32 - Wie man im Nebel verschwindet.

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Gewidmet: fakesilence und Rabengirl2015

✦ Foals - Spanish Sahara ✦


Elias löst sich von mir und sieht mich schockiert an. Warum schaust du so, als würdest du es bereuen, Elias? Ein Schatten huscht über sein Gesicht. Als würden die Gewitterwolken nun direkt über ihm den Himmel in Dunkelheit hüllen. Als würden die Blitze in sein Herz fahren und ihn aufwecken, ihn wachrütteln.

"Oh nein. Emma. Nein. Scheiße. Sorry. Ich hätte das nicht machen dürfen. Ich ... es tut mir leid. Verdammt." Was? Nein. Sag das nicht. Sag das nicht, Elias. Bitte nicht. Du reißt mir das Herz aus meiner Brust. Warum sagst du das? Warum? Ich ... verdammt. Mein Herz sticht und meine Knie zittern, als stünde ich inmitten eines Erdbebens. 

Erschrocken über seine Worte hole ich tief Luft. Doch bevor ich etwas sagen kann hat er sich umgedreht und ins Auto gesetzt, das er jetzt mit heulendem Motor vom Parkplatz jagt. Und ich stehe mitten im Regen, zu durcheinander um irgendetwas anderes zu tun als vor mich hin zu starren. Er hat mich geküsst. Und dann habe ich ihn geküsst. Und jetzt ist er weggefahren. Er ist einfach weggefahren und hat mich alleine gelassen.

Ich stehe im fallenden Silberschleier und kann nichts tun, außer vor mich hin zustarren und dem Rücklicht von Elias' Auto nachzusehen, noch lange nachdem es verschwunden ist. Noch immer spüre ich seine Lippen auf meinen und seine Hände an meinem Gesicht. Aber die Stellen, die noch eben von seiner Körperwärme vor dem Regen geschützt waren, werden langsam kalt und taub. Das prasselnde Geräusch des Regens mischt sich mit dem wilden Tosen des Meeres und wirbelt mein Herz hin und her. Wir haben uns geküsst. Verdammt, wir haben uns wirklich geküsst. Und dann ist er gefahren und hat mich alleine im Regen stehen lassen - im wahrsten Sinne des Wortes. Meine Hände versuchen die Gänsehaut auf meinen nackten Armen zu vertreiben. Er bereut es, er hat sich dafür entschuldigt. Klar, Emma. So jemand wie Elias küsst so etwas wie dich nicht freiwillig. Und wenn, dann bereut er es. Als würde so jemand wie Elias dich gut finden. Ich bitte dich.

Und bevor ich es verhindern kann, brennen die Tränen in meinen Augen. Sie vermischen sich mit den Regentropfen und gemeinsam bahnen sie sich einen Weg über meine Wangen. Verdammt, Emma. Du liebst ihn. Du liebst diesen Mann. Mehr als du jemals jemand anderen geliebt hast. Mir wird bewusst, wie viel Elias mir bedeutet. Wie sehr mir das Herz aufgeht, wenn Elias lacht. Wie sehr es in der Brust springt, wenn sein Blick auf mir liegt. Wie ich innerlich brannte, als er mich vorhin ansah, als wäre ich alles für ihn. Es ist, als wäre ich der Mond und Elias die Sonne und als könnte ich ohne ihn nicht leuchten. Als bräuchte ich ihn, um zu existieren.


Der Kuss war zauberhaft, fast magisch. Fast perfekt. Nein, er war perfekt. Es war wie nach Hause kommen. Und ich konnte seit langem wieder atmen. Aber jetzt, jetzt habe ich das Gefühl im Nebel zu verschwinden. Als würde er mich verschlucken, so wie er sich mir langsam um die Schulter legt und mich mit sanften Händen in die Dunkelheit zieht. Mein Kopf ist leer und gleichzeitig voller schreiender Gedanken, die um meine Aufmerksamkeit kämpfen. Sie schlagen und schubsen, beißen, zerren und reißen und ich stehe machtlos im Regen und lasse sie gewähren. Ich wünschte, Mama wäre hier und ich könnte sie um Rat fragen. Ich wünschte, ich wüsste, was Elias bei diesem Kuss gedacht hat. Aber das kannst du nicht, du kannst nicht in seinen Kopf sehen, Emma. Und vielleicht ist das auch gut so. Möglicherweise würdest du sonst den Ekel sehen, den er vor dir hat. Wie leicht du zu haben bist. Du hast dich ihm entgegengedrängt und ihn geküsst, als gäbe es keinen Morgen mehr.

Some of us are human | ✓Where stories live. Discover now