Prolog

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Mein Vater war ein abscheulicher Mensch.

So was sollte man als Tochter normalerweise wohl nicht sagen. Bei anderen ist der eigene Vater ein Vorbild, ein Held, jemand bei dem man in Sicherheit ist. Bei mir nicht. Der Mann der mich großgezogen hatte, hat wohl alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er sich groß um mich geschert hätte.

Erst, als ich mit gerade mal fünf Jahren die ersten Ansätze meiner magischen Kräfte gezeigt hatte, schien er sich für mich zu interessieren. Ich bekam seinen alten Zauberstab und sollte einfache Zauber, wie Lumos oder Alohomora lernen. Andere hatten in meinem Alter draußen gespielt, doch ich nicht. Ich hatte in unserem Keller gehockt und versucht, die Zauber, zur Zufriedenheit meines Vater zu erlernen. Zu der Zeit wollte ich ihn um jeden Preis stolz machen.

Meine Mutter hatte sich dafür eingesetzt, dass ich das Lesen und Schreiben lernen würde. Mein Vater hatte das als unwichtige Kleinigkeiten angesehen, doch meine Mutter lies nicht locker. Als ich sieben Jahre alt wurde, hatte mein Vater endlich nachgegeben und ihr den späten Nachmittag überlassen. Jeden Tag hatte ich mich auf die Zeit gefreut, da der Unterricht bei meiner Mutter viel mehr Spaß machte, als der bei meinem Vater.

Wenn ich etwas nicht sofort konnte, wurde ich bestraft. Und die Strafen meines Vaters kamen buchstäblich aus dem Mittelalter. Es war so schlimm, dass ich mich schon gefreut hatte, nur mit der Feder einen Satz tausende Male schreiben zu müssen, der sich in meine Haut einritzen würde. Da kam ihm der Unterricht meiner Mutter dann doch zu Gute. Andere seiner Methoden waren, das Aufhängen an der Decke für mehrere Stunden oder, wenn es ganz schlimm war, kam der Gürtel oder der Cruciatus Fluch zu tragen. Noch heute trage ich viele Narben aus dieser Zeit an meinem Körper.

Er hatte mich gequält. Ich verstand nicht warum und tue es auch heute noch nicht. Warum tat man einem Kind so etwas an? Warum tat man seinem eigenen Kind so etwas an? Ich hatte mir wirklich Mühe gegeben, damit er stolz auf mich war, doch das war unmöglich. Hatte ich etwas zu seiner Zufriedenheit geschafft, kam die nächste, noch schwierigere Aufgabe und immer so weiter.

Eines Nachmittags hatte ich meine Mutter gefragt, wie sie so einen Mann heiraten konnte. Es war für mich unvorstellbar, dass es aus Liebe sein konnte. Von der Liebe hatte ich in Bücher gelesen, die Mum mir zur Übung gab. Meine Mutter erzählte mir, dass es noch vor ihrer Geburt beschlossen wurde und da sie reinblütig erzogen war, gehörte es sich so. Ihre Familie hätte sie verstoßen, hätte sie sich geweigert. In ihrer Schulzeit hatte sie davon noch nichts geahnt.

Sie war zwar eine Slytherin, wie ihre restliche Familie auch, doch sie hatte auch Freunde in anderen Häusern. Ihre damalige beste Freundin hatte sie in der Bibliothek kennen gelernt. Sie war eine Muggelgeborene aus Hufflepuff, aber das war meiner Mutter egal. Sie hatte sogar einige Ferien bei ihr verbringen dürfen. Ihre Schulzeit klang so sorglos und behütet.

Wahrscheinlich, weil mein Vater die Schule bereits abgeschlossen hatte, als sie eingeschult wurde. Sonst hätte er ihr wohl schon da, ganz viele Verhaltensmuster und Regeln aufgezwungen. Nach ihrem Abschluss musste sie dann heiraten und ihr Mann verbot jeglichen Umgang mit ihren alten Freunden. Zu der Zeit verstand ich einfach nicht, warum sie das mit sich machen ließ.

Erst als sie mir von meinem leiblichen Vater erzählte. Ich war nämlich gar nicht Kind meines Vaters. Ich war die Tochter eines Muggels, der einige Blocks entfernt von dem damaligen Wohnhaus meiner Mutter lebte. Sie hatte ihn irgendwann auf der Straße getroffen und konnte seinem Charme nicht widerstehen, wie sie selbst erzählte.

Für mich war es kein Wunder, dass ich von einem anderen Mann gezeugt wurde, schließlich habe ich keine Ähnlichkeit mit meinem Stiefvater. Ich war einige Zentimeter größer als er und hatte nicht, wie er oder meine Mutter, blonde, sondern fast schon schwarze Haare. Auch meine Haut war nicht so blass, wie die meiner Eltern. Die Augen hatte ich von meiner Mutter, aber auch meine Körperform war anders. Ich kam definitiv mehr nach meinem leiblichen Vater, als nach meiner Mutter oder gar nach meinem Stiefvater.

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now