Kapitel 4 - Schweigen und genießen

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Der Junge ist das komplette Gegenteil von Malcolm: braune Locken, die erstaunlich weich aussehen, hervorstechende grüne Augen und Tattoos auf dem linken Armen - und ich glaube sogar schwarze Tinte unter seinem weißem T-Shirt zu erkennen. Malcolm hasst Tattoos, aber dem Jungen scheinen sie zu stehen. Warum Malcolm sie nicht mag weiß ich nicht.

Aber er sieht gut aus und ich kann irgendwie nachvollziehen, wieso er aus Ruby und mein Zimmer kommt - sie hat einen Faible für gutaussehende Jungs.

Genau so wie Kira.

Und wenn sie auch noch charmant und oder nett sind, sind sie für die nächsten 12 Stunden der tollste Junge auf Erden - bis sie jemand besseren finden.

Wahrscheinlich erfüllt der Junge mindestens zwei dieser Dinge, sonst hätte Ruby ihn nicht hier her geschleppt und -

»Wie lange willst du noch glotzen, bis du mir aus dem Weg gehst?«, pampt die Person vor mir mich an und ich höre deutlich seinen britischen Akzent raus.

Aha, also kommt er auch aus England?

Ich verdrehe die Augen über seine Worte und streiche innerlich die Wörter charmant und nett von der Liste seiner Eigenschaften.

»Wie wäre es, wenn du mal nett fragen würdest. Vielleicht gehe ich dann aus dem Weg.«

›Bist du pampig zu mir, bin ich pampig zu dir‹ - ein Motto, welches ich schon immer befolge.

Außer bei Malcolm, weil ich mir das wahrscheinlich nicht trauen würde.

Etwas blitzt in seinen Augen auf und es sieht aus, als würde er noch etwas sagen wollen.

Doch dann schnaubt er einfach und drängt sich an mir vorbei. Dabei stößt er - mit kompletter Absicht, meiner Meinung nach - mit seinem Oberarm hart gegen meine Schulter, sodass ich einen Schritt zurücktaumele.

»Arsch«, murre ich leise, aber so laut, dass er mich hören kann.

Er dreht sich nicht um, sondern geht einfach weiter den Flur entlang und zeigt mir dabei über seine Schulter seinen Mittelfinger. Dabei fallen mir die Ringe an seinen Fingern auf.

Welcher Junge trägt bitte Ringe? Noch nie gesehen und sieht auch total bescheuert aus.

Und nein, ich rede mir nicht gerade ein, dass es echt beschissen an ihm aussieht, weil er ein Arsch ist.

Als er um die Ecke biegt, schnaube ich leise und betrete das Zimmer.

»Sag mal, kannst du dir nicht irgendwie nettere Typen aussuchen, die du hier ansch– «

Ich stoppe und betrachte einen Moment das blonde Mädchen und Jungen, welche auf dem Boden sitzen und mich ansehen.

»Seit wann schleppst du zwei Typen auf einmal ab?«

Meine beste Freundin verdreht die Augen und sieht zu dem Blondi.

Wobei, ich kann einen braunen Ansatz erkennen - Also doch kein richtiger Blondi?

»Halt die Klappe, Grace. Ich habe niemanden abgeschleppt.«

Ich grunze und setze mich auf mein Bett. »Ja klar.«

Der blonde Junge, der in Wirklichkeit gar nicht blond ist, räuspert sich und steht auf. »Ich sollte dem Trottel hinterher gehen, bevor er irgendeine Scheiße baut. Ich werde dich wegen der Party anrufen. Okay, Ruby?«

Sie nickt grinsend und sieht ihm hinterher, als er das Zimmer, nachdem er mir einmal kurz zugenickt hat, verlässt.

»Musstest du das vor Niall erwähnen?«, stöhnt Ruby genervt, nachdem die Tür ins Schloss gefallen ist.

Woher wussten die eigentlich alle, wie es hier raus geht?

»Erklär du mir mal lieber, wieso du hier zwei Typen auf einmal rumlaufen hast.«

Ruby verdreht erneut die Augen und legt ihren Kopf auf meinem Bett ab. »Ich hab Niall hierher eingeladen, weil ich ihn nett finde. Und dann hat er Harry eingeladen, weil die beiden zusammen beim Strand waren.«

Ich runzele die Stirn. »Also hast du nicht vor, mit einen von den Beiden..?«

Ruby lacht und schüttelt ihren Kopf. »Wobei Niall echt nett und witzig ist. Ich frage mich, wieso er mit diesem Harry überhaupt befreundet ist. Er hatte die ganze Zeit scheiß Laune.« Sie kichert. »Aber er sieht schon gut aus.«

Ja, er sieht wirklich gut aus. Aber das werde ich niemals zugeben.

»Es gibt hübschere Typen - Malcolm zum Beispiel.«

»Guten Mooorgen!«, trällert Kira, als sie am nächsten Morgen in die Küche spaziert, während alle frühstücken. »Scheiße, wie kannst du nur jetzt schon gute Laune haben? Es ist nicht mal zwölf Uhr.«

»Ist so.«

Wenn sich Ruby und Nathan in einer Sachen wirklich ähneln, dann ist es die Tatsache, dass beide am Morgen echte Monster sind - bildlich und wörtlich gesehen. Ruby ist in diesen Momenten immer besonders reizbar und Nathan benimmt sich immer so, als hätte er die Nacht durchgemacht. Und so sehen beide auch aus.

Kira lacht einfach und lässt sich neben Simon auf den Stuhl fallen.

Wo ist Malcolm eigentlich?

»Wo warst du gestern eigentlich die ganze Zeit? Ich hab nicht mal mitbekommen, dass du wieder gekommen bist«, erkundigt sich Simon und beißt in sein Brötchen.

Kira grinst ihn an und wackelt mit den Augenbrauen. »Eine richtige Frau schweigt und genießt, lieber Simon.«

Der Brillenträger verzieht das Gesicht.

»Keine Details, bitte«, meldet sich eine raue Stimme hinter mir. Mein Herz beginnt zu rasen, als ich realisierte, dass es Malcolm ist.

Es ist das erste Mal, dass ich seine Morgenstimme höre. Sie ist viel tiefer als seine normale Stimme. Oder Harrys Stimme.

Wie wohl Harrys Stimme morgens klingt?

Moment, warum interessiert mich das? Das tut es nämlich nicht.

»Ich hatte nicht mal vor, irgendetwas grob davon zu erzählen, glaub mir.«

Niemand sagt noch etwas dazu.

»Hey Ruby, wolltest du heute nicht in die Stadt?«, frage ich sie, während ich meine zweite Hälfte vom Brötchen beschmiere.

Kurz sieht Ruby mich schläfrig an und ich denke schon, dass sie mit offenen Augen eingeschlafen ist, als sie langsam nickt. »Aber nicht vor zwölf.«

Ich lache und schiele kurz zu in Malcolm Richtung, ohne Grund.

»War mir klar.«

»Das habe ich auch erwartet.«


*


THREE WEEKS » Harry StylesOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz