Kapitel 6

244 21 2
                                    

Mit einem mulmigen Gefühl verließ ich um viertel vor acht unseren Gemeinschaftsraum und machte mich auf den Weg in den siebten Stock. Daphne war heute auf einem Date und konnte daher keine Fragen stellen. Den anderen beiden Mädchen war es egal, ob ich da war oder eben nicht. Draco war beim Quidditch Training und so musste ich mich nur an Blaise vorbei schleichen.

Er war gerade in einen Aufsatz für Verteidigung gegen die dunklen Künste vertieft und bekam mein Verschwinden hoffentlich nicht mit. Auch wenn ich nicht dachte, dass er gleich mit Draco sprechen würde. Ich konnte schließlich einfach nochmal in die Bibliothek müssen und das würde meine Ausrede sein, falls jemand fragte.

Trotzdem schlich ich die Gänge entlang, immer darauf bedacht keinen Lärm zu machen oder einem Lehrer über den Weg zu laufen. Je näher ich dem siebten Stock kam, um so bedrückender wurde das Gefühl in meinem Magen. Gleich würde ich die Flut an Beschuldigungen über mich ergehen lassen müssen. Trotzdem war ich fest entschlossen ihnen zu beweisen, dass mehr in mir steckte, als die ganzen Vorurteile über Slytherins.

Im siebten Stock lief ich etwas ziellos durch die Gänge und hielt Ausschau nach einem Wandteppich auf dem Barnabas der Bekloppte zu sehen war. Ich kannte mich in diesem riesigen Schloss bei weitem noch nicht so gut aus und den Teppich hatte ich noch nie gesehen. Den Blick auf die Wände gerichtet, lief ich um eine Ecke und bemerkte den Geist erst, als er durch mich hindurch flog.

„Huch, wen haben wir denn da?" fragte er verwirrt und glitt zur Seite. Das komische nass trockene und kalte Gefühl spürte ich immer noch auf meiner Haut, auch wenn der fast kopflose Nick jetzt wieder neben mir schwebte. Erleichtert atmete ich aus, dass ich nur in einen Geist und nicht gegen einen Lehrer gelaufen war.

„Die kleine Miss Gaunt, richtig?" fragte der Geist weiter und lächelte freundlich. „Und Sie sind der fast kopflose Nick", erwiderte ich und rieb mir vorsichtig an den Arme auf und ab, um dieses seltsame Gefühl endlich wieder loszuwerden. „Ich bevorzuge Sir Nicholas", erklärte der Geist hochmütig und flog den Gang entlang, aus dem ich soeben gekommen war. „Pff", machte ich schnippisch und drehte mich auch zum gehen.

Dann fiel mir jedoch wieder ein, wonach ich suchte und dass ich keine Ahnung hatte wo es war. So ein Geist wird wohl schon Jahre, wenn nicht sogar Jahrhunderte hier herumgeistern. Er konnte mir bestimmt sagen, wo ich den Wandteppich fand und so drehte ich mich schwungvoll wieder um. „Sir Nicholas, warten Sie", rief ich und hechtete ihm nach. „Ja?" Weit war er nicht gekommen und so reichten drei große Schritte, um wieder vor ihm zu stehen.

„Wissen Sie wo ich den Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten finde?" fragte ich höflich und versuchte so unschuldig, wie möglich auszusehen. „Natürlich, dort hinten links und dann die nächste rechts." Sir Nicholas wies den Gang entlang, den ich gerade laufen wollte. „Danke, schönen Abend noch", verabschiedete ich mich und ging mit schnellen Schritten davon, bevor er fragen konnte, warum ich dahin wollte.

Ich folgte der Wegbeschreibung des Geistes und stand kurz darauf wirklich vor besagtem Wandteppich. Genervt sah ich mich um. Hier war nichts, außer dieser dumme Wandteppich auf dem Barnabas die ganze Zeit versuchte Trollen Ballett beizubringen.

Gerade als ich das Ganze für einen Witz halten und mich genervt zurück in den Gemeinschaftsraum begeben wollte, zeichneten sich plötzlich an der gegenüberliegenden Wand die Umrisse einer Tür ab. Sie wurde immer deutlicher und deutlicher, bis die Türklinke mit einem leisten Klack vorsprang. Ich warf noch einen Kontrollblick nach links und rechts, bevor ich die Tür öffnete und hin durchschlüpfte.

Der Raum dahinter war größer, als ich erwartet hatte. Er wurde von lodernden Fackeln beleuchtet, wie man sie in den Kerkern fand. An den Wänden zogen sich hölzerne Bücherschränke entlang und auf dem Boden befanden sich große Seidenkissen, in denen es sich die anderen Mitglieder schon gemütlich gemacht hatten. Mit vorsichtigen Schritten ging ich auf die Gruppe zu, die sich ausgelassen unterhielten.

Lucinda - The Mask of a SlytherinDonde viven las historias. Descúbrelo ahora