9 | Überwachung

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»Okay, hier ist mein Laptop

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»Okay, hier ist mein Laptop. Mal sehen, ob was auffällt.« Lucinda ließ sich neben ihm auf das Sofa fallen und öffnete den Laptop. »Gib mir einen Moment, das alte Ding ist nicht mehr das schnellste.«

Arvid nickte bloß. Er bezweifelte, dass eine Überwachungskamera irgendwelche Aufschlüsse darüber geben würde, ob das Haus unter Beobachtung stand. Seine Familie war klüger, als sich von diesen offensichtlichen Kameras sehen zu lassen. Er musste zwar zugeben, dass er selbst keine bemerkt hatte, aber zu seiner Verteidigung musste man sagen, dass er das Haus nur in der Nacht von außen gesehen hatte, während er halb bewusstlos ausblutete.

Mit geübten Fingerbewegungen manövrierte Lucinda neben ihm zu einem Programm, das nach einigem Ruckeln ein erstaunlich scharfes Bild von ihrem Vorgarten lieferte. Er beugte sich näher zu ihr, um einen genaueren Blick darauf werfen zu können, winkte dann aber schnell ab. »Hier sieht man nur deinen Garten und ein Stück vom Weg. Die werden sich kaum in deiner Hecke verstecken.«

»Geduld, oh Ungläubiger, Geduld.« Ein freches Grinsen huschte über ihre Lippen, ehe sie eine Taste drückte und das Bild wechselte. »Ist das besser?«

Überrascht schaute Arvid auf den Bildschirm. Dieses Video musste von einer gänzlich anderen Kamera kommen, denn es zeigte zwar immer noch den Vorgarten, aber der Winkel war deutlich höher und erfasste damit einen erstaunlich großen Teil der Straße und der gegenüber liegenden Häuser. Wie zuvor war die Aufnahme erstaunlich scharf. Er konnte beinahe den Namen auf dem Klingelschild des Hauses direkt gegenüber lesen.

Stirnrunzelnd blickte er Lucinda an. »Das scheint mir nicht ganz gesetzeskonform.«

Kopfschüttelnd lachte sie. »Ernsthaft? Du willst mir hier was vom Gesetz erzählen?«

»Ich beschwere mich nicht. Bin nur verwirrt, warum jemand wie du so eindeutig das Gesetz bricht.« Nachdenklich wanderte sein Blick wieder auf den Bildschirm. »Und warum noch keiner protestiert hat. Die Gegend hier erscheint mir eine Hochburg von guten deutschen Bürgern zu sein, die sich gegenseitig auf die Einhaltung auch der aller dümmsten Regulierungen überwachen.«

Während sie weiter in das Bild reinzoomte, zuckte Lucinda nur mit den Schultern. »Ich bezweifle, dass irgendjemand diese Kameras sieht.«

Konzentriert inspizierte sie jedes Haus, das die Kamera erfasste. Das Video war live und zeigte hier und da einen Fußgänger oder ein Auto, das vorbeikam, und trotzdem konnte sie bei gleichbleibender Bildschärfe reinzoomen. Das ungute Gefühl von vorher stieg wieder in Arvid hoch. Eine nicht sichtbare Kamera, die solche Bilder lieferte und sich so gut bedienen ließ? Das war nichts, was einfache Leute mal eben bei sich installierten.

Während ihr Blick auf dem Laptop lag, musterte er Lucinda genauer. Sie hatte den Morgenmantel gegen ein dunkelgrünes Tanktop und enge schwarze Jeans getauscht. Ihre bloßen Oberarme zeigten Muskeln, die auf regelmäßiges Training hindeuteten. Sie war nicht schlank, das war ihm schon in der Nacht aufgefallen, aber jetzt wurde ihm klar, dass ihr Körper muskulös war.

»Was machst du eigentlich beruflich?« Er hoffte, dass sein Tonfall neutral klang, als wollte er nur Smalltalk machen, während sie das Video anschaute.

Ohne aufzuschauen antwortete sie: »Ich arbeite beim Tierarzt. Bin aber noch in Ausbildung.«

Nachdenklich rieb er sich über sein Kinn. Arbeit mit Tieren erforderte eine gewisse Kraft, das konnte er sich vorstellen. Aber das, was er bisher von ihrem Körper zu sehen bekommen hatte, deutete auf mehr hin. Irgendetwas verheimlichte sie vor ihm, dessen war er sich jetzt sicher. Die Frage war nur, ob dieses Irgendetwas ihm gefährlich werden konnte. Wenn sie rausfand, wer er wirklich war, würde sie sich dann plötzlich als Gegnerin entpuppen?

