36. Der Einbrecher

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Wir lagen auf der Decke und sahen in die Sterne.
Die Straßenbeleuchtung wurde eingeschaltet und die Stadt wurde immer dunkler, nur die einzelnen Lichter aus den Wohnhäusern ließen die Stadt funkeln.

"Woher wusstest du von dieser Straße un diesem Dach?", wollte ich wissen.

"Das ist ne lange Geschichte.", flüsterte er.

"Wir haben doch Zeit.", bemerkte ich.

"Na gut, aber sie ist auch nicht besonders schön.", begann er.

Ich setzte mich auf und sah ihn an.

"Als ich 9 war hatten wir noch in Bayern gelebt, meine Eltern, meine Geschwister und ich.
Einen Abend wollten wir zu meiner Oma fahren, doch ich war bockig gewesen und durfte, als Strafe, nicht mit. Ich hatte den ganzen Tag gewartet, dass sie wieder kamen. Doch am nächsten Tag klingelte es an der Tür und ich hatte gedacht es wär meine Familie. Doch es war die Polizei, die mich erschrocken ansah. Die Polizistin erklärte mir vorsichtig was passiert war. Sie ware alle bei einem Autounfall gestorben. Keiner von ihnen hatte überlebt. Meine Oma wurde nach diesem Unfall dement und durfte mich nicht mehr nehmen. Also kam ich in ein Heim, in Berlin, auf dem wir gerade sitzen. Vor 4 Jahren hat eine Familie mich adoptiert und dort wohne ich jetzt noch.", erklärte er und setzte sich ebenfalls auf.

"Das tut mir leid...", flüsterte ich.

"Ist ja schon ne Weile her.", lächelte er den Schmerz weg.

Ich nickte berührt.

"Grace, kannst du dir überhaupt vorstellen je mit mir zusammen zu sein?", wollte er plötzlich wissen.

"Sei einfach ehrlich, Grace!", bat ich mich und sah ihn an.

"Also...du bist wirklich der beste Freund, den ich mir nur hätte wünschen können. Klar, kann ich mir dich als Freund vorstellen...aber ich vermisste Ben. Es ist einfach zu früh, um über wen anders nachzudenken.
Es tut mir leid, vielleicht irgendwann mal.", erklärte ich vorsichtig.

"Das verstehe ich.", murmelte er und sah auf die Decke.

"Es tut mir wirklich leid. Ich hätte zu dem Date nicht ja sagen sollen.", antwortete ich mitleidig.

"Doch, ich bin froh das du es getan hast! Du bist mir wichtig, als meine Freundin oder eben als beste Freundin! Ich verbringen gerne Zeit mit dir, auch wenn wir nicht zusammen sind.", lächelte er.

"Du bist mir auch wichtig.", lächelte ich erleichtert.

Er legte seinen Arm um mich und ich legte meinen Kopf auf seine Schulter.

"Danke, dass du ja gesagt hast.", flüsterte er.

"Immer wieder gern.", lächelte ich.

Da begann die Kirchenuhr laut 0:00 Uhr zu schlagen.

"Ich bring dich nach Hause.", bemerkte er und stand auf.

Die Kerzen waren inzwischen ausgegangen und die Pappschalen hatten wir, an der Hauswand entlang, in einen Müllcontainer geworfen.

Ich stand auf und half Dani die Decke zusammen zulegen.

Wir kletterten die Leiter hinunter und schlenderten die Straße entlang, zurück zu meinem Haus.

Ich stellte mich vor die Haustür.

"Danke, für das wundervolle 'Date'", lachte ich.

"Immer wieder gern!", antwortete er.

"Beste Freunde?", bot ich ihm meine Hand an.

"Beste Freunde.", erwiderte er und umarmte mich.

Dani nahm sich seinen Helm:"Schlaf gut!"

"Du auch.", winkte ich ihm hinterher als er wegfuhr.

Ich schloss leise die Haustür auf und wieder zu und schlich mich die Treppe hinauf. Öffnete die Wohnungstür und schlich mich durch die Wohnung. Die Wohnung war komplett leer und alles war dunkel.
Ich schlich mich hinauf in mein Zimmer und betätigte den Lichtschalter.
Da war jemand! Ich erkannte den Schatten an meinem Schrank.
Der Schatten kam auf mich zu.

"Wer ist da?", rief ich und schnappte mir eine Blumenvase.

Da trat die Person aus dem Schatten und stellte sich in den Raum.
Ben?

"Grace?", flüsterte er.

"Was willst du hier?", fragte ich genervt.

"Ich will nur mit dir reden.", bat er und kam auf mich zu.

"Gut, du fängst an mit zu erklären wie du auf die Idee kamst, einfach in mein Zimmer einzubrechen, um Mitternacht!?", forderte ich ihn wütend auf.

"Weil ich dich vermisse! Ständig habe ich das Gefühl das du bei mir bist, aber du bist es nicht! Und das bringt mich um!", erklärte er.

Mein Herz blieb stehen und ich bekam kein Wort mehr raus.
Genau das selbe fühlte ich doch auch!
Doch leider andere dies gar nichts an der Situation!

"Ben, du hast auf mich gewettet! Ist dir das eigentlich bewusst! Ich kann dir das nicht verzeihen, so gern ich das auch will...", flüsterte ich.

"Grace, wir bekommen das wieder hin! Ich kann nicht ohne dich leben!", bat er und kam auf mich zu.

Er nahm meine Hand und sah mir tief in die Augen.
Ich bekam keinen Ton raus. Seine Augen verschlangen mich.
Er kam näher und berührte sanft meine Lippen.
Ich wollte ihm mehr als alles andere verzeihen...
Ben löste sich von mir und sah mich erwartungsvoll an.
Ich atmete tief durch und schloss die Augen.

"Du solltest jetzt gehen. Es ist vorbei.", flüsterte ich und meine Augen füllten sich mit Tränen.

"Nein, Grace...", bat er.

Ich nickte stumm und sah weg. Ich konnte ihn nicht ansehen.

Aus dem Augenwinkel sah ich wie er den Kopf senkte und auf mein Fensterbrett stieg.

Ich schluchzte.

"Ben, warte!", flüsterte ich.

Doch als ich meinen Kopf zum Fenster drehte, war dort nur noch das offene Fenster und die dunkle Stadt.
Ich konnte nur noch hören wie eine Yamaha FJR die Straße entlang fuhr...

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