𝟙𝟚 - Gerüchteküche

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Den halben Sonntag verschlief ich und den Rest verbrachte ich auf der Couch. Während ich einen regelrechten Serien-Marathon hinter mich brachte, erkundigte ich mich bei Miriam um dessen körperlichen Zustand. Wie erwartet hatte sie leichte Kopfschmerzen, die auch mich leider plagten. Zu allem Übel hatte ich auch keinerlei Tabletten dafür zuhause - einen klitzekleinen Moment überlegte ich, bei Gab zu klingeln und ihn zu fragen. Doch ich verwarf diesen Gedanken sofort wieder, da ich ihm erstens nicht die Genugtuung und Bestätigung für den übermäßigen Alkoholeinfluss geben wollte und zum anderen wusste ich nicht, wie ich ihm nun gegenüber treten sollte. Es war nicht das erste Mal an diesem Tag, dass ich über die gestrigen Geschehnisse nachdachte. Auch wenn der Heimweg irgendwie komisch und unangenehm gewesen war, so hatte es im Nachhinein auch irgendwie etwas schönes gehabt. Schließlich hatten wir so wieder Kontakt aufgenommen, wenn auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Besonders sein Blick - diese bodenlosen, tiefen, smaragdgrünen Augen - hatten mir zum Ende hin den Rest gegeben. In diesem kurzen Moment konnte ich den alten Gabriel wieder erkennen. Auch ohne unnötige Worte hatten wir uns verständigen können. So wie damals.

Leider kam der Montag schneller als gedacht und schon stand ich gähnend in der kleinen Küche im Büro. Warum vergingen die Wochenenden eigentlich immer so schnell? Mühsam kämpfte ich mit der neuen Kaffeemaschine, die meiner Meinung nach zu viele Knöpfe und Funktionen besaß, um wirklich als praktisch zu gelten. Stirnrunzelnd tippte ich wahllos herum und hoffte, dass etwas passierte. „Verdammtes Mistding." murmelte ich ungeduldig, als ich ein belustigtes Kichern hinter mir vernahm. Sarah lehnte im Türrahmen und bedachte meine kläglichen Versuche mit einem spitzbübischen Blick. „Kann man dir helfen?"

Stöhnend machte ich einen Schritt beiseite und ließ sie näher treten. „Du bist meine Rettung."
„Weiß ich doch." sagte sie und zwinkerte mir zu. Händisch legte sie einen Hebel um und drückte dann einen der Knöpfe, den ich zuvor schon mehrmals bearbeitet hatte. Mit Verdruss musste ich feststellen, dass sofort ein grünes Lämpchen anging und die Maschine ihren Job erledigte. Warum nicht gleich so. „Danke." sagte ich und schenkte Sarah ein erleichtertes Lächeln. Heute brauchte ich dringend eine extra Portion Kaffee - ein typischer Montag.

„Anstrengendes Wochenende gehabt?" fragte sie und hob eine Augenbraue. Sofort sprang mir Gab innerlich vor Augen, doch ich verscheuchte ihn sofort aus meinen Gedanken. „Ach, nein. Und bei dir so?"
„Das Übliche." Was auch immer das bedeuten mag. „Ah, okay."
Einige Sekunden war es still und nur das Geräusch der Kaffeemaschine füllte den kleinen Raum. Doch natürlich hielt dies nicht lange an. Sarah rutschte an der Theke etwas näher an mich heran und hatte diesen besonderen Blick drauf - es gab wohl ein neues Gerücht. „Ich hab da was gehört, vielleicht interessiert dich das auch." flüsterte sie und schaute noch mal kontrollierend zur Tür, ob wir auch wirklich allein waren. Schmunzelnd nickte ich. „Was hast du gehört?" Eigentlich war ich keine Tratschtante, aber wer konnte bei ein wenig Gossip am Morgen schon Nein sagen? Sarah grinste und rückte noch ein Stück näher, sodass ihre roten Locken beinahe meine Blonden berührten.
„Lisa, eine Volontärin aus der Redaktion, war am Samstag in Mitte unterwegs. Einfach zum Shoppen, nichts besonderes. Sie lief an mehreren Cafés und Restaurants vorbei und was meinst du, wen sie zufällig gesehen hat?" Sofort schoss ihr fragender Blick zu mir, doch ich brauchte nicht mal zu einer Antwort ansetzen - Sarah sprach einfach aufgeregt weiter. „Lars und Kendra!" rief sie und vergaß für einen kleinen Moment, ihre Stimme gesenkt zu halten. Überrascht zogen sich meine Augenbrauen nach oben. Lars und Kendra? Lars, mein Chef, mit der beängstigenden Marketing-Leitung? Das konnte doch nicht stimmen. Oder etwa doch?

„Was?" entkam es mir nur, da mir wirklich die Wörter fehlten. „Oder?! Ich war auch total überrascht und meinte nur, dass ich das erst glaube, wenn ich es mit eigenen Augen sehe."

Damals wie HeuteWhere stories live. Discover now