Als ich nichts mehr sagte, fuhr Fynn weiter: „Habe ich mich klar ausgedrückt, Cierra?! Du bringst dich nur in Gefahr, wenn du blindlings deine Rache suchst und sie dir holen willst! Das alles braucht Zeit, nicht einen dahingekritzelten Plan ohne irgendwelche Überlegungen! Es geht bei den Red Moons nicht nur um dich, vergiss das nicht! Hast du das verstanden?!"

Ich schaute zur Seite und weigerte mich, ihm eine Antwort zu liefern. Wenn er sich so benahm verdiente er meine Worte gar nicht.

Fynn ergriff grob meine Schultern, drehte mich zu ihm und zwang mich, seinem Blick standzuhalten, als er erneut fragte: „Hast du das verstanden?"

Ich seufzte, liess meine Arme hängen und sagte unterwürfig, weil mir keine andere Wahl blieb: „Ja, das hab ich, bist du jetzt zufrieden?"

„Ja, das bin ich, du hättest dich sonst nur unnötig in Gefahr gebracht," Fynn nahm mich kurz in seine Arme, drückte mich an sich und küsste meine Stirn, „ich seh dich später, ok?"

„Meinetwegen," murmelte ich, als er langsam aufstand, sich eine Hose und ein Shirt überzog und den Raum verliess, um irgendwelche Dinge zu erledigen. Er würde wieder einmal für eine Weile verschwinden, was mich gar nicht störte, denn ich konnte ein wenig Abstand von ihm gerade gut gebrauchen.

Seit wann war er der Vernünftigere von uns beiden geworden? Wahrscheinlich seit dem Moment, in dem meine Mutter ermordet worden war, das musste es sein.

Ich wollte Rache, das war klar, ich konnte das alles nicht einfach unbestraft lassen, denn die Polizei würde den Mörder mit Sicherheit nicht finden.

Aber ich - ich konnte es, und was noch wichtiger war, ich würde es auch tun.

Ob das Fynn nun gefiel, oder nicht, war mir egal. Was er nicht weiss, macht ihn nicht heiss, wie man so schön sagt.

Ich ging kurz Duschen und zog mir meine neuen Sportsachen an, die ich mir gekauft hatte. In den letzten Tagen hatte ich mich lange mit meinen Finanzen beschäftigt, mit der Ausräumung der Wohnung meiner Mutter und mir und dem Erbe meines Vaters. Da nun niemand mehr da war, um mir damit zu helfen, war das alles an mir hängen geblieben.

Jedenfalls, noch endlosen Stunden des Telefonierens, Organisierens und Unterschreibens war nun klar, dass ich offiziell eine Menge Geld besass, und mit einer Menge meine ich eine riesige Menge.

Mehrere Millionen, um genauer zu sein.

Wie mein Vater an all dieses Geld gekommen war, wollte ich lieber nicht wissen, sauber und ehrlich hatte er es sich bestimmt nicht verdient. Vielleicht suchten die Anacondas auch danach, wenn ich es mir so überlegte. Vielleicht hatte mein Vater das Geld gestohlen, zugetraut hätte ich es ihm.

Als ich unseren kleinen Fitnessraum betrat war ich ganz alleine, gut so, ich hätte sowieso keine Gesellschaft gewollt. Ich wollte bloss auf einen Box-Sack einschlagen, das war das, was ich gerade brauchte.

Ich brachte mich in Position und fing an, den Box-Sack mit meinen Füssen ein paar kräftige Hiebe zu verpassen, denn mit den Armen ging es noch nicht so gut, meine Schulter hatte sich noch nicht vollständig erholt und ich konnte sie nicht gut bewegen, jedenfalls noch nicht so gut, wie ich wollte.

Während ich Sport machte, war es mir möglich, meinen Kopf auszuschalten und mich nur auf meinen Körper zu konzentrieren, auf meinen Atem, auf meine Bewegungen, auf alles, ausser auf das, was mich innerlich beschäftigte.

Ich war frei - wenigstens für eine kurze Zeit.

Ich war nicht mehr Cierra, das neue Mitglied der Red Moons, die ihre beiden Eltern wegen den Anacondas verloren hatte....Ich war einfach nur ein Mädchen, dass auf einen Box-Sack einschlug und sich gut fühlte.

Gangs - Taken Innocence Where stories live. Discover now