So far away

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It sucks when you don't have anything you want to do~

Jungkook

Perplex starre ich den Dunkelhaarigen an, der den Blick ruhig, aber wieder mit einer enormen Intensität erwidert. Unsicher nicke ich und wirble dann herum, ohne mich zu verabschieden, bevor ich hastig um das nächste Regal verschwinde. 

Mit weichen Knien und klopfendem Herzen lehne ich mich an dieses und drücke die Wasserflasche und den Rettich fest gegen meine Brust, während ich die Augen schliesse.

Was ist das? Was war das? Was soll das?!

Ich fahre mir durch die Haare und zwinge mich, tief durchzuatmen. Ich habe nur zwei Typen gesehen, von denen einer unglaublich attraktiv war. Mehr nicht. Was ist da schon gross dabei? Ich sollte nicht so reagieren. Das ist ja beinahe schon peinlich.

Aber allein bei der Erinnerung, wie intensiv sein Blick war, fühlen sich meine Beine wieder an, wie Pudding. Mein Herz beruhigt sich allmählich und ich schlage die Augen auf, bevor ich mir die kühle Wasserflasche gegen die Stirn drücke, um etwas Erholung von der plötzlichen Hitze in mir zu haben. Leise seufzend stehe ich noch einige Momente so da, bis ich mir sicher bin, wieder normal laufen zu können.

Anschliessend mache ich mich schnell auf zur Kasse, bezahle die beiden Dinge und eile nach Hause. Eigentlich würde ich es sonst immer sehr gemütlich mit dem Heimweg nehmen, die Gegend betrachten und das Wetter geniessen. Diesmal jedoch bin ich dank dem Zwischenfall im Supermarkt ohnehin schon viel zu spät dran, weswegen ich durch die Strassen hetze, als sei jemand hinter mir her.

Zuhause erwartet man mich schon. Kaum hört meine Mutter, wie ich die Haustür schliesse, kommt sie auch schon um die Ecke und nimmt mir den Rettich ab. "Was hat denn bitte so lange gedauert?!", nörgelt sie lautstark und verschwindet mit dem Gemüse in die Küche. Ich dagegen ziehe erst die Schuhe aus, bevor ich das Geld meiner Mutter zurück in ihre Brieftasche stecke und die nun doch unbenutzte Flasche Wasser in den Kühlschrank stelle.

"Bin mit jemandem zusammengestossen", erkläre ich leise, was nicht einmal gelogen ist. Das ich daraufhin auch noch einen unglaublich hübschen Kerl angestarrt und mich mit dem unterhalten habe, braucht sie ja nicht zu wissen. Sonst lässt sie mich nicht einmal mehr einkaufen, weil ich ihrer Meinung nach zu viel Zeit vertrödle, die ich fürs Lernen brauchen kann.

"Hast du denn keine Augen im Kopf?", fragt die Stimme meines Vaters vom Esstisch aus. Mein Blick wandert zu ihm und ich sehe zu, wie er seelenruhig weiter die Zeitung studiert und sich dabei die Brille wieder hochschiebt, die ihm runtergerutscht ist.

"Doch", erwidere ich, "Aber ich habe ihn nun mal übersehen."

"Hör auf, zu diskutieren", meint Mum und drückt mir Teller in die Hand, "Deck' den Tisch, na los. Das Essen ist gleich fertig!"

Ich tue brav, was sie von mir verlangt und tische Teller, Essstäbchen und Gläser auf, während mein Vater wieder, ohne von seiner Zeitung aufzusehen, fragt: "Wie läuft es mit dem neuen Stück?" 

"Es ist kompliziert", erkläre ich, "Aber ich kriege das schon hin, keine Sorge. Es ist ein wirklich schönes Lied!" Vater schnaubt. "Kompliziert? Ich konnte es spielen, als ich zwei Jahre jünger war, als du."

