☑️Kapitel 9♔

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~Alltag ist Treibsand, du steigst ab, je stärker du trittst.~

Ein lautstarkes Donnern erschüttert den Boden unter mir, erschrocken schlage ich meine Augen auf und blinzele dem grelle Licht entgegen. Ich bewege meine rechte Hand und ertaste den weichen Boden, ehe mich die Erkenntnis trifft.
Ich liege noch im Sand.
Also doch kein Traum. Ich war lediglich eingeschlafen.
Ich wische mir registriert über die schmerzenden Augen, meine Wangen sind nass, und nun realisiere ich erst, dass es nach wir vor regnet. Tropfen für Tropfen schlagen unbarmherzig auf mein Gesicht auf und lässt meinen Körper vor Kälte erschaudern.

Ich setze mich langsam auf und verziehe mein Gesicht. Mein ganzer Körper schmerzt.
Meine Gliedmaßen sind eiskalt und es fühlt sich so an, als hätte ich eben in Eiswasser gebadet- was ich vermutlich auch habe.
Ich bin alleine, stelle ich fest, ehe ich mich noch langsamer aufraffe als zuvor und mich erst einmal ausgiebig Strecke. Es knackt an einigen Stellen, doch das hilft, ich fange an wieder die Form des Mensch anzunehmen- keinen des Zombie's.

Schlürfend langsam verlasse ich den Strand und betrete kurze Zeit später auch schon wieder ungewohnt festen Boden.
Ich gehe der Hauptstraße entlang, einige Autos kreuzen meinen Weg und ich bin mir sicher, dass sie mir von ihren gemütlich warmen Auto neugierige Blicke zuwerfen, doch ich möchte ihnen keineswegs entgegenblicken. Vielleicht sieht man in meinen Augen, das ich Hilfe haben möchte. Das ich Hilfe brauche. Und ein übereifriger Pedofieler, der seine Chance sieht, könnte ich jetzt alles andere als gebrauchen.
Er würde sich nur weh tun.
Und ich möchte keine Hilfe brauchen.

Meine eiskalten Hände stecke ich mir in meiner dünnen Jackentasche und meine Kapuze ziehe ich mir tief in mein Gesicht, sodass ich gerade noch die Straße unter mir erblicken kann, dadurch versuche ich etwas Wärme aufzufangen, und meine gefrorenen Hände wieder zum leben zu erwecken.

Schritt für Schritt mechanisieren sich meine Bewegungen und ziemlich eifrig gehe ich im schnellen trapp in Richtung meines warmen Hauses, das mich förmlich zu sich ruft.

Wieso bin ich jetzt so schwach? Es fühlt sich an, als hätte ich nicht mehr die Oberhand, weil Jason sie mir gerade unbewusst aus den Händen gerissen hatte. Und die Segel scheinen mir so unendlich weit weg zu sein. So unerreichbar.
Und wie oft habe ich weiter gemacht, egal wie aussichtslos die Lage war? Jedes Mal.
Wie oft bin ich aufgestanden und habe mit Selbstsicherheit weiter gemacht und nie Aufgegeben? Jedes Mal.

Und warum jetzt nicht auch?
Innerlich kämpfe ich mit mir, ich habe schon so vieles durchmachen müssen und wieso verfalle ich jetzt, und ziehe in Betracht aufzugeben und die Sache währungslos auf mich zu kommen zu lassen? Das ist eindeutig untypisch für mich!
Ich zwinge mir ein Lächeln auf mein Gesicht, weil ich jetzt erst realisiere, was mich doch immer am Leben erhält: mein Wolf und das Gefühl, frei zu sein.
Ich ziehe mir meine Kaputze vom Kopf und laufe währenddessen Richtung Wald, meine Beine bewegen sich schneller bis sie zu einem schnellen Joggen entstehen.

Und dann heiße ich die wohlige Wärme in meinen Gliedmaßen willkommen, und atme mit einer Art kindlichen Vorfreude die fische Waldluft ein, ehe meine Vorderpfoten dumpf auf dem Moosbewachsenen Boden aufschlagen.
Mein Wolf hat die Oberhand gewonnen.
Meine Liebe zum Wolf hat gewonnen.

Und die nächsten zwei Stunden verbringe ich damit, meine Freiheit mehr zu genießen als jemals zuvor, nicht einmal Gedanken schieben dieses schöne Gefühl bei Seite, und doch kann ich es nicht verleugnen, dass ein kleiner Teil von mir unentwegt nach Jason's Geruch suchte.


Mein Niesen durchbricht die gespenstische Stille in meinem Haus. Kaum zu glauben- ich habe mir eine Erkältung geholt, was ziemlich uncool mit einem Wolf im Körper ist, mein Immunsystem sollte herhaltend sein, doch nichts und niemand kommt aus der Sache raus, es war einfach zu viel Kälte.
Erstickend atme ich benommen durch meinen Mund und umwickle die samte Decke stärker um meinen zitternden Oberkörper. Es würde gerade einmal wenige Stunden brauchen und ich bin wieder genesen.
Nun umschließe ich meine Tasse Tee fester in meinen Händen und lasse so den restlichen Abend an mir vorbeigeleiteten, mit ungewohnt ruhigen Gedanken.

Und das war die erste Nacht, an der ich nicht nur von meiner Mutter träumte, sondern auch an Jason.



Ich weiß, ich weiß.

Es tut mir leid, dass dieses Kapitel so kurz geworden ist. Ist sowieso nur ein Lückenfüllerkapitel.

Da dieses Kapitel so kurz ist, wird das nächste schon Morgen kommen.

Danke an all meine Leser!

M.

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt