40 Kapitel

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Lucas P.o.V.

Wow. Nun hatte ich es gesagt. Ich hatte meinen ganzen Mut zusammengenommen und die Wahrheit gesagt. Ich hatte mich entschuldigt. Ein Stein fiel mir vom Herzen. Unsicher sah ich sie an. Ihre blonden Haare fielen ihr ins Gesicht und sie strich sie immer wieder zurück. Ihr Mund stand leicht offen, ihre Atmung war sehr schnell und flach. Ihre Augen musterten mich, suchten mein Gesicht nach einer Regung ab. Sie suchte nach einem Zeichen, welches mich verraten konnte, ob ich Scherze machte oder nicht. Da sie nicht antwortete, schob ich ein leises "Sorry" hinterher. "Schon okay", murmelte sie schließlich so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob sie überhaupt was gesagt hatte. "Ist ja nicht schlimm. Ich habe es ja überlebt, oder", sie lachte kurz bitter auf. Sofort spürte ich einen heißen Stich in meiner Brust. "Klar, aber es war nicht in Ordnung von mir." "Wenn du das nächste Mal meine Aufmerksamkeit willst, probiere es mal mit einem einfachen Hallo", sie zwinkerte mir kurz zu, dann schwieg sie wieder.

"Hallo", flüsterte ich drei Minuten später. Erst sah sie mich ungläubig an, dann lachte sie leise los. "Hallo", erwiderte sie schüchtern. Ein riesiger Stein, nein eine ganze Erde, fiel von meinem Herzen ab und ich seufzte erleichtert auf. "Ich bin Lucas und wie ist dein Name, Schönheit", fragte ich keck und lächelte sie breit an. "Samantha", wisperte sie leicht atemlos. Ich deutete eine verkrüppelte Verneigung im sitzen an, woraufhin sie leise lachte. "Es ist mir eine Ehre, dich kennen zu lernen, Samantha." Ihr Name zerging wie Zucker auf meiner Zunge und hinterließ einen süßen Nachgeschmack. Ein Zittern ging durch meinen Körper. "Wie geht's dir?" "Gut. Und dir", sie zog ihre Beine an sich ran und machte sich richtig klein auf dem Stuhl. Ich sah es schon kommen, dass sie da gleich runterfallen würde. "Sehr gut sogar. Ich habe gerade Bekanntschaft mit einer bezaubernden jungen Frau gemacht", ich grinste und zwinkerte ihr zu. "O Gott", erwiderte sie und versteckte ihr Gesicht hinter ihren Haaren. "Nee, sie heißt Samantha, aber sie könnte eine Göttin sein."

Ihr Kopf schoss hoch und ich sah in ihr rotes Gesicht. Bevor ich war erwidern konnte, fiel sie auch schon leise quiekend vom Stuhl runter. Lachend sprang ich auf und reichte ihr meine Hand. "Alles okay", fragte ich amüsiert und zog sie auf die Beine. "Ja, denke schon", meinte sie verlegen und sah zu Boden. Sie stand mir so Nahe. Ihre Haare rochen leicht nach Orange. Sie wirkte so zerbrechlich in meinen Armen. So klein. So zart. Wie eine Elfe. Und wie sie da meine viel zu großen Klamotten trug, überkam mich das Verlangen genau diese Kleidung ihr vom Körper zu reißen. Soweit kam es aber nicht. Plötzlich würde die Tür aufgerissen und meine Mutter erschien im Türrahmen. "Ist alles okay? Ich habe es Poltern gehört. Was hast du gemacht", die letzte Frage war dann doch nicht mehr in ihrem netten Ton, sondern eher abgeklärt. Erschrocken riss Sam sich los und machte einen Schritt zurück. Meine Mutter riss die Augen auf, dann kam sie rein und reichte Sam die Hand. "Lucas hat gar nicht erzählt, dass er heute Besuch bekommen würde. Hallo. Ich bin Alicia Night. Du kannst mich ruhig Duzen. Ich hoffe, ich habe euch nicht bei irgendwas gestört", ihre braunen Augen blitzten schalkhaft auf. Verwirrt schüttelte Sam ihre Hand. Ich schüttelte nur peinlich berührt den Kopf. Meine Mutter hatte immer ein beschissenes Timing. "Hallo M...Alicia. Ich bin Samantha. Samantha Duncan. Ich gehe mit Lucas in eine Klasse", brachte sie mühselig hervor, während sie meine Mutter anstarrte wie ein angeschossenes Reh. Diese strich sich eine braune Haarlocke, welche sich aus ihrem ehemals strengen Zopf gelöst hatte, aus dem Gesicht und musterte uns beide. "Samantha. Schön dich endlich mal kennen zu lernen. Deinen Vater kenne ich ja schon. Willst du zum Essen bleiben? Es gibt Kartoffelauflauf und Salat", strahlend schaute sie zu Sam herab. Diese schien sich allmählich wieder unter Kontrolle zu haben. "Gerne", lächelte Sam breit, die Angst verschwand allmählich aus ihrem Gesicht. Es war das Lächeln, welches sie auch in der Schule immer im Gesicht hatte. Doch nun aus der Nähe bemerkte ich, dass dieses Lächeln ihre Augen kaum erreichte. "Naja, ich will euch beiden Hübschen mal nicht weiter stören. Treibt es nur nicht zu wild", sie zwinkerte mir einmal zu. Kurz bevor sie die Tür schloss, setzte sie noch ein "Und denk dran deinen Saustall von Zimmer mal zu lüften" hinterher.

I'm not living, I'm just survivingWhere stories live. Discover now