30. Kapitel

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"Alles gut, macht euch keine Sorgen" keucht Solei der etwas zurück gefallen ist und auf den wir warten. Ich gehe zu ihm um ihm irgendwie meine Hilfe anzubieten doch er knurrt.
"Mir geht es gut" betont er nochmal. Mein Blick geht zu dem Waldrand, den wir in diesem Tempo vielleicht am nächsten Tag erreichen werden.

"Wir machen eine Pause" sage ich und suche mir einen Platz.

"Shakira ich sagte-"

"Ich brauche eine Pause" Unterbreche ich Soleis mittlerweile wütende Stimme.  Die anderen verstehen das ich damit Solei helfen will und lassen sich ebenfalls in den Schatten fallen.

Leica seufzt erleichtert auf und schielt zu Solei der unentschieden vor ihr steht. Mit einem übertriebenen "Na gut" lässt er sich neben sie fallen.

Er humpelt stark und ich bezweifle das er je wieder so laufen kann wie früher doch jedes mal wenn ich sage das es meine Schuld ist antwortet er: Lieber humple ich vier Leben lang als dich in diesem zu verlieren!, was mich zu Tränen gerührt hat.

Ich lasse meinen trägen Blick über die vertrocknete Landschaft wandern. Es sollte schon lange starker Regen eingesetzt haben aber die Sonne knallt mit voller Wucht auf unseren Kopf. Ihr ist das egal, sie macht was sie will. Ich schmatze mit meinem Maul und versuche etwas Flüssigkeit zu produzieren aber mein Maul ist vollkommen ausgedörrt.

Solei ist schon eingeschlafen vor Erschöpfung und Leica schmiegt sich fest an ihn. Ihre Augen beobachten die Landschaft aus schmalen Schlitzen.

"Ich und Yup gehen etwas laufen und sehen nach ob uns jemand folgt" ich stehe auf und sehe Yup auffordernd an. Er folgt mir bis wir außer hörweite der beiden sind.

"Wie geht es dir?" Fragt er und rückt noch ein Stück näher zu mir. Ich Blick in seine blauen Augen die eine unglaubliche Ausstrahlung haben.

"Ich mache mir so furchtbare Sorgen um Solei er sagt es geht ihm gut aber eigentlich denke ich hat er große Schmerzen" ich seufze schwer, wir müssen diesen verdammten Wald erreichen. Dann geht es ihm bestimmt besser.

"Du machst dir um so vieles Sorgen. Kümmer dich doch einfach mal nur um dich" er lächelt mich aufmunternd an.

"Ich mache mir keine Sorgen..." meine Stimme verklingt. Ich mache mir sorgen das es Solei nicht gut geht ich mache mir Sorgen das Leica und Solei nicht ihr eigenes Rudel finden und das Yup auch nich glücklich wird, das wir alle verdursten werden da es kaum noch Wasser in dem sonst sehr feuchten Moor gibt.

"Du denkst zuviel. Im Wald wird es dir besser gehen" er klingt so zuversichtlich das ich selber etwas Mut fasse und nicke.

"Im Wald wird es besser" wiederhole ich. Es tut gut sich auf etwas zu freuen das sicher eintreffen wird und ich keine Angst haben muss das etwas passiert. Ich lasse mich darauf ein, genieße einfach diesen Moment mit Yup und starre auf die weite Ebene durchzogen von sanften Hügel, die sich bis zum Horizont erstreckt, weit dahinter sind die Berge und ich bin mir vollkommen sicher, das ich Leica und Solei überreden kann wieder dorthin zurück zukehren und auch Yup, der sich dort eigentlich doch recht whl gefühlt hat. Ich werde alleine weiterziehen und mein eigenes Rudel finden.

"Ich habe die ganze Zeit nachgedacht aber ich bin zu dem Schluss gekommen, das du mich nicht mehr abwimmeln kannst. Wir werden ein Rudel finden und wenn wir keines finden, dann sind wir immernoch zu zweit" Mit einem schiefen Lächeln grinst er mich an, sein Kopf ist schiefgelegt als würde er auf einen Protest warten. Doch er kommt nicht. Ich spüre wie mir warm wird und ein prickelndes Glücksgefühl breitet sich in mir aus. Ich rücke näher zu ihm und schmiege mich an sein weiches Fell, meine einsamen Gedanken sind schon wieder vergessen und sollen auch nicht merh wiederkommen, denn wenn ich erhlich bin, will ich gar nicht alleine weiter machen. Ich brauche Yup!

"Wir sollten schauen wie es Solei geht, ich will weiter kommen" Sage ich dann irgenwann als die Sonne schon zu sinken beginnt. Mein Fell ist warm von der Hitze der Sonne und ich fühle mich staubig und trocken.

Wir gehen zurück zu den beiden, die leise miteinander flüstern und aufsehen als wir näher kommen.

"Gehen wir weiter?" Erwartungsvoll sieht Solei mich an. Als ich kurz nicke stemmt er sich schnaufend hoch. Seine Muskeln arbeiten angestrengt als er versucht sein Bein so wenig wie möglich zu belasten, er bleibt mit angewinkeltem Bein stehen und sieht zufrieden in die Runde.

"Weiter geht's" Ruft er und versucht freudig zu wirken, doch ich weiß ganz genau, wie groß seine Schmerzen sind.Ich achte darauf immer hinter ihm zu bleiben, um ihm nicht das Gefühl zu vermitteln, das er uns aufhält, was das ganze nur verdorben hätte.

Es ist schon gegen Ende der Nacht, da heult Leica freudig auf. Ich folge ihrem Blick und sehe dicke, dunkle Wolken von hinten aufholen. Das bedeutet Regen! Ich stimme in ihr Heulen ein und springe herum. Ein starker, trockener Wind weht uns entgegen und die Luft knistert. Staub und Sand bleiben in meinem Fellhängen, aber das stört mich nicht, der Regen wird alles wieder wegwaschen.

Man sieht die feuchte Wand durch die Ebene auf uns zukommen und mit einem lauten Donnern entlädt es sich über uns. Ich bin sofort vollkommen durchnässt und zitter dank meines dünnen Sommerfelles. Der Regen beflügelt unsere Schritte und wir erreichen den Wald schon früher als erwartet. Begleitet von dem lauten Rauschen des Wassers auf das Blätterdach tauchen wir in die Tiefen des Waldes ein.

Vollkommen übermüdet fallen wir einfach um, ich spüre wie der Regen an meiner Haut herunterrinnt und schließe genüsslich meine Augen.

Eine sanfte Nase weckt mich, murrend wälze ich mich herum und atme tief den klaren Geruch des frischen Waldes ein. Die Blätter auf denen ich liege sind braun und feucht. Ein Käfer wandert langsam an mir vorbei und vergräbt sich wieder im Laub. Ich hebe meinen Blick zu einem braun grünen Blätterdach, mein Blick wandert weiter zu dem Störer.

Seine Augen sehen mich schelmisch an und sein vernarbtes Gesicht ist schiefgelegt. Es scheint ihm besser zu gehen, was er nach einer Frage auch bestätigt, er belastet sein Bein zwar immer noch kaum, doch seine Laune hat sich im Gegensatz zu den letzten Tagen deutlich verbessert.

Ich knurre wütend und stehe auf, einschlafen kann ich jetzt sicher nicht mehr. Ich lecke das Wasser von ein paar Blättern um meinen Durst zu stillen und sehe in den Wald.

Es ist früher morgen und die ersten Strahlen der Sonne scheinen schwach durch das Blätterdach, weißer Nebel steigt langsam empor und umwabert die braunen, feuchten Stämme. Ich springe freudig los, schließe meine Augen und atme tief den Waldgeruch ein. Ich bin wieder hier, zwischen den Bäumen umgeben von schützenden Blättern und kann einfach nicht verstehen, wie mich jemand davon abhalten konnte, hierher zurück zu kommen und all das wieder zu sehen und zu fühlen.

Ich höre leise Pfotenschritte hinter mir, Leica rennt eingeschüchtert hinter mir her, ich verlangsame mein Tempo und warte bis sie aufgeholt hat.

"Es ist sehr eindrucksvoll, ich habe noch nie so etwas gesehen!" mit vor staunen aufgerissenen Augen sieht sie mich freudig an.

"Es ist nichts im vergeleich zu Soleis Erzählungen... Ich verstehe, warum ihr umbedingt wieder hier her wollt", sie lächelt warm und ich spüre wie ich mich mit Freude vollade und dann mit einem riesigen Satz hochschnelle. Ich ramme meine Zähne in einen Ast über mir, verkeile mein Gebiss und lasse nicht mehr los, ich hebe meine Vorderpfoten und kralle mich fest, die Hinterpfoten nach rechts gegen den dicken Stamm gepresst um etwas Gewicht von meinem Kiefer zu nehmen. Mit reiner Muskelkraft ziehe ich mich mit meinen Vorderbeinen hoch und baumel jetzt halb über dem schwankenden Ast. Ich ziehe mich ganz hoch und stehe jetzt etwa drei Meter über dem Boden; oberhalb einer staunenden Leica.

Ein Lachen dringt aus meiner Brust und halt durch den Wald, der Wind rauscht leise durch die Bäume und die hellen Birkenäste schwingen hin und her. Ich bin wieder da und niemand bringt mich wieder von hier fort.

Der albino WolfWhere stories live. Discover now