Kapitel 63

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Bis spät in die Nacht bin ich gestern im Schulleiterbüro gewesen und dementsprechend müde schlurfte ich heute Morgen durch die Kerker.

Snape war kein besonders guter Lehrer, wenn er keiner exakten Zubereitung eines Zaubertrankes folgen konnte. Der Abend endete damit, dass wir beide genervt voneinander waren und weitere Versuche auf meine nächste Zusatzstunde verschoben. Snape störte es, dass ich keine Fortschritte machte und mich störte, dass er mir meine Fragen nicht vernünftig beantworten konnte.

Ich kam gerade aus der Küche, in der ich mir ein kleines Frühstück servieren ließ. Obwohl ich Neville heute zwangsläufig unter die Augen treten musste, weil wir gemeinsamen Unterricht hatten, wollte ich es so lange wie möglich vor mir herschieben.

Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Ob er wusste, dass seine Worte mich verletzt hatten? Ob er sich genauso viele Gedanken darum machte wie ich? Oder war es ihm egal?

Ich war so in meinen Gedanken versunken, dass ich die Person, die mir aus dem Gemeinschaftsraum entgegenhechtete, zu spät bemerkte und mit ihr zusammenstieß. Sie verlor das Gleichgewicht und zog mich mit sich zu Boden.

„Autsch, pass doch auf wo du hinläufst", schimpfte Millicent und rieb sich den Ellbogen.

„Pass doch selber auf", gab ich genervt zurück und stemmte mich hoch.

„Mist, Mist, Mist", murmelte die Dunkelhaarige vor sich hin und sammelte ihre wenigen Schulsachen zusammen.

„Wo willst du überhaupt so schnell hin?" fragte ich verwirrt, aber half ihr die letzten Blätter aufzuheben. Hektisch schnappte Millicent mir ihre Aufzeichnungen aus der Hand und stopfte sie in ihre Tasche.

„Wir haben Muggelkunde", erklärte sie gehetzt und stolperte den Gang entlang, „Wie kannst du so entspannt sein? Wir sind viel zu spät dran."

„Ich habe kein Muggelkunde", meinte ich und zuckte mit den Schultern.

„Bist du wahnsinnig? Dieses Jahr ist das Pflicht", rief Millicent und schüttelte über meine Unwissenheit den Kopf. „Die anderen werden nicht erfreut sein, wenn wir wegen dir Punkte verlieren." Und damit war ihre breite Gestalt um die nächste Ecke verschwunden.

Für einen Moment starrte ich ihr verwirrt hinterher, aber dann fiel mir das Gespräch mit Blaise ein. Er hatte sich genauso darüber gewundert, dass Muggelkunde zum Pflichtfach geworden war, wie ich. Wo war ich nur mit meinen Gedanken? Wie hatte ich das vergessen können?

Wie von der Acromantula gestochen rannte ich in unseren Schlafsaal, schnappte meine Tasche und flitzte wieder hinaus. Ich war noch immer nicht die Sportlichste, aber ich konnte deutlich schneller rennen als Millicent.

Gerade, als sie an die Tür zu unserem Klassenraum klopfte, kam ich mit schweren Schritten neben ihr zum Stehen. Kurz sah ich Sterne, doch nach einigem Blinzeln war meine Sicht wieder klar.

Ich sah vermutlich genauso schlimm aus wie Millicent, die sich mit hochrotem Kopf und nach Luft ringend auf einem ihrer Knie abstützte. Unter ihrem anderen Arm klemmte ihr halb geschlossener Rucksack.

Als die Tür geöffnet wurde, kam eine dickliche, kleine Hexe mit farblosem Gesicht zum Vorschein. Auf ihren Lippen lag ein schiefes Grinsen, welches mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Sie hatte denselben verrückten Schimmer in den Augen, der mich bei Bellatrix schon immer nervös machte.

„Bitte verzeihen Sie die Verspätung, wird nie wieder vorkommen", sagte ich höflich und drückte meine Hand in die rechte Seite, um etwas gegen die aufkeimenden Seitenstiche zu tun.

„Wie schön, dass wir sofort zwei Freiwillige gefunden haben, um zu demonstrieren, was geschieht, wenn ihr zu spät kommt oder gar nicht erst auftaucht."

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now