»Ich kann hier nichts finden«, murmelte Lucinda leise, beinahe zu sich selbst. Sie klang frustriert. »Lass mich die anderen checken.«

Wieder tippte sie auf eine Taste und das Bild wechselte. Jetzt konnte Arvid die Seite der Straße sehen, auf der Lucindas Haus stand. Das bedeutete, dass die Kamera irgendwo an einem Haus auf der anderen Straßenseite angebracht sein musste. »Das ist jetzt aber wirklich illegal.«

Ihr grauen Augen schauten funkelnd zu ihm auf. »Hast du Angst, bei einer Verbrecherin auf dem Sofa zu sitzen?«

Ihr Tonfall klang spielerisch, aber da lag etwas in ihren Augen, als ob sie auf der Hut war. Wachsam. Defensiv. Er leckte sich über die Lippen. »Ich glaube, von uns beiden bin immer noch ich die größere Gefahr«, gab er ebenso locker zurück.

Sie zog eine Augenbraue hoch und hielt seinen Blick gefangen. Er könnte versinken in dem Grau ihrer Augen. So direkt neben ihr, Schulter an Schulter auf dem Sofa, konnte er den leichten Duft riechen, der von ihr ausging. Etwas Frisches, wie Gras oder Minze. Es passte zu ihr, so gar nicht süßlich oder aufdringlich.

Blinzelnd bemerkte er, dass er sie immer noch anstarrte. Von einer plötzlichen, unerklärlichen Anspannung ergriffen leckte er sich erneut über die Lippen. Und dieses Mal erwischte er sie dabei, wie ihr Blick der Bewegung folgte. Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber sie hatte auf seine Lippen geschaut.

Hitze breitete sich in ihm aus, während er bemerkte, dass ihr Blick schon lange nicht mehr so abweisend wirkte. Stattdessen war da jetzt etwas Abwartendes, als wäre sie neugierig auf seinen nächsten Schritt. Es wäre so einfach, die wenigen Zentimeter zu überbrücken und einen Kuss zu stehlen.

Räuspernd rückte er ein Stück von ihr ab und sah zurück auf das Video. Was hatte Lucinda nur an sich, dass seine Gedanken in ihrer Gegenwart immer sofort in eine Richtung zu gehen schienen? Gestern Abend hatte er das noch auf seine verwundbare Gesamtsituation schieben können, aber heute zählte die Ausrede nicht mehr.

So wenig er Lucy auch kannte und so sehr er all den seltsamen Dingen, die sie tat und sagte, auch misstraute, eines musste er sich eingestehen: Sie war verdammt noch mal genau sein Typ. Vielleicht war es auch gerade die Tatsache, dass da das Potential von Gefahr in der Luft lag.

»Kannst du hier irgendwas sehen?« Arvid hörte selbst, wie dunkel seine Stimme klang. So gar nicht nach ihm selbst.

Als wäre nichts geschehen, wanderten Lucindas Finger wieder über das Touchpad und zoomten in die Videoübertragung rein. »Hier scheint es ebenso still zu sein wie drüben. Aber ich hab noch ein paar andere Kameras, die andere Perspektiven zeigen. Gib mir einen Moment.«

Arvid nickte, ehe er sich erhob und zurück in die Küche ging, um sich noch einen Becher Kaffee zu holen. Gestern hatte Lucy so gewirkt, als würde sie gegen einen Kuss nichts einwenden, aber das hieß nicht, dass sie heute, nach einer anständigen Portion Schlaf und genug Zeit, die Situation zu überdenken, immer noch so fühlte. Er musste sich unter Kontrolle kriegen.

Er war auf der Flucht vor seiner Familie und hatte eine unbescholtene Zivilistin reingezogen, die ihm jetzt Hilfe anbot. Sein einziges Ziel sollte es sein, das Haus so schnell und ungesehen wie möglich zu verlassen und damit auch Lucinda wieder aus der Schusslinie zu bringen. Alles andere wäre fahrlässig und dumm.



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