2. Kapitel

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„Warte, mein Schatz. Ich flechte dir noch die andere Seite." Erklärte Elaisa Charlotte und beugte ich zu ihr hinunter. Unsere Tochter saß auf dem rot gepolsterten Stuhl des Schminktisches und blickte mit großen Augen ihrem Spiegelbild entgegen. Elaisa flocht die braunen Haare zu zwei Bauernzöpfen. „Das sieht total schön aus, Mama!" grinste meine Tochter begeistert zu ihrer Mutter. Dieser Anblick ließ mein Herz schneller schlagen. Gleich würden wir zu dem Abendessen meiner Eltern eingeladen sein. Auch wenn ich jetzt schon Bauchschmerzen bekam und mein Wolf innerlich ebenfalls auf knurrte. Wir alle hatten uns schick gemacht, schließlich achtete meine Mutter auf solche Belanglosigkeiten bei ihren Familientreffen. Und ich hatte keine Lust dass ich mich am ersten Advent mit meiner Mutter Diskussionen führte. Elaisa hatte sich in ein weinrotes langärmliges Kleid geworfen, dass ihr bis zu den Knien ging. An der Hüfte war es leicht ausgestellt, was ihre verführerischen Kurven noch mehr zur Geltung brachte. Ihre Haare hatte sie mit einem Lockenstab zuvor zu schönen Wellen geformt. Und ihre Füße trugen schwarze Pumps. Auch wenn sie atemberaubend aussah und ich meine Augen nicht von ihr nehmen konnte, gefiel es mir nicht das sie in solchen hohen Schuhen lief. Denn ich wusste auch meine Mate konnte diese Teile nicht ausstehen und tat dies nur wegen ihrer Schwiegermutter. Jedes Mal hatte ich Angst dass sie sich mit den Schuhen verletzte. Außerdem waren sie nicht gut für ihre Füße, aber Elaisa ließ sich in dieser Sache nicht beirren. Also hatte ich seufzend nachgegeben, wenn meine Mate so atemberaubend aussah, konnte ich ihr nichts verwehren. Während Elaisa konzentriert die Haare unserer Tochter flocht, hatte Charlotte einen schwarzen Pullover und einen roten Rock, passend den zu ihrer Mutter, angezogen. Ausnahmsweise durfte sie sogar den Lippenstift von Elaisa klauen und sich auf ihre Lippen auftragen. Davon war Charlotte so stolz dass sie im ganzen Zimmer herum hüpfte. Nun zierte ihre Lippen ein rose farbener Lippenstift. „So fertig!", riss mich Elaisas Stimme aus diesem Anblick und blickte zufrieden auf ihr Meisterwerk. Hopsend kam unsere älteste Tochter auf ihre Füße und umarmte Elaisa fest. „Danke, Mummy! Jetzt bin ich total hübsch!" Meine Frau lachte. „Das bist du immer, Charlotte." Doch unsere Tochter schwieg nur und wurde rot. „Das sagt Jonathan auch immer!" nörgelte sie dann. Meine Mate legte den Kopf schief. „Tatsächlich?" Charlotte nickte. „Ja! Das ist immer so peinlich!" Mein Lachen riss die beiden aus ihrem Gespräch und beide starrten mich ertappt an. Doch meine Tochter rührte sich als erstes wieder. „Dad, hast du uns etwa belauscht?" Erneut lachte ich. „Vielleicht. Aber ihr zwei seht heute aber auch wunderschön aus." Verteidigte ich mich. Meine Tochter schnaubte. „Wieso müssen wir uns eigentlich so auf hübschen? Wir essen doch nur mit Oma und Opa." Ich seufzte. „Du kennst doch deine Großmutter, Charlotte." Die brünette verdrehte ihre grünen Augen. „Ja, ich weiß. Oma sagt immer weil wir die Königsfamilie sind müssen wir uns königlich verhalten. Aber das ist doch eigentlich egal." Ich war glücklich darüber, das Charlotte so bodenständig war, dass sie sich mit den einfachsten Dingen zufrieden gab und genauso gütig war wie Elaisa. Aber das lag wohl daran, dass wir unsere Kinder sehr normal und bodenständig, soweit es möglich war, zu erziehen. Es sollte nicht noch einmal solch ein Fehler passieren, den ich mir damals geleistet hatte. Und mich für mächtiger hielt. „Das stimmt. Aber leider sieht das deine Oma anders. Und es ist bald Weihnachten, dann lassen wir ihr diesen kleinen Spaß, wenn es ihr so wichtig ist und Zuhause können wir wieder ganz normal Essen, wäre das okay?" Sofort begannen ihre Augen zu strahlen. „Darf dann wieder Jonathan zum Nudeltag kommen?" quiekte sie aufgeregt und klammerte sich an meinen dunkelgrauen Anzug. Lachend hob ich sie auf meine Arme, wobei sie sofort ihre Beine um meine Hüfte schlang. Nun waren wir beide auf Augenhöhe und Charlotte musste sich nicht mehr verrenken. „Na klar. Auch deine anderen Freunde können kommen"; versprach ich ihr. Charlotte hatte sich einmal in der Woche einen Nudeltag gewünscht, weil sie Pasta liebte. Zuerst hatte sie nur Jonathan eingeladen und beide waren begeistert, aber mittlerweile lud Charlotte immer mehr von ihrer Schulklasse ein. Zum Glück hatten wir eine sehr große Küche in unserem Schloss.

Adventskalender Kyrie Eleison- königliche WeihnachtenWhere stories live. Discover now