Kapitel 49

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Draco war am nächsten Morgen nicht beim Frühstück in der Großen Halle aufgetaucht. Dabei wollte ich mich doch eigentlich bei ihm entschuldigen. Ich hatte es gestern auf die Spitze getrieben und er hält mich spätestens jetzt für komplett durchgedreht.

Da er auch nicht im Gemeinschaftsraum oder seinem Schlafsaal war, machte ich mich instinktiv auf den Weg zum Astronomieturm. Dort hatte ich ihn beim letzten Mal gefunden. Vielleicht hatte ich heute ebenfalls Glück.

Gedankenverloren folgte ich der Treppe nach oben, als ich eine bekannte Stimme hörte: „Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie viel Druck alleine du mit deinem Verhalten auf sie ausübst?"

Die Worte hallten aus dem Gang von der nächsten Etage zu mir hinunter. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich Neville jemals so aufgebracht gehört hatte. Verwirrt stieg ich die letzten Stufen hoch und folgte dem Klang seiner Stimme.

„Du hast doch keine Ahnung, was sie alles für dich tut, Malfoy."

Als ich seinen Namen hörte, beschleunigten sich meine Schritte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in mir aus. Hatte Snape recht und ich hätte Neville von der ganzen Sache nichts erzählen dürfen? Ich hatte sein Verständnis gewollt und nicht seine Hilfe. Also jedenfalls nicht so eine Hilfe.

„Stattdessen benimmst du dich unmöglich ihr gegenüber", schimpfte der Gryffindor weiter.

Je näher ich kam, umso mehr hoffte ich, dass Neville alleine war. Aber Dracos Antwort zerstörte diese Hoffnung.

„Was weißt du schon, Longbottom?" keifte er wütend. Hoffentlich hatte Neville noch nichts Konkreteres, als das, was ich bisher gehört hatte, erzählt.

„Anscheinend mehr als du. Vielleicht siehst du mal richtig hin, dann merkst du auch mal, dass Harry nicht aus Unfähigkeit gestolpert ist, sondern weil sie ihn geschubst hat oder dass..." „Neville!" Ich stolperte um die nächste Ecke und sah die beiden Jungen im Gang vor mir. Als sie meine Stimme hörten, wandten sie sich in meine Richtung.

Beide schienen angespannt, aber keiner so sehr, als dass er den Zauberstab in der Hand hielt. Lange konnten sie sich also noch nicht unterhalten haben.

Der Gryffindor senkte unter meinem wütenden Blick den Kopf und kratzte sich im Nacken. Draco starrte mich regungslos an.

„Was ich sagen will", begann Neville nochmal, dieses Mal war seine Stimme leiser und zurückhaltender, „Sie ist die einzige Freundin, die du noch hast, also verhalte dich ihr gegenüber auch so."

„Von dir lass ich mir nicht sagen, was ich zu tun habe", zischte Draco und wandte sich wieder an seinen Gesprächspartner. Dieser wollte erneut den Mund öffnen, doch ich konnte nicht riskieren, dass er noch mehr Dummheiten von sich gab.

„Neville, es reicht!" Er wusste, dass er Mist gebaut hatte. Sein Blick war weiterhin auf den steinernen Boden gerichtet, als er sich auf die Unterlippe biss und leicht nickte.

Draco schien jedes Mal, wenn ich ihn sah, blasser und seine Hände zitterten leicht, als er mit großen Schritten davon eilte. Er würdigte mich keines weiteren Blickes und nutzte wohl lieber die Chance zur Flucht aus dieser Situation.

Mit langsamen Schritten ging ich auf den Gryffindor zu. Ich erwartete, dass er ebenfalls davonlief, doch das tat er nicht. Als ich sicher sein konnte, dass Draco außer Hörweite war, griff ich Nevilles Kragen und zog ihn zu mir runter. Er schnappte erstaunt nach Luft und taumelte leicht.

„Spinnst du? Ich habe dir das im Vertrauen erzählt", schimpfte ich leise und drückte den Stoff weiter zusammen, sodass er sich um den Hals des Gryffindors zog.

„Soll ich etwa tatenlos zusehen, wie er dir weiter wehtut?" fragte er atemlos und sah mir beinahe ängstlich in die Augen. Erst jetzt realisierte ich, was ich gerade tat und ließ schlagartig von ihm ab. Er taumelte etwas zurück und holte tief Luft.

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now