Kapitel 1 - Aufsichtspflichten

645 15 0
                                    


Ich werde meine Geschichte an dem Tag beginnen, an dem mein Dad mir eröffnete, dass er für eine Woche geschäftlich in Tokio sein würde. Und das ich ein Auge auf meine Geschwister haben sollte. Sein Fehler, nicht meiner! Aber auf mich will ja keiner hören.
Naja. Da stand ich also. Vor der Haustür und beobachtete, wie der Wagen meines Dads verschwand.
Das, Frau Lüttenberg, war das erste Mal in meinem Leben, das ich die Verantwortung über meine sieben Geschwister hatte.
Klar sollte ich schon öfter auf ein Paar von ihnen aufpassen, aber das war etwas anderes. Denn das war nicht die Art von „Pass mal kurz auf deine Schwestern auf, während ich im Büro bin"-Verantwortung oder „Solange ich einkaufen bin hat Tylor das sagen"-Verantwortung. Das war eine „Sorge eine Woche dafür, dass deine Geschwister nicht drauf gehen"-Verantwortung. Und darauf war ich wirklich nicht vorbereitet gewesen.
Ich meine, sie kennen meine Akte, und diese eine witzige Kleinigkeit kann ich nicht ganz abstreiten: Ich habe wirklich selten die Verantwortung für etwas übernommen. Am wenigsten für mich selbst. Das hatte mir nie etwas ausgemacht. Es macht mehr Spaß sich über nichts Gedanken zu machen. Aber mein Dad erwartete, dass ich das einfach so änderte. Ich weiß auch nicht, wie er auf die Idee gekommen ist ich könnte das schaffen. Immerhin hat der Goldfisch, den er mir zum neunten Geburtstag geschenkt hat, nicht einmal den nächsten Tag erlebt.
Als ich da also im Flur stand mit dieser Verantwortung habe ich mir jedenfalls vorgenommen meine Sache gut zu machen. Tja, das hat leider nicht so gut geklappt, denn keinen halben Tag später hatte ich das maximale Caos-Level in unserem Haus erreicht...

Taylor

„Und dein Vater ist wirklich eine ganze Woche lang weg?" Charly, mein bester Freund, ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und warf seinen Rucksack auf die Rückbank.

„Jap" Ich startete den Wagen und drückte aufs Gas. Die Reifen quietschten und ein Auto hupte. Gott, ich liebe dieses Auto. Grinsend fuhr ich vom Parkplatz.

„Irgendwann wirst du dieses Auto noch zu Schrott fahren" murmelte Charly „Aber egal. Heißt das, dass wir das ganze Haus für uns haben? PARTY TIME" schrie er durch das offene Fenster und ein paar Schüler drehten sich zu uns um.

Ich schnaubte. „Ja klar. Meine Geschwister sind natürlich auch zu Hause, du Idiot"

"Na und. Wenn schon. Die können ja mitfeiern" Charly verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

"Susan ist vier" erwiderte ich trocken. Charly hielt einen Moment inne.

"Was echt? Meine Güte, ist sie das nicht schon in den letzten Jahren gewesen?" Ich sparte mir eine Antwort. Charlys Gedächtnis war ein Sieb und ich hatte es schon vor Jahren aufgegeben, seine Erinnerungen auf dem Laufen zu halten. "Oh Mann, aber du musst eine Party schmeißen. Brik Combright hat letzte Woche eine Riesenparty geschmissen. Die müssen wir toppen"
Bei Briks Namen verzog ich das Gesicht. Brik und ich waren Todfeinde, seit wir uns in der Grundschule wegen eines Fußballspiels geprügelt hatten. Tja, manche Sachen bleiben für die Ewigkeit, oder wie sagt man so schön?

"Wie stellst du dir das vor, Mann? Soll ich meine Geschwister aussperren, und dann die Party des Jahrhunderts feiern? Mein Dad würde mich umbringen"

"Auf Brick's Party gab es sogar einen Shot-Turm" Charly grinste mich an.

"Ich könnte Susan, Coulder, Aden und Liam bei Mackenzie abgeben. Ich könnte sagen, dass ich arbeiten muss, und die Kleinen nicht alleine lassen möchte" überlegte ich laut. Mackenzie würde meine Geschwister sowieso besser beschäftigen können, als ich es getan hätte. Susan hasste es woanders zu übernachten. Aber Notfalls konnte ich sie ja irgendwann nachts wieder abholen. Ich würde einfach auf ein paar Bier verzichten, dann würde das schon hinhauen.

A Family PodcastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt