Aus Samiras Perspektive

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Ich wandere etwas ziellos in der Wohnung herum. Ich weiß nicht, ob ich jetzt ins Training gehen soll, oder nicht. Oder zuhause bleiben, oder nicht. Immer wieder schaue ich auf mein Handy. Mir ist etwas übel. Ich sollte wohl etwas essen, aber ich kann mich nicht überwinden und außerdem ist ja der Kühlschrank leer. Und Porridge ohne Milch geht schon mal gar nicht! Schließlich trifft endlich eine Nachricht ein. Sie ist von Marc. Ich entsperre mein Handy und werfe es dabei fast auf den Boden. Mir zitternden Händen lese ich seine Worte. Tränen steigen mir in die Augen. Ich lasse mein Handy auf den Boden fallen und lege mich ins Bett. Wieso muss das alles denn so schwer sein? Es muss doch irgendwie möglich sein, beides zu verbinden. Ich will mein Training nicht aufgeben. Das kann ich auch gar nicht. Selbst herunterschrauben ist schwierig. Aber ich will gleichzeitig auch Marc! Nachdem einige Tränen geflossen sind, angle ich mir Teddy aus meiner Tasche und kuschle mich ins Bett. Ich stelle meine Lieblingsserien auf dem Tablet ein und lasse mich berieseln. Irgendwann klingelt es an der Türe. Wer das wohl ist? Mein hoffnungsvolles Herz denkt natürlich gleich an Marc. Ich stehe vorsichtig auf, da ich meinem Kreislauf noch nicht so richtig traue und gehe dann zur Türe. Mittlerweile habe ich mir immerhin eine Jogginghose angezogen. Elena steht vor der Türe und lächelt mich an. Als sie meinen, wohl etwas zerknautschten Gesichtsausdruck sieht, wirkt sie besorgt.„Süße, was ist denn los?", sie tritt, mit 2 dicken Einkaufstaschen bepackt ein und nimmt mich erstmal in den Arm. Wieder fließen Tränen. Hört das irgendwann mal wieder auf? „Marc. Ich!", meine Stimme bricht. Mir ist schwindelig. Elena stützt mich und geleitet mich in die kleine Sitzecke. „Jetzt setz dich erstmal. Hast du was gegessen und getrunken heute?", fragend schaut sie mich an. Ich schüttle den Kopf. „Dann mach ich dir jetzt erstmal einen Kakao, ja?" Sie lächelt mich an. „Dann sieht die Welt schon wieder besser aus und wir sprechen ganz in Ruhe." Sie legt eine Decke über meine Beine und geht in die Küche. Kurz darauf kommt sie mit einer dampfenden Tasse und einem Müsliriegel und Joghurt bewaffnet wieder heraus. Sie stellt alles auf den kleinen Tisch und setzt sich dann neben mich. Ich wärme an der Tasse meine eiskalten Hände. „So und jetzt erzähl mal." Ich nehme einen vorsichtigen Schluck. „Marc kann nicht damit, dass ich so viel Sport mache und mich nicht an seine Anweisungen halte. Dabei will ich mich doch eigentlich dran halten, aber es geht halt nicht. Ich hab da nicht Jahre für trainiert, um das hinzuschmeißen!", sage ich leise.„Das verstehe ich. Aber es ist schon noch ein bisschen früh wieder voll zu trainieren. Meinst du nicht?"„Ich trainiere doch gar nicht wieder voll. Ich mache nur die Sachen, bei denen ich keine Schmerzen habe. Und aufs richtige Pferd gehe ich noch gar nicht."„Hast du Marc das gesagt?"„Hab ich. Und der wollte, dass ich zu Daniel gehe und erst wenn er sagt, dass ich trainieren darf, dann darf ich wirklich. Aber das geht nicht!"„Es wird echt Zeit, dass ihr wieder einen Sportmediziner im Team habt."„Ja, ja! Das macht es auch nicht besser."„Doch, macht es schon! Dann müsste ich nicht so viel Angst um dich haben", Elena lächelt mich an. „Musst du doch eh nicht! Außerdem bist du auch nicht besser!" Nun lacht Elena.„Das stimmt. Wenn man uns schon nicht ansieht, dass wir Geschwister sind, dann merkt man es zumindest an unseren Vermeidungsstrategien bezüglich Medizinern. Nur gut, dass ich mittlerweile mit einem verheiratet bin und du drauf- und dran bist dich in einen zu verlieben!" Mitfühlend schaut Elena mich an. Ich spüre Tränen aufsteigen. „Zu spät!", dann flüchte ich mich in Elenas Arme und lasse los. Die nächsten Tage sind verdammt hart. Ich vermisse Marc. Nicht nur körperlich, sondern vor allem emotional. Ich habe es so sehr genossen, mich einfach bei ihm fallen zu lassen, nichts entscheiden zu müssen, sondern einfach klein sein zu dürfen. Ich steigere parallel meine Trainingseinheiten und bin zumindest in der Hinsicht beglückt, dass ich 'zumindest wieder auf dem Trainingspferd vorsichtig trainieren kann. Meiner Trainerin habe ich so halbwahr erzählt, dass ich wieder trainieren darf. Es ist wohl mein Glück, dass gerade kein Teamarzt da ist, der das reglementieren kann. Schließlich ist es wieder Wochenende. Das letzte Wochenende, bevor am Montag dann das Semester beginnt. Ich bin ziemlich aufgeregt. Schließlich ist man nur einmal im Leben „Erstie". Immer wieder checke ich meinen Stundenplan und richte meine Tasche für den Montag zusammen. Die erste Woche ist nur die Einführungswoche zum Glück. Glücklicherweise studiert Larissa ja auch in einer ähnlichen Richtung, so dass wir uns ab- und zu zum Mittagessen treffen können. Mittlerweile bemerke ich im Alltag von meinen Blessuren fast nichts mehr. Manchmal, wenn ich mich etwas zu sehr verdrehe, spüre ich schon noch die Rippe, aber es hält sich wirklich im Rahmen. Durch die hohe Eisendosis die ich zu mir nehme, fühle ich mich auch fitter. Auch wenn die Dosis so eigentlich nicht zugelassen ist, wird sie schon nicht schaden. Als schließlich das Telefon klingelt, nehme ich es dankbar an. Es ist Elena. „Hi Kleine. Wie geht es dir?"„Ganz gut. Ich hänge gerade auf der Couch ab."„Hör mal. Du bist jetzt ja wieder einigermaßen auf dem Damm, oder?"„Ja. Warum?"„Ich glaube, du könntest etwas Abwechslung gebrauchen."„Auf jeden Fall." Nun bin ich aber gespannt, was Elena sich hat einfallen lassen. „Also und Blut geleckt an dem BDSM Thema, beziehungsweise Ageplay hast du ja auch."„Wie wäre es, wenn du und vielleicht hat Larissa ja auch Lust und Zeit mit mir gemeinsam zu einer Party in den Club morgen Abend zu gehen. Nur mal so zum unverbindlich reinschauen und um ein bisschen ein Feeling zu bekommen. Mama würde Fynn übernehmen an dem Abend und ich habe echt Lust auf Zeit mit euch!„Das klingt gut. Aber was, wenn wir Marc da treffen? Und auf Daniel habe ich ehrlich gesagt auch nicht soo große Lust", sage ich etwas verhalten. „Versteh ich. Aber die beiden sind auf der Medica. Die ist ja dieses Jahr in München. Daniel hält dort einen Vortrag und hat Marc gefragt, ob er ihn begleiten möchte. Ein anderer Kumpel, Chris, wird Daniel im Club in der Bereitschaft vertreten. „Dann sehr gerne. Was zieht man da an?" „Irgendwas süßes, schickes. Am besten in schwarz."„Da müsste ich was finden."„Prima. Dann sag ich Larissa bescheid und hole dich dann nachher ab. Ja?" „Ich freu mich!" Tatsächlich fühle ich Vorfreude in mir aufsteigen. Kurz darauf stehe ich vor dem Spiegel und trage einen schwarzen Spitzentellerrock und eine schwarze Korsage, die am Rücken geschnürt wird. Glücklicherweise bin ich sehr gelenkig. Ich sehe süß und gleichzeitig ganz schön heiß aus. Mir gefällt, was ich sehe. Ich drehe und wende mich im Spiegel. Schließlich noch das Make Up. Ich beschließe, meine Augen zu betonen und mich ansonsten eher natürlich zu schminken. Gerade, als ich meine Handtasche fertig gerichtet habe, klingelt es an der Tür. Schnell schlüpfe ich in meine Pumps, bevor ich nach einem letzten Kontrollblick in den Spiegel die Wohnung verlassen. Ich laufe leichtfüßig die Treppe herunter und steige zu Elena ins Auto. Larissa sitzt bereits hinten und sieht übelst heiß aus. Woher sie wohl das Outfit rausgezogen hat? Die dunkelrote Korsage und der Rock aus Spitze und Tüll schmeichelt ihrer Figur! Die schwarzen Lackoverknees sind der Hammer! Auch Elena ist nicht von schlechten Eltern. Man sieht ihr wirklich nicht an, dass sie bereits ein Kind geboren hat, geschweige denn, dass sie Mutter von einem kleinen Jungen ist. Im Gegenteil die Blässe betont ihre fragilen Gesichtszüge und lässt sie deutlich jünger wirken. Elena startet das Auto und wir plappern so dahin. Über alte Zeiten, neue Zeiten und Mädelskram. Ich spüre ein leichtes Krampfen im Bauch. Och nö. Oder? Die rote Tante war schon lange nicht mehr zu Besuch. Sie wird doch nicht etwas heute? Shit. Das wäre wirklich ein richtig, richtig doofes Timing! Ich lege meine Hand auf meinen Unterbauch und hoffe, das wirklich nur ein Pups quer sitzt und sich nicht tatsächlich meine Tage ankündigen. Wenn das der Fall wäre, dann ist der Abend nämlich gelaufen und ich habe nicht mal Schmerzmittel dabei.

*** Na, weckt das gewisse Erwartungen? Was wird dort wohl passieren?***

Reich mir deine Hand, KleinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt