Prolog

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Taylor

Psychologie-Projekt

Ich denke zunächst einmal sollte ich klarstellen, dass ich nicht gut mit Worten bin. Ich bin kein Schriftsteller oder sowas und ich denke das sollten Sie wissen, wenn sie die folgenden Seiten lesen.
Ganz ehrlich ... ich habe keine Ahnung, was ich schreiben soll. Ich kann einfach nicht glauben, dass mein Semesterabschluss von diesem Projekt abhängt. Wissen Sie was? - ich bereue es wirklich Psychologie als Nebenfach gewählt zu haben.
Aber da muss ich jetzt durch. Genauso wie sie, selbst Schuld!
Das Projekt handelt von unserem eigenen Leben: Was es ausmacht, wer darin eine Rolle spielt und was das für uns bedeutet. Irgendwie ganz schön selbst bezogen, denken Sie nicht? Hätte die Abschlussarbeit nicht irgendein normales Thema, wie Freud oder Persönlichkeitsentwicklung, abdecken können?
Sie sind Psychologin und ich denke ich bin nicht der Einzige, der nicht will, dass sie mein Leben analysieren.

Ich weiß, dass Sie einiges über mich wissen. Sie haben meine alte Schülerakte und all sowas und ich gebe zu, dass mich das vermutlich nicht in all zu gutem Licht dastehen lässt.
Meine Freundin hat gesagt, ich soll nett zu Ihnen sein. Von Ihnen hängt einiges ab - mehr als Sie vielleicht denken. Aber das fällt mir wirklich schwer.
Es ist nicht so, dass ich Sie nicht leiden kann. Wirklich! Aber Sie haben mir gesagt, ich soll von Grund auf ehrlich sein, also müssen Sie mich wohl oder übel so nehmen wie ich bin.
Sie wollen wissen, wie mein Leben bisher ablief? Schön. Sie bekommen die Story, aber urteilen sie dann später nicht über mich.

Ich habe jetzt schon stundenlang auf meinen Laptop gestarrt und überlegt, was ich Ihnen erzählen könnte. Was wohl spannend genug ist, damit ich damit Ihren Kurs bestehe. Was Sie von mir erwarten zu schreiben.
"Ich freue mich schon auf ihre Arbeit". Das haben sie zu mir gesagt, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Was soll das heißen?
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Sie entweder wollen das ich über den Tod meiner Mom schreibe, was echt makaber wäre, oder aber Sie wollen wissen, warum es mir auf einmal etwas ausmacht, das Studium nicht zu schaffen, wo ich doch letztes Jahr kurz davor war abzubrechen.
Naja, was auch immer Sie von mir wollen, ich werde versuchen es Ihnen zu geben.
Allerdings werde ich Ihnen nicht viel über meine Gefühle über Mom's Tod erzählen, wenn Sie das gehofft haben. Denn das geht Sie nichts an und wenn ich ehrlich bin, hat damit zwar alles begonnen, aber im Grunde war es alles was danach passiert ist, was mich hier hergebracht hat.
Die Leute sagen immer "Taylor, dein Leben ist so abgedreht!", "Wie schaffst du das, mit deinen Geschwistern, der Uni, den Nebenjobs?", "Bei euch passieren so viele abgedrehte Sachen"
. Vielleicht ist das auch was sie denken. Vielleicht erhoffen Sie sich deshalb so viel von meinem Projekt. Aber ich denke ich muss Sie enttäuschen. Mein Leben ist nicht übermäßig aufregend. Es ist einfach nur ein Leben. Ich bin einfach nur ein Mensch. Und das was passiert ist, ist nichts weiter, als eine Reihe von Ereignissen, die für den Einen bedeutend sind und für den Anderen eben nicht. Es ist die Wahrheit. Nicht mehr und nicht weniger. Aber so haben sie es gewollt nicht wahr?
Ich warne Sie schon mal im Voraus. Ich erzähle vermutlich nicht das was Sie erwartet haben und ich bezweifle, dass Sie alles von dem was ich Ihnen erzählen werde verstehen werden. Aber vielleicht unterschätzte ich Sie ja auch. Also? Sind Sie bereit sich meine Geschichte anzuhören, Frau Lüttenberg?

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