Kapitel 69

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Je näher wir der Großen Halle kamen, um so nervöser wurde ich. Was würde mich hinter den Türen erwarten? Was wäre das Schlimmste, das ich sehen könnte? Ich wollte es mir nicht ausmalen.

Vor der Tür blieb ich nochmal stehen, sodass Draco sich zu mir umdrehte. Ich atmete tief durch und sammelte meine letzten Kräfte zusammen. Der Blonde hielt mir die Hand hin, doch ich griff nicht danach. Ich wollte nicht, dass er merkte, wie schwitzig meine Hände waren.

Vorsichtig und langsam drückte ich die schwere Tür auf und trat hinein. Überall saßen oder standen kleine Grüppchen der unterschiedlichsten Hexen und Zauberer. Viele waren verletzt, einige mehr als andere.

Ich beobachtete, wie Daphne Brandon um den Hals fiel und zu weinen begann. Brandons linke Gesichtshälfte war beinahe vollständig mit Brandblasen übersät. Trotzdem lächelte er und strich seiner Freundin beruhigend über den Rücken. Daphne schien weitestgehend unverletzt. Nur das eine Hosenbein war zerrissen.

Mein Blick wanderte weiter und ich sah Blaise auf einem Tisch sitzen. Er hatte die Füße auf der Bank vor sich abgestellt und stützte die Arme auf den Knien ab. Wie erstarrt saß er da und beobachtete Madame Pomfrey. Sie hatte sich zu einem Jungen hinuntergebeugt, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte. Sein Bein stand in einem unnatürlichen Winkel von seinem Körper ab und zuckte leicht.

Ich wandte den Blick ab und musste schlucken, als ich im hinteren Teil der Halle eine Ansammlung von Rothaarigen entdeckte. Um sie herum lagen einige Decken oder andere Stoffe über leblosen Körpern. Mit langsamen Schritten lief ich auf sie zu, bis ich einen weiteren Weasley zu ihren Füßen liegen sah.

Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen und ich hielt die Luft an. Ich konnte nicht sagen, ob es Fred oder George war, aber das würde keinen Unterschied machen. Es war schrecklich. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es werden würde, wenn die Zwillinge getrennt voneinander waren; egal, welcher der beiden es war. Es tat weh. So weh, dass meine Beine unkontrollierbar zu zittern begannen.

Ich knickte zur Seite und sofort war Draco da. Sein Arm schloss sich um mich und hielt mich aufrecht. Tränen quollen aus meinen Augen. Meine Gefühle überrannten mich und ich konnte nichts dagegen tun.

Zu lange hatte ich gehofft, dass die Menschen, die ich liebte, verschont blieben. Dass ihnen niemand etwas anhaben konnte. Wie dumm und naiv das doch gewesen ist. Das hier war Krieg. Und Krieg war niemals schön. Er verlangte immer Opfer. Und dieser hier verlangte so viele Opfer.

Ich wollte nicht wissen, wer hier lag und heute Nacht noch sein Leben gelassen hatte. Zu groß war meine Angst, dass Neville unter ihnen sein konnte. Der Gedanke an den Gryffindor verstärkte meine Tränen und ich drehte mich in Dracos Armen. Mein Gesicht vergrub sich an seiner Schulter, während er nur überfordert da stehen konnte.

Irgendwann hob er mich vorsichtig hoch und bugsierte mich zu einem der Tische. Zaghaft schob er mich darauf und ich setzte mich hin. Er blieb die ganze Zeit an meiner Seite und hatte seinen Arm um meine Schultern gelegt.

Schniefend wischte ich mir über die Wangen und versuchte, durch tiefes ein- und ausatmen ruhiger zu werden. Es war noch nicht vorbei. Dafür war die Stimmung zu angespannt.

Automatisch wanderte mein Blick wieder zu den Zwillingen. „Es tut mir leid", flüsterte Draco und drückte mich erneut an sich. Ich konnte nichts sagen. Immer wieder klangen Freds Worte ‚Keine Sorge, wir sehen uns wieder' in meinen Gedanken nach.

Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie zwei Gestalten eine weitere Leiche hineintrugen. Sofort senkte ich den Blick. Ich wollte nicht noch mehr Tote sehen. Wenn es noch einer meiner Freunde wäre, würde ich das nicht ertragen können.

Sie hatten gekämpft und sie hatten verloren. War es das wirklich wert? War es Voldemort diese ganzen Leichen wirklich wert? Nur damit man ihm Harry aushändigte? Ich hatte seine Beweggründe noch nie verstanden.

Lucinda - The Mask of a SlytherinOn viuen les histories. Descobreix ara