☑️ Kapitel 17♔

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~ Ich müsste weinen, ich müsste schreien. Doch ich glaube lieber der Maske, die mich umgibt.~


Benommen vom kurzen Schlaf schlage ich meine Augen auf.
Ich bewege mich ein Stück und bemerke dabei, dass mir alle Knochen weh tun.
Mit verzogenen Gesicht schaue ich auf die Uhr rechts von mir und stelle verwundert fest, dass es für meine Verhältnisse viel zu früh ist, um aufzustehen.
Erinnerungen und Bilder von meinem letzten Abend schießen mir durch den Kopf.

Meine Nacht war kurz. Nachdem ich gestern im Gästezimmer darauf gewartet hatte, bis ich mir sicher sein konnte, dass Jason schon schlafen gegangen ist, habe ich mich abermals raus geschlichen. Diese Mal hat mich keiner aufgehalten. Ich hatte mich in Wolfsform im Wald ausgetobt und ich wurde all die angestauten Gefühle los. Ich habe wie schon lange nicht mehr Glück verspürt.
Im frühen Morgen habe ich einen Zettel, dass ich zuhause bin, auf meinen Gästebett hinterlassen und bin schließlich gegangen.
Dort habe ich bis zum Morgengrauen geschlafen. Mein Körper hatte es auch dringend nötig.

Mit müden Augen schlage ich meine Bettdecke bei Seite. Den Blick in den Spiegel ignoriere ich gekonnt. Ich weiß auch so, wo meine Augenringe stehen.
Ich schmeiße mich in lockere Kleidung und gehe einen kurzen Moment später mit einer kalten Tasse Kaffee zum Sofa. Ich lasse meinen Kopf in den Nacken fallen und frage mich, warum meine Nacht so kurz war.
Draußen regnet es und der Himmel ist trüb, stelle ich nach einem kurzen Blick aus dem Fenster fest. Es scheint mir so, als würde sich ein Sturm ankündigen.

Ehe ich mich entspannen kann, klingelt plötzlich meine Haustüre. Kurz bin ich überrascht über diesen Ton, denn ich habe ihn schon ewig nicht mehr gehört. Seufzend stehe ich auf und laufe verwirrt in ihre Richtung. Wer klingelt so früh am Morgen an meine Haustüre?

Ich öffne sie und wäre beinahe zurück gestolpert.
Jess steht im Vordergrund und blickt mich mit einem so großem Lächeln an, dass in diesen Morgenstunden nicht normal sein kann.
Dahinter erkenne ich Jason, der mir mit undefinierbaren Gesichtsausdruck entgegenblickt.

"Hey, was macht ihr den hier?" frage ich sie überrascht und zwinge mir ein Lächeln auf die Lippen. Ein Krampf zieht sich meiner Wade entlang und ich versuche dabei mein Gesicht nicht zu verziehen, was mir unter den intensiven Blick von Jason ganz schön schwer fällt.

"Hey. Nunja.. ich war kurz draußen frische Luft schnappen, habe aber dabei nicht bemerkt, dass Jason ebenfalls draußen war. Kurz gesagt; wir haben uns leider ausgesperrt."

Ich unterdrücke mir ein genervtes schnauben und öffne stattdessen die Türe ein Stück weit. Mit einer auffordernden Geste bitte ich meine unerwünschten Gäste hinein. Jess schenkt mir eine dankbare Umarmung. Jason dagegen scheint wieder normal geworden zu sein und betritt das Haus, ohne mich eines Blickes zu würdigen.

Unbeabsichtigt laut schlage ich die Haustüre zu und erblicke im Augenwinkel Jasons Grübchen, die nur erscheinen, wenn er grinst. Genervt schüttle ich den Kopf. Er muss Stimmungsschwankungen haben.
Ich versuche Jason zu ignorieren und führe die beiden stattdessen in mein Wohnzimmer.

"Wo sind denn deine Eltern?", fragt Jess.
Ich zucke mit den Schultern und versuche keine Regung zu zeigen. Stattdessen suche ich in meinen Gedanken nach einer logischen Ausrede.
„Sie.. sind arbeiten, sind beide nicht oft zuhause", antworte ich. Diese Lüge kommt mir leicht über die Lippen, so oft musste ich sie schon aussprechen.
Ohne meinen Blick auch nur zu Jason zu wenden, weiß ich, dass er mich mustert.
Und dabei scheint er etwas in meinem Gesicht zu suchen. Doch ich halte mich verschlossen.

„Macht es euch bequem", sage ich gedehnt und deute auf mein großes Sofa. Es ist ungewohnt Besuch zu haben, stelle ich fest.
Beide folgen meiner Anweisung.

„Ich rufe den Schlüsseldienst an. Unsere Eltern kommen erst nächste Woche wieder nach Hause", meint Jess. Sie greift nach ihrem Handy in der Hosentasche und verschwindet im Nebenraum.

Als ich ihr hinterher blicke, fällt mir wieder das Gespräch ein, dass ich gestern belauscht hatte. Ich frage mich, über was sie wohl geredet haben. Und gleichzeitig bin ich mir nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen will.
Ich schüttle meine Gedanken ab.

Die Tatsache, dass ich jetzt mit Jason alleine bin, versuche ich nicht zu beachten. Ich spüre seinen Blick auf mir und ich kann irgendwann nicht anders, als zurück zu schauen.

„Danke für deine Gastfreundschaft, Skychen", meint er. Ich schnaufe genervt auf. Er ist wieder ganz der alte. Beinahe vermisse ich den Jason von gestern Abend und ich frage mich, ob seine andere Seite wiederkommen würde, wenn ich ihn noch einmal schlagen würde. Ich versuche mir bei diesem Gedanken mein Grinsen zu unterdrücken.

„Witzig", gebe ich tonlos von mir, nachdem ich mir fest auf die Innenseite meiner Wange gebissen habe, um diesen Gedanken zu vertreiben.

Ich atme einmal tief durch um mich von ihm abzulenken. Der Regen klingt beruhigend in meine Ohren und ich versuche mich darauf zu konzentrieren. Im Hintergrund höre ich Jess ihre Stimme gedämpft vom Nebenraum.
Nach einer kurzen Zeit, kann ich nicht anders als zu ihm zu schauen. Seine Augen sind auf dem Tisch gerichtet. Ich nehme mir einen kleinen Moment, um in anzusehen. Sein Haar liegt pechschwarz auf seinem Kopf und seine Ellenbogen sind auf seine Knie gestürzt. Ich folge seinem Blick und erkenne was er anschaut. Mutter's Tagebuch liegt auf dem Tisch.

Ich sollte mal wieder darin lesen, denke ich mir. Der Einband sieht etwas abgenutzt aus. Ich schaue wieder Jason an, in dessen Gesicht sehe ich nun Neugierde aufblitzen. Und kaum später streckt er seine Hand aus, um nach dem Buch zu greifen. Erschrocken springe ich auf und nehme es an mich.
„Geht dich nichts an", brumme ich, ehe ich das Buch hinter eines der Kissen stecke, dass auf meinen Teil des Sofas liegt.
Seinen brennend Blick ignorierend.







Hoff euch hat das Kapi gefallen

*M.

Wolfsmond - Wolf der LegendeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt