☑️ Kapitel 28♚

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~Was ist Zeit, denn ich spreche diese Sprache nicht, hasse alles, vor allem dich und das Tageslicht.~



Mit großen Augen sehe ich zu meiner offenen Handfläche, die langsam rot wird.
Dann wandern meine Augen zu Jason, dessen Gesicht noch immer nach rechts gedreht ist. Seine Wange beginnt meinen Handabdruck abzuzeichnen.

Ich habe ihm eine gescheuert.
Eine Backpfeife verpasst.
Eine geklebt.

Als ich das realisiere, fängt mein Herz an wie wild zu schlafen.
Hilfesuchend sehe ich zu Jess, doch diese reißt die Hände in die Höhe und zeigt mit ihrem Blick, dass sie das alles nichts angeht.
Mit einem beinahe belustigenden Lächeln im Gesicht geht sie aus dem Zimmer, um mich meinen Schicksal zu überlassen.
Na super.

Innerlich flehe ich, das das alles nur ein böser Traum war. Ja, Jason hat es vielleicht in irgendeiner Weise verdient.
Doch das ich so unfähig dabei zusehen muss, wie der Mondwolf in mir die Kontrolle übernimmt, ist mir noch nie passiert.

Als meine Augen zu Jason fliegen, erkenne ich, wie ungläubig er mich anblickt. Vollkommen überrascht.
Fast genauso wie ich mich in diesem Moment fühle.

"Ehm.. also, n-nenn mich einfach nicht mehr Skychen", stottere ich vor mich hin und brauche sehr viel Willenskraft um nicht gleich Leine zu ziehen.
Erst jetzt merke ich, dass meine Hand nach wie vor in der Lift schwebt.
Ich lasse sie schnell sinken und blicke mich stattdessen um.

Ich sollte schnell weg, schießt mir der Gedanke durch den Kopf, als sich Jason's Gesichtsausdruck verdunkelt und sich eine steile Falte auf seine Stirn bildet.
Zur Tür raus? Durch den Flur? Hoch in den zweiten Stock?

Als er tief durchatmet ist es um mich geschehen. Ich verliere keine Zeit mehr und renne Richtung Haustüre.
Das ist das erst beste, was mir einfällt.

Eine Fußbreite vor der erlösenden Tür werde ich an meiner Hüfte gepackt und nach hinten gerissen. Mein Mund verlässt ein erschrockenes quietschen. Nur knapp halte ich mich auf meinen Beinen.
Ich wäre tatsächlich auf dem Boden gelandet, wenn ich mich nicht selber abgefangen hätte!
Trotz meiner vielen Gefühle, sticht nun eines ganz deutlich heraus; Wut.
Schließlich ist er derjenige, der nie auf mich hört und jetzt die Quittung dafür bekommen hat. Warum sollte er jetzt auch wütend auf mich sein?

Mein Wolf setzt sich in Kampfbereitschaft, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob er auch im schlimmsten Fall wirklich eingreifen würde. Es ist schließlich Jason, auf den ich immerzu eine äußerst komische Reaktion zeige.

"Das hast du jetzt nicht getan", sagt er gefährlich leise.
Wäre da nicht der unberechenbare Wolf in mir, der ihn jederzeit in Stücke zerreißen könnte, dann hätte ich vielleicht Angst gehabt. Doch jetzt gerade bange ich trotzdem nur um Jason's Leben.

"Nenn mich einfach nicht so!", sage ich laut und entnervt.
Jason macht einen Schritt zu mir und sein Gesichtsausdruck ist plötzlich so verschlossen, dass ich ihn nicht mehr einschätzen kann.
Ich senke meinen Blick und verschränke meine Arme vor der Brust.
Es dauert ein paar Sekunden, doch dann spüre ich eine federleichte Berührung an meinem Kinn. Ich hebe meinen Kopf.

Seine moosgrünen Augen mustern mich intensiv.
Mein Wolf regt und ich habe Schwierigkeiten meine Gedanken nicht zu verlieren, wenn er so nah vor mir steht.
Und mich dabei auch noch berührt.
Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Aus Beobachtungen heraus weiß ich, dass er überlegt.
Sein Griff um mein Kinn festigt sich ein wenig mehr, doch nicht so, das es weh tut.

"Was ist den so schlimm daran, dass ich dich so nenne?", fragt er nun mit erstaunlich ruhiger Stimme.
Ich atme zittrig aus.

"Nichts", antworte ich flüsternd.
Meine altbekannte große Klappe verzieht sich augenblicklich in den Hintergrund.
Gerade jetzt, wo ich sie brauchen könnte.

Obwohl ich seine Berührung immer noch fühlen kann, zucke erschrocken zusammen, als er seine Fingerkuppe an meiner Wange entlang führt.
Grüne Augen erforschen mein Gesicht.
Sein Gesichtsausdruck wirkt nun nicht mehr so klar, sondern eher verträumt.

Was ist denn jetzt los?

Meine Augen werden ganz groß, als ich ein tiefes Schnurren wahrnehme.
Kurz denke ich, dass ich das unbewusst mache, da der Wolf in mir auch manchmal seine Gefühle in Menschenform ausdrückt. Meist passiert das, wenn das Wesen in mir und ich das gleiche fühlen.

Doch dann fällt mir auf, dass das Jason ist.

Meine Gedanken kreisen um jede Erklärung für diese Situation, doch ich kann mir nicht erklären, warum er kling wie ein.. Wolf.

"So schön", höre ich ihn plötzlich leise flüstern, während er langsam weiter meine Wange berührt. Er kommt immer näher, bis ich seinen Atem an meiner Wange spüren kann.
Währenddessen bin ich weiterhin in einer Schockstarre und blicke unbeholfen in seine verträumten Augen.

Okay, es ist endgültig: er hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Das Schnurren hat mich schon so sehr aus der Bahn geworfen, sodass ich mich auch nicht wegen diesen sinnlosen Wörter erschrecke.
Nach einigen Sekunden in denen ich mich erst einmal gesammelt habe, räuspere ich mich.
Etwas in mir sträubt sich dagegen, diese Situation zu beenden.

Jason zuckt zusammen und nimmt schnell Abstand von mir.
Seine Wärme ist augenblicklich verschwunden und ich fühle mich sofort verlassen. Ich schlucke und dränge meine unwichtigen Gefühle in den Hintergrund.
Denn alles was beginnt hat ein Ende und mein Leben hält kein Gutes für mich bereit. Das spüre ich.

Jason macht seinen Mund auf, um etwas zu sagen. Doch die Türe wird aufgerissen. Jess erscheint am Türrahmen und steckt ihren Kopf in das Zimmer.

"Tut mir leid für die Störung ihr beiden, doch Mama hat angerufen. Wir sollen wieder heim gehen, der Sturm ist ja schließlich vorbei."
Beim reden kommt sie zu mir und umarmt mich noch einmal. Ihr Blick zum Abschied ist beinahe forschend und ich versuche mir keiner meiner Gefühle anmerken zu lassen.

Ich bringe beide zur Tür, wobei ich merke, das Jason keinen einzigen Blick mehr in meine Richtung wirft.

"Bis Morgen, Jess!", rufe ich ihnen noch hinterher und ignoriere dabei gekonnt Jason, obwohl all meine Gedanken momentan nur um ihn kreisen.

"Tschüss, Skychen", ruft Jason Sekunden später zurück.
Mit einem schnauben knalle ich die Haustüre zu und erhasche lediglich Jess ihr belustigendes Lächeln.
Als ich den Weg ins Wohnzimmer fortsetze plagt mich jedoch nur ein Gedanke:

Jason hat geschnurrt.



Hey,
danke das ich in sehr kurzer Zeit auf 4k gekommen bin^^ das war echt eine freudige Überraschung! 💕

zu guter letzt noch ein frohes neues Jahr 2016🎉💕

M. ❤️

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt