☑️ Kapitel 33♚

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~Selbstmord ist doch eigentlich, wie das Vorspulen eines Filmes.~

Die Hoffnung habe ich schon lange aufgegeben, doch wir wurden geboren, um zu Kämpfen. Egal was passiert.

Er vergräbt seinen Kopf in seine Hände und scheint mit den Gesagtem klar kommen zu wollen. Ich weiß zwar nicht, was passiert ist, doch wenn er sich so benimmt, dann muss es etwas Schlimmes gewesen sein.
Ihn so wahrlich zu sehen ist ungewohnt.
Seine Schultern sind gekrümmt und beinahe fühle ich seinen Schmerz- körperlich wie seelisch.
Und alles in mir zieht sich zusammen.

Mit meiner Schnauze stupse ich seine Schulter an. Er lacht auf und augenblicklich fühle ich mich um einiges leichter.
Eine Last geht von meinen Schulten, als er mich mit einem Gesichtsausdruck ansieht, der dankbar ist. Und auch wenn man tief graben müsste, so bin ich mir sicher, dass er gerettet werden kann.
Das kann jeder- wenn man es selber zulässt.

Plötzlich erklingt der Klingelton seines Handy's und wir beide zucken zusammen, ehe Jason sein Telefon fluchend aus seiner Tasche hervorholt.
Sein Gesicht wirkt wieder verschlossen und ohne jegliche Emotionen.
Und ich frage mich, wie das so schnell gehen kann.
Und wie stark seine Mauern tatsächlich sind.

"Ja", sagt er unfreundlich in den Hörer und scheint wieder ganz der Alte zu sein.

Seine genervte Miene jedoch ändert sich schlagartig, als er das Gesagte hört.
Erschrocken glänzen seine Augen auf, „ich bin gleich da!"
In Sekundenstelle ist er wieder auf seinen Beinen, legt auf und steckt sein Handy in seiner hinteren Hosentasche. Die ganze Zeit versuche ich aus seinen Gesicht irgendeine Emotion zu erkennen doch da ist nichts. Nichts, dass ich mir zusammenreimen könnte.

Noch einmal lässt er seine Hand durch mein Fell auf dem Kopf fahren und ich versinke beinahe in seiner einfachen Berührung.
Dann dreht er sich um und verlässt die Klippe mit schnellen und fast schon energischen Schritten.
Ich gucke ihn so lange hinterher, bis er in der Dunkelheit des Waldes verschwindet.

Einige Zeit lang sitze ich nur da und lausche seine immer leiser werdenden Schritten.
Dann, ohne auch nur weitere Zeit zu verlieren setze ich mich in Bewegung und laufe in die gleiche Richtung davon wie er.
Durch seinen Geruch ist es nicht schwer, seine Fährte aufzunehmen und ihn zu folgen.
Er hat schon einen viel zu großen Vorsprung, was eigentlich unmöglich ist, da ich in Wolfsform dreimal so schnell bin wie ein durchschnittlicher Mensch.
Und mir fällt wieder unwillkürlich auf, dass er kein normaler Mensch ist.

Weitere Gedanken kann ich mir jedoch nicht mehr machen; denn sein Geruch führt mich an den Waldrand hinaus und zur kaum befahrenen Hauptstraße.
Ich wage es, mich zu Verwandeln, nachdem ich mich hektisch umgesehen habe.

Dann laufe ich zu Fuß weiter, denn Jason ist immer noch nicht in Sicht.
Keuchend bleibe ich stehen und bette meine Hände auf die Knie, als meine Lungen stöhnend protestieren.
Die Tatsache, dass ich dabei mitten auf der Straße stehe, ignoriere ich.
Fluchend stelle ich auch noch fest, dass ich durch das Verwandeln in einen Mensch den Geruch von Jason nicht mehr verfolgen kann.

Stöhnend blicke ich um mich um, doch von Jason ist weit und breit keine Spur.
Ich mag keine Ungewissheit, genauso wenig wie Fragen ohne Antworten, deswegen krame ich aus dem hintersten Teil meines Hirnes die Adresse von Jess her.
Er wohnt ja schließlich auch dort. Falls es hart auf hart kommt und er mich sieht, kann ich ja sagen, dass ich zu ihr wollte.

Meine Lunge weigert sich der Mühe standzuhalten, während ich den Weg zum Haus auf menschlichen Beinen laufe. Mit jeden einzelnen Schritt werden meine Füße schwerer und meine Atmung schneller.
Doch ich beiße mich durch und konzentriere mich auf die Teerstraße vor meinen Schritten.

Und dann, nach langen Minuten, ist es endlich so weit- das Haus erstreckt sich vor mir.
Erleichtert atme ich tief durch und versuche mich zu beruhigen, als ich am Hof zum stehen komme.

Meine Augen wandern über den großen Garten bis hin zur Haustüre und dann schließlich zu der offenen Garage. Davor und darin stehen verschiedene Fahrzeuge.
Ich betrachte mit spitzen Lippen die drei teuer aussehenden Autos, dessen Lacke in der Sonne glänzen.

Kurz muss ich zurück an mein erstes Auto denken. Er war zwar ein nicht zumutbares Schrottmobil auf zwei Reifen, er hatte jedoch seinen Job getan. Sogar mehr als das, denn eine Zeit lang diente er als Schlafplatz in ganz üblen Phasen meines Lebens.
Zu dieser Zeit war ich meistens auf der Durchreise und auf der Suche nach einem Zuhause.
Auch wenn ich dieses erst in meinem Herzen finden musste, was ich damals noch noch nicht wusste.

Ich musste erst einmal mit dem Fremdkörper in meinen Körper zurecht kommen. Mit dem Wolf im mir. Musste gezwungenermaßen alleine zurecht kommen und erwachsen werden. Und es hat lange gedauert.
Sehr lange.

Ich zucke erschrocken zusammen, als ich eine zuschlagende Tür höre. Durch mein gutes Gehör, ist es beinahe betörend laut in meinen Ohren.

Und warum auch immer ich plötzlich diesen Impuls habe- ich springe hinter einen großen Busch zu meiner Rechten und verfluche mich im nächsten Moment selber deswegen. In welcher blöden Lage wäre ich denn bitte, wenn mich jemand hinter einem Busch entdecken würde?

Mit schnell klopfenden Herzen luge ich dahinter hervor und bete, dass mich niemand sieht.
Und vor allem nicht Jason, dessen Geruch mir zu allem Überfluss auch noch einen Moment später entgegenweht. Ich versteife mich.

Jason hat seine Jacke zu einer schwarzen Lederjacke gewechselt und läuft im Schnellschritt zu einem schwarzen Motorrad, am Rande der Hofeinfahrt.
Ich ducke mich und mache meinen Körper so klein wie nur möglich.

Fluchend blicke ich durch das Geäst vor mir und beobachte ihn, wie er sein Bein um die Maschine schwingt und seinen Helm aufsetzt.
Der Motor heult auf.
Wie soll ich ihm bitte auf diesem Ding folgen?

Er fährt langsam zur Straße und biegt ab- und das auch noch in meine Richtung. Oh Gott, er wird mich ganz sicher sehen!
Einem Gedanken hinaus folgend springe ich auch schon hervor. Denn besser er sieht mich stehend und mit erhobenen Kinn als gedruckt hinter einem blöden Busch.
Und ehe ich mich versehe, stehe ich halb auf der Straße.

Was ich jedoch nicht ansatzweise kommen sah, war die viel zu starke Beschleunigung von Jason's Motorrad, als er um die Kurve biegt.
Mit quietschenden Reifen legt er direkt vor meiner Nase eine heftige Vollbremsung hin.
Ich bin mir sicher, dass meine Augen so groß wie Telleruntertassen werden, während ich wie bestellt und nicht abgeholt da stehe und mich frage, wie schrecklich diese Situation ausarten konnte- und das nicht zu meinen Gunsten.

Sein Vorderreifen bleibt nur wenige Zentimeter von meinen Füßen stehen.
Auch wenn mein Körper einen Aufprall locker überlebt und hingenommen hätte, schlägt mein Herz unbarmherzig heftig in meiner Brust und die Angst schnürt mir einen Augenblick lang die Kehle zu, als ich durch die abgedunkelte Scheibe seines Helmes blicke.








Überraschung! Ich bin gerade so gut drauf, das gleich noch ein Kapitel kommt 💕
Wie hat es euch gefallen?

M.❤️

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt