Closer

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Hey, I was doin' just fine before I met you~

Jungkook

Ich bin so in mein Klavierspiel vertieft, dass ich gar nicht mitbekomme, wie meine Mutter mich unten aus der Küche ruft. Erst, als die die Tür öffnet und ihren Kopf ins Zimmer streckt, lasse ich von den weissen und schwarzen Tasten ab und sehe sie  fragend an.

"Ich brauche fürs Abendessen Rettich, aber wir haben keinen mehr Zuhause. Würdest du welchen holen?" Ich nicke augenblicklich. Ich ergreife jede Gelegenheit, die sich mir bietet, um das Haus zu verlassen. Selbst wenn es nur ist, in den nächsten Supermarkt zu laufen und Rettich zu holen.

Meine Mutter lächelt und fügt hinzu: "Wunderbar. Das Geld liegt im Eingangsflur. Beeil dich bitte, ja?"

"Ist klar, Mum", lächle ich und springe auf. Sachte klappe ich den Klavierdeckel hinunter und schiebe den Hocker hin, bevor ich an ihr vorbei die Treppe hinunter stürme, zur Haustür. Hastig ziehe ich mir meine Schuhe an und schnappe die Geldscheine von der Kommode, bevor ich aus dem Haus eile.

Obwohl es bereits fast sieben Uhr ist, ist es noch immer nicht wirklich kühler geworden. Die Luft ist schwül und ich beschliesse, mir aus dem Supermarkt eine Flasche mit Wasser zu holen. Der Weg zu den nicht allzu grossen Geschäft ist nicht sonderlich lang. Vielleicht knapp zehn Minuten und ich stehe vor den Eingangstüren. 

Der Supermarkt ist bestimmt nicht der grösste, aber perfekt für kleine Einkäufe. Zufrieden betrete ich den Laden und werde von kühler Luft begrüsst. Aufatmend suche ich die Gemüsesektion auf, und suche diese nach dem gewünschten Rettich ab. Nach einigem Suchen werde ich schliesslich auch fündig und packe einen aus dem Korb, der voll damit ist. Anschliessend laufe ich summend durch den Laden, zwischen den vielen Regalen hindurch, bis ich hinten beim Kühlregal ankomme und dort nach meinem Wasser suche.

Triumphierend ziehe ich eine Flasche aus dem Regal und drehe mich nicht weiter auf meine Umgebung achtend um, sodass ich prompt gegen eine weitere Person krache. Mit einem überraschten Keuchen taumle ich, halte mein Gleichgewicht nicht weiter und lande unsanft auf dem Boden, wobei das Wasser und auch der Rettich irgendwo auf dem Boden liegen bleiben.

"T-tut mir leid", nuschelt eine helle Stimme hörbar benommen. Verwirrt schaue ich von meinen Füssen auf und begegne zwei dunkelbraunen Kulleraugen und einem silbernen Haarschopf. Der Typ sieht aus, als sei er in meinem Alter, allerdings ist er wohl nicht der grösste. "Schon gut", winke ich ab und lächle noch immer etwas durcheinander.

Während der Silberhaarige bereits wieder aufsteht, sehe ich mich um, nach dem Rettich und der Wasserflasche. Den Rettich entdecke ich unweit von meinem jetzigen Standort, weswegen ich mich hinüberlehne und das Gemüse in die Finger kriege. "Rennst du jetzt sogar schon Leute um, Chim?", lacht da eine tiefe Stimme in unmittelbarer Nähe. "Yah!", mault die helle Stimme von zuvor, offensichtlich Chim, "Das war doch keine Absicht!"

"Es war nicht seine Schuld", winke ich ab, und will schon aufstehen, als ich die grosse, gebräunte Hand in meinem Sichtfeld ausmache, die mir hilfsbereit hingestreckt wird. Ohne weiter darüber nachzudenken, ergreife ich sie und lasse mich hochziehen, während ich weiterrede: "Ich hätte besser..." Meine Worte werden immer leiser, als ich in das Gesicht der Person sehe, die mich so bereitwillig hochgezogen hat, bis sie gänzlich verstummen. 

Es ist ebenfalls ein Junge in meinem Alter, vielleicht sogar ein bisschen älter als ich. Er hat eine schöne, Karamellfarben gebräunte Haut, dunkle Haare, die genau wie meine etwas unordentlich sind und rosige Lippen, die zum Ansatz eines freundlichen Lächelns verzogen sind. Er trägt Ohrringe und dazu kommen beinahe schwarz glitzernde Augen, umrandet mit Eyeliner, die Schalk und dennoch Höflichkeit ausstrahlen und so intensiv in meine sehen, dass es mir beinahe  den Atem raubt.

Zugeben, ich habe selten einen solch schönen Mann gesehen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nie einen schöneren gesehen. Er wirkt wie aus der Fantasie eines Menschen entsprungen, der sich das Wort 'perfekt' als Mensch vorzustellen versucht. Es ist mir in diesem Moment nicht möglich, meine Augen von ihm zu nehmen. Viel zu sehr, fasziniert diese Person mich. Wenn ich ein Mädchen wäre, würde ich mir seine Telefonnummer auf jeden Fall holen.

"Du hättest besser was?", fragt er mit einer unglaublich tiefen, angenehmen Stimme, die einen Schauer meinen Rücken hinabrieseln lässt, und spielt damit auf meinen unbeendeten Satz an. Ich schlucke leer und ordne meine Gedanken, bevor ich hastig murmle: "Besser aufpassen müssen..."

Sein Lächeln wird breiter, sieht fast schon amüsiert aus, als er meine Hand loslässt, die er bis jetzt immer gehalten hat, mir dafür aber meine Wasserflasche reicht und zu seinem Freund schaut. "Ach, Jimin hat für gewöhnlich Probleme, auszuweichen. Entschuldige dich nicht für seine grauenhafte Motorik."

Er hat zwar asiatische Augen, doch sein Teint und sein gesamtes Auftreten lassen ihn nicht wie ein Asiate wirken, viel mehr wie ein Amerikaner oder etwas in diese Richtung. Trotzdem muss er wohl von hier sein.

"Du Mistkerl!", zischt Jimin dem Dunkelhaarigen zu, und ich lächle leicht, wenn auch nervös. "Ist ja sowieso egal", winke ich ab und Jimin nickt zustimmend, "Ich muss dann auch weiter."

"Man sieht sich bestimmt wieder!", lächelt Jimin, doch ich zucke nur mit den Schultern und wende mich zum Gehen. " Aber natürlich tun wir das", erwidert die tiefe Stimme da auf Jimins Aussage und lässt mich somit innehalten. 

Ich drehe mich wieder zu den beiden Jugendlichen um und mustere den Dunkelhaarigen fragend, der mir stur in die Augen schaut und dabei ruhig hinzufügt:  "Man trifft sich schliesslich immer zweimal im Leben."

Forbidden [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt