Die Botschaft breitet sich aus

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Nach der Auferstehung gab Jesus seinen Anhängern den Auftrag: „Deshalb geht hinaus in die ganze Welt und ruft alle Menschen dazu auf, meine Jünger zu werden. Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!" (Matthäus 28,19). Diese Worte sind nach christlichem Verständnis die Begründung für die Mission.

Der erfolgreichste Missionar der christlichen Botschaft war zweifellos Paulus. Er war den übrigen Aposteln, also den von Jesus eingesetzten Verkündern, intellektuell und rhetorisch überlegen. Paulus besaß ein außerordentliches Predigertalent, konnte aber auch schriftlich sehr klar formulieren.

Er wurde als Sohn frommer jüdischer Eltern in Tarsus, einer großen Hafenstadt am Mittelmeer, geboren. Zunächst trug er den Namen Saulus. Er wurde ein strebsamer Schüler des berühmten Rabbi Gamaliel. Beschrieben wurde er als von kleiner Statur, flink und wahrscheinlich augenleidend (Galater 4,15). Möglicherweise litt er an einer starken Kurzsichtigkeit. Mit zunehmenden Alter neigte er zur Glatzenbildung. Er hatte zusammengewachsene Augenbrauen und eine leicht gebogene Nase. 

Saulus eiferte für seine jüdische Religion. Er hasste die Christen, wie er später gestand: „Deshalb habe ich die neue Lehre der Christen bis auf den Tod bekämpft. Männer und Frauen ließ ich festnehmen und ins Gefängnis werfen" (Apostelgeschichte 22,4). Der Steinigung des Stephanus, des Sprechers der griechischen Judenchristen, wohnte Saulus mit Genugtuung bei. Während des Mords passte er auf die Kleidung der Täter auf.

Saulus war bereit, die Christen, die er für Abtrünnige vom jüdischen Glauben hielt, zu verfolgen und zu töten. Daher wurde Saulus vom Hohen Rat zum Kommissar für die Bekämpfung der Christen berufen, woraufhin er begann, die christliche Gemeinde in Jerusalem zu verfolgen. Sie floh in die benachbarten syrischen Orte. Um dort die Christen aufzustöbern, erhielt Saulus 33 n. Chr. vom Hohen Rat den Auftrag, nach Syrien zu reisen.

Auf dem Weg dorthin veränderte sich das Leben des Saulus radikal. Um die Mittagszeit strahlte plötzlich ein helles Licht vom Himmel, Saulus stürzte zu Boden und hörte eine Stimme: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?" Erschrocken fragte Saulus: „Wer bist du, Herr?" Die Erscheinung antwortete: „Ich bin Jesus, den du verfolgst!" (Apostelgeschichte 9,4-5).

Nach dieser Begegnung mit Jesus - drei Jahre nach dessen Kreuzestod - änderte Saulus sein Leben von Grund auf und nannte sich jetzt Paulus. Er brachte das Evangelium von Christus nach Syrien, Zypern, Kleinasien (dem Westen der heutigen Türkei), Mazedonien und Griechenland. Auf seinen Reisen legte Paulus mehr als 30.000 Kilometer zurück und bediente sich dabei der gut ausgebauten römischen Straßen und Schiffsverbindungen im Mittelmeerraum. Paulus verstand es, als intellektueller Weltmann mit hellenistischem Bildungsgut überall souverän aufzutreten.

Um das Jahr 47 startete Paulus mit seinen Gefährten Barnabas und Markus, dem späteren Verfasser des Markusevangeliums, die erste große Missionsreise. Sie sollte ungefähr ein Jahr dauern. Die erste Anlaufstation war Zypern, die Heimat des Barnabas, wo u. a. der einflussreiche römische Prokonsul Sergius Paulus bekehrt und getauft wurde. Danach zogen die Männer missionierend durch Kleinasien. Allerdings war Markus den Strapazen der Reise nicht mehr gewachsen und kehrte um.

Ein Jahr nach der Rückkehr brach Paulus erneut auf. Auf seiner zweiten Missionsreise begleitete ihn sein späterer Sekretär Silas, Timotheus und zeitweise Lukas, der Arzt und Verfasser des Lukasevangeliums. Zunächst besuchte man die Stationen der ersten Reise.

In der Hafenstadt Alexandria Troas, deren Ruinen sich in der heutigen Türkei befinden, hatte Paulus eine Vision: „Paulus sah einen Mann aus Mazedonien, der ihn bat: ,Komm nach Mazedonien herüber und hilf uns!'" (Apostelgeschichte 16,9). Daraufhin machte sich Paulus auf nach Mazedonien (auch Makedonien genannt), einer historischen Landschaft, die heute zwischen der Republik Nordmazedonien, Griechenland und Bulgarien aufgeteilt ist. Jetzt war die christliche Botschaft nach Europa gekommen.

In der mazedonischen Stadt Philippi wurden Paulus und Silas ins Gefängnis geworfen. In der Nacht kam es zu einem Erdbeben. Ihre Ketten fielen ab. Daraufhin verkündeten Paulus und Silas dem erschrockenen Gefängniswärter und seiner Familie das Evangelium und tauften die Bekehrten.

In Beröa, der heutigen griechischen Stadt Veria, blieben Silas und Timotheus zurück und Paulus reiste allein weiter nach Athen. Dort gelang es ihm nicht, eine Gemeinde zu gründen. Deshalb zog er weiter nach Korinth, das damals eine Weltstadt war. Aufgrund des Hafens wurde reger Handel getrieben. Die sozialen Gegensätze waren groß. Etwa zwei Drittel der Bervölkerung waren Sklaven. In der Stadt war die Tempelprostitution zur Verehrung der griechischen Göttin Aphrodite gang und gäbe. Etwa tausend „Priesterinnen" boten den Tempelbesuchern ihre Liebesdienste an.

Paulus zog in ein Haus neben der Synagoge und verkündete dort den Juden die christliche Lehre. Allmählich entstand eine kleine Gemeinde aus vor allem Nichtjuden. Paulus hatte erneut eine Erscheinung Jesu, der ihn ermunterte: „Hab keine Angst! Predige weiter und schweige nicht! Ich bin bei dir, und niemand kann dir etwas anhaben. Denn viele Menschen in dieser Stadt werden an mich glauben" (Apostelgeschichte 18,9-10).

So blieb Paulus eineinhalb Jahre in Korinth und machte die christliche Botschaft bekannt. Als er die Stadt verließ, legte er die Führung der Gemeinde in die Hände des Apollos, eines intelligenten und redegewandten Juden, der aus der damaligen Weltstadt Alexandria stammte.

Heute ist das Korinth der Antike eine Ruinenstätte. Amerikanische Archäologen legten verschiedene Tempel, das Gerichtsgebäude und die Fleischmarkthallen frei.

Nur einige Monate nach der Rückkehr von der zweiten startete Paulus seine dritte Missionsreise. Sie führte zunächst nach Ephesus, wo er vom Herbst 52 bis Sommer 55 blieb. Anschließend besuchte er die bereits bestehenden Gemeinden in Griechenland und Kleinasien.

Ephesus war zur damaligen Zeit eine imposante Hafenstadt an der Küste Kleinasiens auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Der prunkvolle Tempel zur Verehrung der griechischen Göttin Artemis wurde zu den sieben Weltwundern der Antike gerechnet. Später verfiel die Stadt durch Versandung des Hafens. Von Ephesus sind bedeutende Ruinen erhalten, unter anderem die des berühmten Theaters, das 66 Sitzreihen hatte und 24.000 Menschen Platz bot.

Nach der Rückkehr wurde Paulus im Jahr 56 in Jerusalem verhaftet. Als römischer Bürger bestand er darauf, sich vor einem kaiserlichen Gericht zu verantworten. Während der Gefangenschaft hatte Paulus in der Nacht nach dem Verhör durch den Hohen Rat erneut eine Erscheinung Jesu, der den niedergeschlagenen Paulus ermunterte: „Du kannst unbesorgt sein! So wie du in Jerusalem mein Zeuge gewesen bist, sollst du auch in Rom mein Zeuge sein!" (Apostelgeschichte 23,11).

Zwei Jahre nach der Gefangennahme fand die ereignisreiche Überfahrt nach Rom statt. Erst erlitt die Besatzung während eines Sturms Schiffbruch, dann biss Paulus auf Malta auch noch eine giftige Schlange. Zur Verwunderung aller nahm er keinen Schaden.

Als man schließlich in Rom ankam, wurde über Paulus lediglich ein Hausarrest verhängt. So konnte Paulus besucht werden, was ihm die Möglichkeit eröffnete, weiterhin zu missionieren. Während der Christenverfolgung unter Kaiser Nero wurde Paulus im Jahr 64 mit dem Schwert hingerichtet. Eine Kreuzigung blieb ihm als römischer Bürger erspart. Eine vierte Missionsreise, die er nach Spanien unternehmen wollte, konnte er nicht mehr antreten. Sein Grab soll sich in Rom unter der Kirche Sankt Paul vor den Mauern befinden.


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