Ja, aber er hat vermutlich auch leidenschaftlich gerne Klavier gespielt. Ich dagegen werde nun einfach dazu gezwungen, das fortzuführen, wie Vater es schon bei Grossvater getan hat. Dass ich viel lieber singen und tanzen würde, dafür haben meine Eltern taube Ohren.

Seufzend stelle ich das letzte Glas hin und helfe meiner Mutter dann dabei, das Essen zum Esstisch zu tragen. Vater derweil, legt die Zeitung weg und setzt sich aufrecht an den Tisch. Wir tun es ihm gleich und sprechen erst wie immer ein Tischgebet, bevor wir uns daran machen, zu essen.

Während meine Eltern sich unterhalten, höre ich nur still zu. Schon von klein auf, wurde mir beigebracht, mich nicht in die Gespräche der Erwachsenen einzumischen, wenn man mich nicht dazu auffordert oder mich etwas fragt. Ich hätte auch nicht gross etwas mitzureden, immerhin habe ich keine Ahnung, vom Job meines Vaters. Er ist Börsenmakler und davon verstehe ich nun wirklich gar nichts.

Anstatt ihnen also weiter zuzuhören, schweifen meine Gedanken viel lieber zum Ereignis im Supermarkt zurück. Ich rufe mir die beiden Jungen in Erinnerung, wobei ich mehr an den Dunkelhaarigen als an diesen Jimin denke. Er hat einen unglaublich intensiven Blick, genauso wie eine beinahe einschüchternde Ausstrahlung. Er sieht zwar freundlich aus, doch irgendwie schreit seine Ausstrahlung beinahe 'Rebell'. Sein Blick könnte bestimmt schnell angsteinflössend werden und wenn er wütend ist, kann ich mir gut vorstellen, nicht der Grund dafür sein zu wollen.

Trotzdem sieht er wirklich gut aus und ich hätte gerne seinen Namen gekannt.

"Jungkook!"

Erschrocken zucke ich zusammen und sehe dann fragend auf. Meine Eltern sehen mich beide an. "Träum doch nicht so viel", lacht Mum leicht und ich lächle schief. "Tut mir leid", entschuldige ich mich, "Was gibt's?"

"Hast du die Matheprüfung zurück gekriegt?", will Vater ruhig wissen und sieht mich fragend an. Ich schlucke leer und weiche seinen bohrenden Augen aus. "Ja", murmle ich leise. "Und welche Note ist es?", hakt er nach, woraufhin ich mir hastig ein wenig Essen in den Mund schiebe, um Zeit zu schinden.

Es ist nicht so, dass ich schlecht in Mathe bin. Eigentlich bin ich ganz gut, aber 'ganz gut' ist für meine Eltern und vor allem meinen Vater, nicht zufriedenstellend. Genauso wie die Note also ganz gut ist, wird sie ihn nicht zufriedenstellen.

"Eine 2-", seufze ich schliesslich, nachdem ich auch einen Schluck Wasser getrunken habe. Vater zieht die Augenbrauen zusammen. "Was war es letztes Mal?", fragt er.

Mein Herz zieht sich zusammen, als ich flüstere: "Eine zwei."

"Wie bitte? Hör gefälligst auf, zu nuscheln", verlangt er harsch. Ich sehe ihn nicht an, als ich lauter wiederhole: "Eine zwei."

Nun herrscht Stille. "Und was ist es nächstes Mal? Eine drei?", fragt er hörbar angespannt. Ich schüttle hastig den Kopf. "N-nein! Ich werde eine zwei schaffen, ganz bestimmt!"

"Denkst du, eine zwei ist gut?", will er kalt wissen, woraufhin ich langsam, unsicher aufschaue.

Und als ich so in seine Augen blicke, erkenne ich einen Ausdruck, den ich in all meinen Jahren sehr oft gesehen habe - Enttäuschung.

Leer schluckend senke ich den Kopf wieder und stochere in meiner Portion Kimbap herum.

Ich werde niemals gut genug für ihn sein.

Forbidden [Vkook]Where stories live. Discover now