Gefangen in der Nostalgie

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,,Bist du dir sicher, Morax? Du könntest Y/N dadurch in Gefahr bringen." Guizhong sah ihn eindringlich an. Havria beobachtete die beiden mit weit aufgerissenen Augen. Ich ebenfalls.
Zhongli nickte langsam und entschlossen. ,,Meine Entscheidung steht. Niemand wird wissen, dass sie ein Archon ist. Durch unser Bündnis dürfte Y/N sogar noch sicherer sein als vorher. Sorgt euch nicht."

Guizhong seufzte. ,,In Ordnung. Überlegt, wie ihr das dem Volk erklärt, während ihr euch im Qingce Dorf umseht. Der junge Graf wartet schon auf euch."
Überrascht schweifte mein Blick zu Zhongli. Childe habe ich ganz vergessen!
Unsere Blicke kreuzten sich. ,,Gehen wir, Y/N?" Er lächelte mich an.

Leise murmelte ich ihm meine Zustimmung zu. Ich hatte irgendwie Angst davor, was noch alles passieren mag. Aber genauso sehr war ich neugierig und gespannt auf die Abenteuer, die noch auf uns warteten.

Während wir in Richtung Wasserfall liefen, drehte sich Zhongli noch einmal zu den Geisterdamen um, die hinter uns standen, lächelten und winkten.
,,Was werdet ihr nun tun? Verschwindet ihr wieder?" Traurigkeit lag in seiner Stimme und auch ein Hauch von Einsamkeit.

Guizhong lief langsam auf ihn zu, elegant und leichtfüßig. Dann nahm sie ihn in ihre Arme. ,,Wir sehen uns bald wieder, versprochen." Zhongli legte seine Arme um ihren blassen Körper und vergrub sein Gesicht in ihren hellbraunen Haaren. ,,Brich dein Versprechen nicht, Guizhong."

Sie lächelte, klopfte auf seinen Rücken und sah plötzlich mich an. Ich hatte bislang nur dagestanden und sie neidisch beobachtet.
,,Ich möchte noch einmal kurz mit dir unter vier Augen reden." Ihr Lächeln verschwand nicht, aber sie wurde gleich etwas ernster.
Überfordert nickte ich.

Sie löste die Umarmung mit Zhongli auf, sah ihn noch ein letztes Mal an und streichelte seine Wange. ,,Ich bedauere mein frühes Ableben zutiefst, aber keineswegs die Zeit davor. Aber es gab viele Dinge, die wir noch tun wollten, viele Ziele, die wir noch erreichen wollten und Pflichten, die wir erfüllen sollten. Tu mir den Gefallen, Morax, und hör auf, mich zu vermissen."

Ihr Lächeln war voller Schmerzen und Trauer, das sah ich. Zhongli nahm ihre Hand und führte sie von seiner Wange weg. ,,Diesen Gefallen kann ich dir nicht tun, entschuldige. Ich kann erst aufhören, meine alten Kameraden zu vermissen, wenn ich vergessen kann. Lass mich ... hin und wieder noch an dich denken und an das, was mal war, bevor die schreckliche Ära zu Ende ging."

Er klang so anders als sonst, so beschwerlich, dass es mir das Herz zerriss.
Wie viel Leid hatte er ertragen müssen? Wie viele Freunde und Bekannte hatte er sterben sehen müssen? Wie oft schon musste er sich einsam und allein durch seine Erinnerungen kämpfen?
Immerzu und immer wieder.

Guizhong seufzte schwer. ,,Du bist alt geworden, mein Freund. Aber du wirst noch älter. Sieh zu, dass du dir noch eine Menge schöne Erinnerungen einfängst. Das ist mein letzter Wunsch." Nun lächelte sie wieder.

Gerade, als Zhongli etwas sagen wollte, wurde er von einem lauten Schluchzen unterbrochen.
Havria hatte sich nicht mehr zurückhalten können und ein Fluss aus Tränen floss über ihre blassen Wangen. ,,Ohhh, Morax!" Sie hechtete auf ihn zu und warf sich schniefend in seine Arme. ,,Ich hatte am Anfang Angst vor dir, obwohl du so eine bemitleidenswerte Seele bist, es tut mir leid!"

Zhongli wirkte etwas überfordert, legte dann aber letztendlich seine Arme um sie und streichelte beruhigend ihren Rücken. Schon bald verstummte das Schluchzen. ,,Ich bin nicht bemitleidenswert. Was ist mit dir?"
Das Lächeln von Havria wurde etwas schief. ,,Hm? Du meinst meinen Tod?" Sie ließ Zhongli wieder los. ,,Du weißt, dass ich meinem Volk nicht böse sein kann. Irgendwie kann ich das Handeln des Königs verstehen."

Während sie redeten, lief Guizhong zu mir rüber. Stimmt, sie wollte noch mit mir reden.
Wir entfernten uns ein wenig von den anderen, damit wir ungestört blieben. Dabei bemerkte ich, dass Zhongli mir aufmerksam hinterhersah, während Havria aufgeregt mit ihm sprach. Er lächelte leicht, als würde er versuchen, mich irgendwie aufzumuntern und zu sagen, dass alles in Ordnung sei.

Memories | Zhongli x ReaderWhere stories live. Discover now