwinden. Meine Schritte sind zaghaft, als ich mich darauf zubewege, so als sei ich mir meiner Entscheidung nicht sicher genug. Dabei bin ich mir mehr als nur sicher. Ich will es nicht länger sehen.

Und wenn ich es dafür in Brand stecken muss, dann mache ich das.

Je länger ich das Instrument betrachte, desto mehr spüre ich die riesige Wut, die in mir aufkommt. Wut auf dieses dämliche Klavier, Wut auf meine Eltern, Wut auf mich - weil ich das viel zu lange habe mit mir machen lassen. Sie steigt, wie die Temperatur eines Backofens, den man vorheizt, bis sie schliesslich überkocht, wie etwas, dass zu lange auf dem Herd stand.

Ohne weiter darüber nachzudenken, setze ich die letzten Meter auf das Piano zu, kralle meine Finger oben ins Gehäuse und schiebe das schwere Ding von der Wand weg, in die Mitte des Raumes. Es juckt mich in den Fingern, es in ein paar kleine Einzelteile zu zertrümmern und genau das ist, was ich nun auch tue.

Mit einem lauten Schrei trete ich gegen die zugedeckte Tastatur und bringe es so zum umstürzen. Natürlich gibt es einen lauten Knall, gemeinsam mit ein paar krummen Tönen von dem Instrument, das fast so wirkt, als wollte es sich damit wegen der unsanften Behandlung beschweren.

Ich achte nicht auf die Rufe meiner Mutter ausserhalb des Raumes, einige Momente später, als ich mir den Stuhl zu Hilfe nehme und beginne wie wild auf das Klavier einzuschlagen. Beinahe sofort höre ich das Geräusch von splitterndem Holz, gemeinsam mit dem Gehämmere meiner Eltern, die rufen, ich solle die Tür öffnen und meinen verzweifelten, wütenden Lauten, während ich den Stuhl immer und immer wieder auf das Piano hinabsausen lasse. Während ich also in blinder Wut, das Instrument zerstöre, welches unter meiner Behandlung zersplittert und all seine Tasten allmählich verliert, beginne ich dabei zu weinen.

Erst als absolut alles in kleine Teile zerstört wurde, lasse ich den Bürostuhl achtlos fallen, was genauso einen scheppernden Ton verursacht, wie zuvor das Klavier. 

"Jungkook, was treibst du da drinnen?!", ruft die hysterische Stimme meiner Mutter, doch ich antworte nicht, als ich schluchzend auf einige Holzsplitter und Tasten trete, um meine langsam verrauchende Wut ein letztes Mal zum Ausdruck zu bringen. "Ich hasse es!", bringe ich unter Tränen hervor, ehe ich mich neben den Trümmerhaufen knie und meine Augen an meinem Unterarm verstecke. Tief durchatmend, versuche ich meine Schluchzer unter Kontrolle zu kriegen und ignoriere weiterhin die Worte meiner Eltern.

Ich habe gerade das Klavier zu Brennholz verarbeitet.

Gott, ich bin erledigt.

Allerdings fühle ich mich auch seltsam erleichtert nun, wo das Instrument nicht mehr in diesem Zimmer steht, wo es nicht mehr ein Teil meines Lebens beherrschen kann. Es ist zwar praktisch ein Todesurteil, denn meine Eltern werden mir dafür wohl den Hals umdrehen, doch es hat sich nicht im Geringsten schlecht angefühlt. Auch jetzt, wo ich mich erleichtert und immer noch leise weinend auf den Boden lege und das kühle Parkett an meiner Wange fühlen kann, bereue ich es nicht.

Es hat sich gut an gefühlt. Es hat sich so angefühlt, als würde ich endlich mein Leben selbst in die Hand nehmen.


Forbidden [Vkook]Where stories live. Discover now