Quid pro quo

431 30 16
                                    


Annabella's POV:

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war der fade Nachgeschmack des letzten Tages nicht verschwunden. Im Gegenteil, mir wurde erst jetzt deutlich, was ich getan hatte. Mir wurde klar, wofür ich mich da entschieden hatte und mit was ich nun zu leben hatte. Mein Zimmer war in dunkles Licht getaucht, der Regen prasselte gegen mein Fenster und in der Ferne war Donner zu hören. Am liebsten wollte ich mich nicht einmal bewegen, nicht einmal atmen, aber so lief das nicht. Ich setzte mich auf und sah mich um. Mein Bett stand immer noch an der gleichen Stelle, mein Make-up war aufgeräumt, meine Kleidung zusammengefaltet und alles sah so aus wie immer, mit dem feinen Unterschied, dass ich mit dem gestrigen Tag alles verändert hatte.

Mit einem kurzen Blick auf mein Smartphone machte ich es nicht besser. 17 Anrufe in Abwesenheit, 8 neue Nachrichten. Einige von Louis und Niall, viele davon von Calum, doch die meisten waren von Zayn. Ich wusste bereits worum es ging. Jeder von ihnen wollte wissen, ob es war ist. Die Pressekonferenz war mittlerweile längst öffentlich geworden und jetzt wollten sie wissen, was das sollte. Ich entschied mich dagegen sie zurückzurufen oder auf eine der Nachrichten zu antworten. Stattdessen stand ich auf, zog mir schwarze Slacks an, eine weiße Bluse dazu und machte eine Kette um meinen Hals. Ich bürstete meine Haare, steckte sie zusammen und das Make-up erledigte den Rest.

Als ich in den Spiel sah, sah ich mir in die Augen. In dieses blasse braun, leblos. Ich sah aus, als würde ich ein Meeting haben und so musste es sein. Keine Sweater mehr oder Jogginghosen, nur noch Anzüge und Kleider. In diesem Aufzug ging ich nach unten, machte mir einen Kaffee und setzte mich an den Tisch. Jetzt wäre eigentlich der Moment, in dem Calum zur Tür reinplatze und mir einen Blaubeermuffin in die Hand drückte. Er hätte mir gesagt, dass ich aufhören solle so ein Gesicht zu ziehen und hätte einen Schluck von meinem Kaffee genommen, mit der Betonung, dass der viel zu stark für ihn sei. Ich hätte gelacht und mich bei ihm dafür bedankt, dass er mich aufgeheitert hatte, wieder einmal. Die Erinnerung daran tief mir eine Träne in die Augen.

"Annabella", dumpf vernahm ich die Stimme meines Vaters und sah auf. Seit langer Zeit war das das erste Mal, dass ich ihn außerhalb seines Büros oder eines Meetings sah. "Emilio holt dich um 12.00 Uhr zum Mittagessen ab, sei pünktlich." Ich widersprach nicht, machte keine Bemerkung, zuckte nicht einmal. Ich nickte einfach nur und kurz bevor mein Vater aus der Tür verschwand drehte er sich zu mir. "Du hast dich richtig entschieden", seine Stimme war tief. Und dann sagte er die Worte, die ich mir seit so langer Zeit geträumt hatte zu hören: "Ich bin stolz auf dich." Damit verschwand er und ließ mich zurück.

Ich bin stolz auf dich. Es hallte in meinen Ohren und ich versuchte zu lächeln, aber es gelang mir nicht. So lange wollte ich nichts anderes hören außer dieser Worte und nun? Nun hatte ich sie gehört und das Gefühl war nicht annähernd so, wie ich es erwartet hatte. Es war nicht so, dass ich an seiner Ernsthaftigkeit zweifelte, im Gegenteil. Aber ich dachte, wenn er jemals diese Wort zu mir sagte, würde mein Herz beginnen zu blühen und ich könnte mir ein zwei Stunden anhaltendes Grinsen nicht verkneifen. Doch stattdessen saß ich nun hier, allein im Speisesaal und schämte mich. Ich schämte mich dafür, dass ich es erst jetzt geschafft hatte ihm diese Worte zu entlocken. Erst nach dem ich alles was mir wichtig war aufgegeben hatte. Diese Moment hatte ich mir immer perfekt vorgestellt, doch das war er nicht. Er war genauso wenig perfekt wie alles andere hier.

Die Zeit bis zu meinem Essen mit Emilio verbrachte ich, in dem ich dem Regen beim Fallen zu sah. Wie die Wolken losließen und der Regen frei war, fallen konnte wohin er wollte. Ich dachte nicht darüber nach; weder über das Essen mit Emilio, noch über die ständig eingehenden Anrufe. Ich sah einfach nur aus dem Fenster, sah dem Regen beim Fallen zu und dachte an nichts. Kurz vor 12.00 Uhr rief mich James, einer der Hausangestellten, und ich ging nach unten. Das erste was ich sah, war Emilio und mein Vater, wie sie sich angeheitert über ein Thema unterhielten, welches mich vermutlich nicht im geringsten Interessierte. Trotz allem ging ich mit einem Lächeln zu ihnen und heuchelte Interesse. Sie unterhielten sich über Politik, worüber auch sonst.

Gerade als wir gehen wollten und nach dem mein Vater uns viel Spaß gewünscht hatte, hörte ich seine Stimme. "Bel?" Dieses flehende und erstickende zugleich. "Zayn?" Mein Herz begann wie wild zu klopfen, ich wusste nicht wie mir geschah. Er stand vor mir, Zayn Malik. Der Mann, der die letzten Wochen zu den schönsten meines Lebens gemacht hatte. Ein kleines, unbewusstes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und gerade als ich den Mund aufmachen wollte, hörte ich die Stimme meines Vaters hinter mir. "Was wollen Sie denn hier?" Seine Frage war an Zayn gerichtet, der zwar darauf antwortete, jedoch nicht ohne seinen Blick von mir zu lassen. "Ich wollte mit Bel reden." "Annabella", verbesserte er und ich konnte deutlich hören, wie grimmig sein Blick sein musste.

"War das dein Ernst? Hast du ernst gemeint, was du da gesagt hast? Das die letzten Wochen nur eine kindische Dummheit waren." Sein Blick durchbohrte mich und ich konnte dieses Gefühl in mir nicht beschreiben. Ich konnte mich nicht rühren, mein Mund stand offen, doch es kam kein Ton heraus. "Annabella, sei nicht unhöflich und beantworte seine Frage", tadelte mich mein Vater mit einem gewissen Unterton. Mein Arm war bei Emilio eingehackt und Zayn starrte mich immer noch durchdringend und eine Antwort erwartet an. Auch wenn ich jetzt hätte alles sagen könnten, hatte ich meine Entscheidung bereits getroffen. Meine Augen blickten ihn an, sahen beinahe durch ihn hindurch, meine Haltung war gerade und ich ließ keine Emotion zum Vorschein kommen. "Ja. Die letzten Wochen waren eine Dummheit. Ich bereue alles, was währenddessen passiert ist und werde darauf achten, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt. Mein Platz, meine Bestimmung, ist hier. Im weißen Haus, bei meinem Vater und bei Emilio. Das ist mein Leben, das bin ich."

Kaum hatte ich ausgesprochen veränderte sich sein Blick schlagartig. Von flehend zu vollkommen fassungslos. "Das bist du? Seit wann?" "Schon immer." Keine Emotion, keine Reaktion. Innerlich betete ich zu Gott, dass das alles ein Ende fand und Zayn endlich verschwand, doch äußerlich bewarte ich Fassung und ließ es so aussehen, als würde mir all das nichts bedeuten. "Das kann unmöglich dein Ernst sein." Wieder war sein Blick flehend. Flehend ehrlich zu mir selbst zu sein, doch ich reagierte nicht. Stattdessen übernahm mein Vater "Sie haben meine Tochter gehört und nun halte ich es für besser, wenn Sie gehen. Ich würde nur ungern den Sicherheitsdienst rufen wollen." Zayn's Blick wanderte von mir, zu meinem Vater und wieder zu mir. "Ist das auch dein Wunsch. Das ich verschwinde? Das die letzten Wochen am besten nie passiert wären?" Ich zögerte keine Sekunde, es kam wie ein Reflex. "Ja!" Für eine Sekunde sah ich in seinen Augen, wie verletzt er war, dann nickte er. "Wenn das so ist, tut mir leid, dass ich gestört habe." Das waren seine letzten Worte, bevor er verschwand.

Noch einen kurzen Moment lag der Duft seines Aftershaves in der Luft, welcher dann verflog. "Loser", murmelte Emilio und grinste in meine Richtung. Mein Herz sagte mir, ich solle meinen Mund aufreißen und Zayn hinterherrennen. Allerdings hatte ich vor langer Zeit aufgehört auf mein Herz zu hören und so blieb ich still, schenke Emilio ein leichtes Lächeln und wir gingen zu der Limousine. Emilio redete die ganze Zeit, ich nickte hin und wieder und lächelte, hatte jedoch nicht eine Sekunde lang zugehört. Vermutlich redete er über die Politik in unserem Land, was für ein toller Präsident mein Vater war oder dass er sich nächstes Mal auch als Kandidat aufstellen lassen wollte.

Im Grunde war es auch vollkommen egal worüber er redete oder worüber ich redete, es war eine reine Höflichkeit sich zu unterhalten, das wussten wir beide. Im Grunde saß ich nur hier, weil ich es musste und es meine Pflicht war. Und er war nur hier, weil er sich bei meinem Vater einschleimen wollte. Quid pro quo, so einfach war das. Im Hinterkopf dachte ich an die zweite Realität. An das was passiert wäre, wenn mein letztes Wort zu Zayn ein "Nein" gewesen wäre. Ob wir beide für immer glücklich gewesen wären, ob mein Vater mich für immer gehasst hätte. Etwas, was ich niemals erfahren sollte. Ich wusste, dass meine Entscheidung richtig war. Es war richtig sich für die Familie zu entscheiden. Es war richtig Zayn wegzustoßen. Es war richtig hier mit Emilio zu sitzen. Das hoffte ich zumindest.



------------------------------

Auch hier seit 3 Monaten kein Update mehr, was mir unheimlich leid tut! Ich hoffe trotzdem, dass noch einige von euch weiterlesen und vor allem dass euch das neue Kapitel gefällt! Ein Feedback wäre wie immer toll:) Widmung geht an  "Di_Lara" :) Bis dahin, xx

--Bild vom Regen

*Jule*




Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 11, 2015 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

President's Daughter || z.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt