14 - Wie man spricht.

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✦ The Futureheads - The Beginning Of The Twist ✦


Ich bin wütend. So wütend, auf Malte. Auf mich. Ich hätte ihn nicht so eingeschätzt, sondern eher sensibel, vorsichtig. Die Art und Weise wie er mich vor derTankstelle umarmt hat, mit den Tränen in den Augen hat mich so berührt. Aber wie er sich heute aufgeführt hat, es hat mich traurig gemacht. Aber er weiß immerhin, was er will und das imponiert mir ein kleines bisschen.


Mama. Ich wünschte, ich könnte mit meiner Mutter darüber sprechen. Ich hätte so viele Fragen, wie ich mich verhalten soll; ob ich die Mauer um mein Herz höher bauen soll, bevor Malte diese mit seiner Abrissbirne durchbricht - und mein Herz gleich mit.


Immernoch etwas verwirrt schließe ich die Haustüre auf. Immerhin hat Malte mich nach Hause gebracht. Das war ja wohl das Mindeste, nachdem er dir ein Getränk aufgeschwatzt hat, das du nicht einmal wolltest - und für das du dann auch noch dafür zahlen durftest, dass er es ausgetrunken hat. Leicht verärgert schüttle ich den Kopf und befreie mich von den Winterklamotten, die sich anfühlen wie eine zweite Haut. Der Winter wird lange dauern, dieses Jahr. Es ist erst Januar. Auf der Küche liegt etwas Geld und ein Zettel von Papa, auf dem steht, dass ich mir etwas zu Essen bestellen kann, wenn ich möchte. Als ich das Geld vom Tisch nehme, erhasche ich einen Blick durch das Küchenfenster, welches in den Garten führt. Die Bäume sind kahl, der Boden vereinzelt weiß befleckt. Als wäre Frau Holles Kissen nur zur Hälfte gefüllt gewesen. Der Wind sucht sich seinen Weg durch die nackten Äste, liebkost sie und verlässt sie blitzschnell. Wie ein Liebhaber, der sich früh morgens aus der Wohnung schleicht.

Ich trete näher ans Fenster und zähle die Wolken, stelle mir vor, Mama sitzt dort oben und winkt mir zu. Die Fensterscheibe ist dreckig, an den schneefreien Stellen im Garten liegen einige Blätter. Ansonsten sieht der Garten sehr ordentlich aus. Wir haben sogar ein kleines Gartenhäuschen. In dem habe ich mich mit Sebastian oft versteckt, wenn wir mit Elias Verstecken spielten. In meinen jungen Teenagerjahren haben wir uns dort versteckt, um Alkohol zu trinken. Papa hat die leeren Flaschen irgendwann gefunden und mich zur Rede gestellt. Seitdem hängt an der Tür ein Vorhängeschloss. Ich schmunzle, während ich daran denke, als ich plötzlich hochschrecke. Jemand hat geklingelt.


Fast stolpere ich über meine Schuhe, die ich achtlos in den Flur geworfen habe und erreiche mehr aufgeschreckt als entspannt die Türe. Super, Emma. Als wärst du einen Marathon gelaufen. Ich verdrehe die Augen und öffne die Türe.  Es ist Anna. Sie mustert mich von unten bis oben, bis sie merkt, dass mein Blick auf ihr lastet. Erst dann verzieht sie ihren Mund zu einem Lächeln, das eher mitleidig als freundlich aussieht. Eigentlich würde ich lieber die Türe schließen und mich verkriechen. Nach dem heutigen Nachmittag möchte ich einfach nur alleine sein.


"Hallo Emma." Ihre Stimme bewegt sich durch meine Ohren und lässt mein Blut schwingen. Mir ist vorhin gar nicht aufgefallen, wie hoch ihre Stimme ist. Erwartungsvoll sieht sie mich an und zieht eine Augenbraue nach oben. Zuerst verstehe ich nicht ganz, was sie erwartet, bis es mir wie Schuppen vor die Augen fällt. Aus diesem Grund trete ich zur Seite und lasse sie ein.

"Elias hat gemeint, wir sollten uns mal kennenlernen, wir würden uns sicherlich gut verstehen. Mir war aber klar, dass wir das unter uns machen sollten und nicht in seinem Beisein. Stell dir vor: Er wollte doch tatsächlich mitkommen! Manchmal ist er schon ein kleiner Dummkopf."


Anna lacht und drückt mir ihre Jacke sowie Schal und Mütze in die Hand. Zielstrebig lässt sie sich auf die Couch fallen und zieht die Knie an die Brust. Perplex betrachte ich den Stoffhaufen in meiner Hand, als würde ich erwarten, dass er sich selbstständig zur Garderobe begibt.

Some of us are human | ✓Where stories live. Discover now