22. Kapitel

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Ein Schauer durchfährt meinen Körper und ich spüre wie Yup neben mir aufgeregt zittert.

Die Berge flachen ab und werden zu grünen Hügeln, und dann kommt es. Das ewige, weite und wunderschöne, das vielseitige, von Geräuschen durchströmte, aufgeweckte grün des Waldes. Ich spüre wie mein Herz rast, ich verabschiede mich schnell von Phileas und renne so schnell es geht den Berg hinab in das grün der Wiesen.

"Wir sind da! Wir haben es geschafft"! Brüllt Yup und ich spüre das er fast elektrisch aufgeladen ist vor Freude endlich wieder das Gras unter den Ballen zu spüren. Wir rennen das letzte Stück zum Wald und tauchen in das tiefe, geheimnisvolle Grün ein.

Ich lache auf und hebe den Kopf. Es ist einfach berauschend wieder die Blätter über mir rascheln zu hören, ich renne los und tobe mich so richtig aus. Spielerisch rennen Yup und ich um die Bäume herum und genießen das Leben.

Keuchend liege ich an den Wurzeln einer alten Esche und beobachte Yup der mit einem Blatt spielt. Ich lächel glücklich und springe auf, ich stoße Yup um und knurre spielerisch. Er lacht und seine blauen Augen funkeln.

"Wenn Solei hier wäre, wäre es perfekt" sagt er leise, ich bin erstaunt das die beiden sich so nahe gekommen sind aber irgendwie macht es mich glücklich. Ich stehe immer noch über Yup und beiße ihn auffordernd in die Schulter, er kläfft leise und stößt mich mit der Schulter um. Ich kullere von ihm runter und er springt auf. Ich lächel breit und bleibe liegen. 

"Wir sollten schauen wo wir bleiben ich will ganz tief in den Wald und dann einen Bau suchen" ich nicke zustimmend und springe auf, wir folgen keinem bestimmten Weg sondern laufen wie wir gerade wollen. Zu meiner Enttäuschung ist der Wald kein richtiger Wald sondern mehr eine Gruppe von Bäumen und wir stoßen nach kurzer Zeit wieder auf offenes Gelände.

"Komm weiter"sagt Yup aufmunternd als ich enttäuscht stehen bleibe. Ich reiße mich zusammen und wir traben  über die weiten Hügel. Überall blüht das Gras und ragt hoch bis an unsere Schultern. Der Wind streicht ungehindert über die weite Fläche die von kleinen krummen Bäumen und Büschen bewachsen ist. Überall ist leben und Insekten und andere kleinere Tiere, Mäuse, Hasen, Füchse Streuner durch die Landschaft.

Verzaubert sehe ich mich um und atme tief die von angenehmen Düften durchzogene Luft ein.

"Ich weiß was das ist" flüster ich beeindruckt und sehe zu meinem schwarzen Freund.

"Es ist das Moor" ich grinse freudig. Ich habe viele Geschichten von dieser endlosen Weite gehört und hätte nie gedacht es einmal zu sehen, und dass in seiner schönsten Zeit.

"Hier ist es wunderschön" Yup ist beeindruckt und schlendert neben mir durch das Gras, er schnüffelt mal hier und mal da und ich spüre seine Aufregung.

Ein Geruch steigt mir in die Nase und ich bleibe stehen. Dieses Gebiet ist markiert und wir haben gerade die Grenze überschritten. Auch Yup hat den scharfen Geruch der Grenzmarkierung gerochen und sieht sich beunruhigt um.

"Wieso müssen sie überall sein?" Frage ich enttäuscht. Keine voreiligen Schlüsse, ermahne ich mich. Vielleicht ist es ja das perfekte Rudel?

Langsam setzt Yup sich in Bewegung und ich folge ihm. Jetzt scheint mir das friedliche trügerisch zu sein. Wachsam spiele ich mit den Ohren und lasse die Landschaft nicht aus den Augen. Plötzlich schießt Yup los und hat mit einem schnellen Biss einen braunen Feldhasen im Maul. Ich laufe zu ihm und lecke das Blut von seiner Schnauze, dann stürzen wir uns auf das zarte Frühlings Fleisch.

Tagelang laufen wir dahin und keine Abwechslung ist in der Landschaft erkennbar.  Kein Wolf ist zu sehen und die Hügel ziehen sich immer noch bis zum Horizont und darüber hinaus.

"Vielleicht ist das Rudel ja weiter gezogen oder" stockt kurz und schüttelt unwillig den Kopf.

"Ausgerottet worden" ich nicke kurz. Ein Bär oder ein Puma würde schon reichen und das Rudel würde aufgelöst werden. Ein Angriff eines so großen und gefährlichen Raubtieres wäre tödlich für ein Rudel.

"Kein Wald!" Ich fühle mich Elend und senke den Kopf zu Erde als wir den Hügel hinauf trotten. Ich spüre die Niedergeschlagenheit wie eine dunkle Wolke über mir und Yup sieht ebenfalls sehr entmutigt aus.

"Hey!" Ruft er begeistert, ich hebe den Kopf, er ist schon am Hügelkamm angekommen und der Wind zerrt an seinem Fell. 

Ich beschleunige meine Schritte und trete neben ihn. Vor uns fällt das Moor sanft ab auf eine vollkommen flache Ebene, rechts von uns sind die letzten ausläufer der Berge zu sehen und das was mir wirklich Hoffnung macht ist das glitzernd eines breiten Flusses der sich über die Ebene zum Horizont windet, der Anblick ist einfach atemberauben.

Das Wasser zieht mich an und ich trabe zuversichtlich los. Es spüre schon beinahe wie die angenehm kühlen Wellen und meine Beine Spielen als ein lautes donnern mich stocken lässt. Die Nase in den Wind und ein Blick nach hinten sagen alles. Ein aufgeladenes Gewittert ist dabei sich auf uns fallen zu lassen. Der Wind wird stärker und peitscht über die Ebene, heftig zerrt er an meinem Fell und ich wirbel panisch herum. Wo ist Yup?! Ich renne zurück in Richtung Hügel dann und drehe wieder um.

"Yup!" Rufe ich über die weite Ebene aber keine Antwort. Ich stemme mich gegen den Wind und laufe zu dem Hügel, knapp unter dem Kamm kauer ich mich hin und seufze auf als der Wind nicht mehr in den Ohren kreischt. Ich fühle mich im Stich gelassen von Yup und späht vorsichtig über den Kamm. 

Ich meine eine kleine schwarze Gestalt weit entfernt einsam auf den Hügeln herum irren zu sehen aber es kann auch eine Täuschung meiner Augen sein.

Ein grauer Schleier rast über das Moor. Ich springe auf und laufe vor Wind und Regen her, ich bin nicht schnell genug und schmerzhaft knallt der Regen auf Rücken und Kopf. Ich suche nach einem Unterschlupf und kauer mich ängstlich Knurrend unter einen Windschiefen Busch.

Ich habe noch nie ein so starkes Gewitter erlebt,  wie auf Stichwort zuckt ein Blitz über die Ebene und kurz danach Donnert es laut. Ich heule panisch auf und renne los. Einfach weg von diesem schrecklichen Ort.

Der Fluss! Ich renne in die Richtung in die ich ihn vermute und bin in Sekunden schnelle so nass als würde ich schwimmen. Ich lege meine Ohren an und beschleunige noch mehr. Plötzlich stehe ich im Bauch tiefen, schlammigen Wasser.

Was ist hier los? Verwirrt taumel ich ein paar Schritte zurück und ducke mich als ein weiterer Blitz über das offene Moor zuckt. Ich habe gesehen was passiert wenn man von einem Blitz getroffen wird und ich will so nicht enden. Ich will zurück zu meinem Busch aber dann muss ich gegen den Regen laufen und dieser prasselt immer noch mit schmerzhafter Wucht auf meinen Körper. Zum Glück ist es nicht so kalt, so dass der Regen mich nicht erfrieren lässt,  aber trotzdem zittert mein ganzer Körper. Panik durchfährt meinen Körper und ich drehe mich immer im Kreis.

"Shakira" irgendwo in der Finsternis ruft Yup nach mir, ich heule zurück und taumel in die Richtung aus der er Ruft. Der Wind schleudert den Regen hart gegen meine linke Seite und ich spüre das ich nicht mehr lange unter diesen Umständen stehen geschweige den laufen kann.

"Yup wo bist du?" Schluchze ich ängstlich und kauer mich auf den Boden.

"Wo bist du?" Flüster ich leise und schließe meine Augen.

Der albino WolfWhere stories live. Discover now