𝟚𝟟 - Katerfrühstück

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Der Vorschlaghammer, welcher meinen Kopf offenbar zum Zerbersten bringen wollte, weckte mich auf. Meine Augenlider fühlten sich schwer und verkrustet an, als hätte ich eine Woche lang durchgeschlafen. Gleichzeitig war ich noch immer hundemüde und wollte dieses wunderbar weiche Bett niemals verlassen. Ich traute mich daher kaum, die Augen zu öffnen - nicht, weil die Nebenwirkungen des Alkoholkonsums mit einem Schlag auf mich eindreschen würden, sondern eher wegen den Ereignissen nach der Feier. Denn dies würde bedeuten, mich dem zu stellen, was gestern passiert war. Der Kater an sich war eine Sache, aber die hochgradig peinliche Aktion war eine andere. Eine, die definitiv mehr zählte und schlimmer wog.

Stöhnend vergrub ich mein Gesicht noch tiefer in das Kissen und versuchte, die schemenhaften Erinnerungen aus meinem Gedächtnis zu streichen. Es bestand die minimale Hoffnung von vielleicht 2%, dass das gestern nicht geschehen war. Genau, Eve. Du bist durch den Kater ganz durcheinander und hast bestimmt nicht direkt vor Gab in seinen Flur gekotzt. Ganz sicher.

Gott, wie konnte das nur passieren? Wann an dem Abend hatte ich so den Überblick über die Anzahl der Getränke verloren, dass es mir mit einem Mal hoch kam? Und das ausgerechnet in dem Moment, wo er...wo Gabriel mir endlich wieder die Freundschaft anbot.

Stimmt. Das hatte ich mir auch nicht eingebildet. Jetzt, wo ich etwas nüchterner war, erschien es mir dennoch wie ein waghalsiger Traum. Hatte er seine Worte ernst gemeint? Oder war es nur im Affekt des Abends geschehen, als wir beide betrunken und ausgelassen waren? Ich wusste es nicht. Auch wenn ich dies gerne in Erfahrung bringen würde, so würde das bedeuten, dass ich mit ihm spreche müsste. Und das wiederum ginge nur, wenn ich mich dem stellte, was ich gestern peinlicherweise getan hatte. Ob er sauer war? Enttäuscht?

Abermals stöhnte ich leise auf, bevor ich mich endlich traute, meinen Körper langsam umzudrehen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich um 20 Jahre gealtert. Nie wieder Alkohol.

Nur mühsam erhob ich mich von meinem Bett, als der erste Schwindel mich ergriff und beinahe wieder in die Matratze drückte. Dabei bedacht, keine schnellen Bewegungen zu vollführen, tapste ich aus dem Schlafzimmer. Die Mittagssonne schien durch die Fenster und bestätigte mir, dass ich ziemlich lang geschlafen haben musste. Noch leicht neben der Spur blieb ich im Türrahmen des Wohnzimmers stehen, wobei mein Blick an dem Bettzeug hängen blieb, welches auf der Couch lag. Das sich dort befindende Kissen gehörte eigentlich ins Schlafzimmer und die Decke, die ich nur bei gemütlichen Abenden verwendete, lag ebenfalls ausgebreitet. Verwirrt runzelte ich die Stirn.

Hatte ich gestern etwa erst auf der Couch gelegen? Oder...hatte dort jemand übernachtet?

Doch wer sollte schon bei mir geschlafen haben? Für einen kurzen Moment musste ich an das Angebot denken, welches ich Mike gemacht hatte. Beziehungsweise, gemacht hätte, wäre Gabriel nicht dazwischen gegangen. Er konnte es also nicht gewesen sein.

Wer es auch gewesen war, schien schon abgehauen zu sein. Die restlichen Zimmer fand ich leer vor, also ließ ich diese Frage erstmal ruhen. Darüber konnte ich mir später immer noch Gedanken machen.

Erst nach einer ausgiebigen Dusche fühlte ich mich wieder halbwegs wie ein Mensch, auch wenn die anhaltenden Kopfschmerzen zu einem echten Problem wurden. Da ich leider noch immer nicht daran gedacht hatte, mir eine Packung Aspirin bei der Apotheke zu kaufen, hatte ich auch kein schnelles Heilmittel zur Hand. Ein weiterer Grund, der mich zu Gabriel führte, denn dieser hatte sicherlich welche übrig. Hoffentlich.

Dazu müsste ich jedoch erstmal meinen Stolz und meine Scham herunterschlucken - dies stellte sich als schwieriger heraus, als angenommen. Erst, als ich bereits zum zweiten Mal im Flur auf und ab lief und verzweifelt die noch angefeuchteten Haare raufte, entdeckte ich ihn.

Damals wie HeuteWhere stories live. Discover now