31 | Ein neuer Versuch

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Sie mussten nur eine weitere Stunde warten, dann hörten sie ein Auto über die sandige Straße rollen

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Sie mussten nur eine weitere Stunde warten, dann hörten sie ein Auto über die sandige Straße rollen. Es bedurfte keiner Worte zwischen ihnen. Augenblicklich packten sie ihre Rucksäcke und schlichen sich zum Fenster, von wo aus sie die Straße unbemerkt beobachten konnten.

»Und was meinst du? Familie?«

Arvid neben ihr zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ist ja nicht so, als hätten sie Dienstwagen, auf denen ihre Namen stehen.«

Lucy nickte grimmig. Sie konnten nicht wissen, mit wem sie es zu tun hatten, bis sie die Person sprachen. Zu ihrer Überraschung fuhr das Auto an der Holzfabrik, in der sie sich versteckten, vorbei und weiter zu dem alten Fabrikgelände. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit.

»Wenn das Marias Vorgesetzter wäre, müsste er dann nicht hierher kommen? Das GPS der Uhr würde ihn ja zu uns bringen«, formulierte sie ihre Sorge.

Arvid legte den Kopf schräg. »Durchaus richtig. Aber vielleicht hat das Signal ihm die Position übertragen, wo sie war, als ihr Herzschlag aufhörte? Vielleicht fährt er erstmal dahin, wäre ja nicht völlig abwegig.«

»Ugh. Ich habe so ein schlechtes Gefühl bei der Sache.« Sie konnte sich nicht helfen, alles in ihr schrie danach, in die entgegengesetzte Richtung zu laufen. Doch das würde sie nicht weiterbringen.

»Komm. Wir sind einfach doppelt vorsichtig, okay? Halt einfach die Waffe bereit.«

Lucy nickte. Sie hatten keine andere Wahl. Die Waffe in ihrer Hand gab ihr leider nicht das erhoffte Gefühl von Sicherheit, im Gegenteil. Es bereitete ihr Übelkeit, sie wieder zu halten, aber sie zwang sich, das zu ignorieren. Sie brauchten diese Absicherung.

***


»Stopp! Keine Bewegung!« Arvids Stimme klang laut und klar vom Gang zu dem Mann, der am Wanddurchbruch auf dem Boden kauerte.

Sie hatten es tatsächlich geschafft, sich geräuschlos zu nähern und so den hochgewachsenen Mann mit weißen Haaren mehrere Minuten beobachten können, wie er die drei Leichen inspizierte. Seine besondere Aufmerksamkeit galt Maria, doch auf die Entfernung konnten sie nicht abschätzen, was genau er tat.

Jetzt stand Lucy mit der Waffe in der Hand, innerlich zitternd, aber äußerlich um Fassung bemüht, nur drei Meter von dem Mann entfernt und zielte auf ihn. Der Angesprochene war bei Arvids Ansage deutlich zusammengezuckt und hatte sich mit für sein Alter erstaunlicher Geschwindigkeit aufgerichtet und umgedreht.

»Wer auch immer Sie sind, entweder Sie erschießen mich jetzt hier auf der Stelle, oder ich muss annehmen, dass Ihre Waffe nur ein Bluff ist.« Die deutlich vom Alter gezeichnete Stimme des Mannes klang erstaunlich selbstbewusst dafür, dass er sich gerade am anderen Ende einer Pistole wiederfand.

»Wir nehmen die Waffe nicht runter, bis Sie uns ein paar Fragen beantwortet haben«, gab Arvid ebenso ruhig zurück.

Der Mann nickte bloß und deutete auf den Stapel Steine, auf dem wenige Stunden zuvor Maria gesessen hatte. »Kann ich mich wenigstens setzen? Diese Knochen sind nicht, was sie mal waren.«

Mitternachtsspaziergang | ONC 2024Where stories live. Discover now