Aus Larissas Perspektive

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Es fühlt sich so intensiv an, in Chris Nähe zu sein. Seinen Geruch in der Nase zu haben und seine Finger zu betrachten, wie sie energisch, aber ruhig den Ganghebel betätigen. Ich könnte ewig neben ihm sitzen. Kurz darauf rollen wir in die Tiefgarage des Ärztehauses. Chris nimmt meine Reisetasche heraus und hilft mir aus dem Auto. Bei Bewegungen tut mein Oberbauch echt weh. „Was hast du denn eigentlich gemacht, bevor du bei euch in der Wohnung umgekippt bist?", Chris mustert mich intensiv. Ich werde rot und ziemlich klein unter seinem Blick. „Ich wollte spazieren gehen und war dann doch joggen...", sage ich mit immer leiser werdender Stimme. „Bitte was?", bringt er hervor. „Ich wollte wirklich spazieren gehen. Aber ich weiß, wie gut es mir tut, laufen zu gehen. Das brauche ich dir ja nicht erzählen!" „Isa, wenn ich könnte, dann..." Glücklicherweise öffnet sich die Türe mit einem „ping" und wir betreten Daniels Praxis.„Warum in diese Praxis", frage ich Chris leise. „Weil Timo nicht mehr da ist. Daniel ist Urologe und führt in seiner Praxis auch kleine Eingriffe durch." „Und warum hast du einen Schlüssel?"„Ich mache hier immer mal wieder die Anästhesie. Deshalb! Komm mit. Wir gehen in die zwei. Da ist ein Ultraschallgerät." Stockend gehe ich hinter Chris her. „Und wo ist Sammy?"„Ich denke, sie ist im Überwachungszimmer. Da gehen wir gleich hin, wenn ich dich fertig untersucht habe!"„Kann ich nicht zuerst zu ihr? Ich möchte sicher sein, dass es ihr gut geht!", bittend schaue ich Chris an. „Na gut. Aber nur kurz."Ich klopfe an der Türe des Überwachungszimmers und höre Elenas Stimme, die leise herein ruft. Ich betrete das Zimmer. Sammy schläft in einem der Betten. Elena lächelt mich an. „Hi du! Ich habe schon gehört!"„So ein Mist ey. Wann geht die OP denn los?"„In einer halben Stunde. Aber jetzt lass dich erstmal von Chris versorgen. Ihr habe ja noch die ganze Nacht Zeit, um zu quatschen!" Sie lächelt mich an. „Okay! Bis nachher!"„So, Isa. Jetzt bist du dran!" Chris legt einen Arm um mich und geleitet mich zum Zimmer. „Leg dich bitte auf die Liege. Dein Oberteil kannst du ausziehen!" Ich fahre das Ultraschallgerät hoch und rolle es zur Liege. Nachdem ich etwas Gel auf Larissas Bauch gegeben habe, beginne ich zu schallen.„Hm Leber und Milz deutlich vergrößert. Isa, dass ist nicht gut. Du hast die nächsten Tage erstmal Bettruhe! Und nein, ich dulde kein Aber. Du wirst jetzt verdammt nochmal ein Mal das tun, was ich dir sage!", sage ich scharf. Larissa zuckt zusammen, als ich ihr so vorsichtig wie möglich das Gel beiseite wische. Ich hole ein digitales Fieberthermometer aus einer der Schubladen und messe ihre Temperatur. „Okay, wieder erhöht! Das gefällt mir nicht, Larissa! Ich möchte dir gerne etwas gegen die Schmerzen geben. Am liebsten wäre es mir, dir einen Zugang zu legen, aber ich verstehe bei deiner Geschichte, dass du das nicht möchtest. Solange dein Zustand sich nicht weiter verschlechtert, können wir von mir aus auch mit Tabletten arbeiten. Es dauert eben länger bis diese wirken und du musst essen Isa. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du dich die letzten Tage fast nur von Tee mit Honig ernährt hast, richtig?" Ich schaue wieder an die Decke. Ich weiß, dass Chris gerade wirklich total liebevoll mit mir umgeht und mir sogar mehrere Optionen aufzeigt. Nun ist es an mir, ein Stück weit entgegenzukommen.

Reich mir deine Hand, KleinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt