save you tonight

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Ich hatte es verhauen.

Meine Chance, Louis näher zu kommen, verspielt.

Aber wieso wollte ich das überhaupt? Bisher war Louis immer nur wütend. Er hatte sich verhalten, wie ein Arsch und trotzdem wollte ich helfen. Trotzdem wollte ich, dass es ihm gut ging.

Mittlerweile war es 3 Stunden her, dass Louis mich im Park hatte stehen lassen, doch dieser stechende Schmerz im Hals war nicht verschwunden.

Ich hatte mir nicht erlaubt, zu weinen, nicht wegen Louis. Nicht wegen so einer Sache.

Der Himmel hatte das für mich erledigt.

Seit ich im Park in mein Auto eingestiegen war, regnete es wie aus Eimern und ich fragte mich schon die ganze Zeit, wo Louis jetzt wohl wäre.

Er wohnte nicht in Denshaw, sondern ein paar Dörfer weiter in Richtung Bradford, doch er hatte mir gestern geschrieben, dass er kein Auto hätte, wie ich es tat, er konnte also nicht schnell nachhause fahren, sondern hätte mit dem Bus fahren müssen.

Aber der Busverkehr war wegen des Starkregens ausgefallen.

Fuck. Was wenn er noch irgendwo draußen rumlief? Alleine? Im Regen? Ohne eine Möglichkeit, nachhause zu kommen? Ihm müsste furchtbar kalt sein. Oh Gott was wäre, wenn er die ganze Nacht draußen bleiben müsste? Im Regen?

Naja, mir egal, er hatte sehr wohl ein Handy, mit dem er wen anrufen konnte, der ihn abholen würde, dachte ich mir, als ich mit meiner Gitarre auf meinem Fensterbrett saß und ein paar Akkorde spielte.

Und in genau diesem Moment begann mein Handy zu klingeln und der Song „I will survive" von Gloria Gaynor fing an. Ich liebte dieses Lied, aber jetzt sollte es mir nichts gutes bringen.

Ich sprang von der Fensterbank runter und griff nach meinem Handy, was auf meinem Schreibtisch lag.

Louis.

Wieso zur Hölle rief er mich denn jetzt an?

Was wollte er?

Wieso?

Ich verstand garnichts mehr. Doch ich ging vorsichtshalber ran.

Vielleicht wollte er sich ja entschuldigen.

„Harry?" schluchzte er.

Ich war sofort alamiert.

„Louis. Was ist los? Was ist passiert?" brachte ich völlig perplex hervor.

„Pa...Panik...Panikattacke..." seine Stimme zitterte und ich konnte ihn durchs Telefon weinen hören.

Aber nicht nur ihn konnte ich hören, sondern auch den strömenden Regen im Hintergrund. Er war draußen. Draußen in diesem Regen. In dieser Kälte.

„Wo bist du Louis? Ich komm zu dir. Sag mir bloß wo du bist." Während ich sprach, schnappte ich mir meinen Schlüssel und rannte aus der Tür zu meinem Auto. Ich hatte weder eine Jacke, noch richtige Schuhe an. Nur im T-Shirt und Pyjamahose saß ich jetzt in meinem Auto.

„P...Park...v...vorh...vorhin...Harry, es...tut mir leid..." seine Stimme zitterte immer und immer mehr, als ob jetzt noch die Kälte hinzu kommen würde.

„Alles gut Louis, ich brauch zehn Minuten, bleib einfach am Telefon. Ich bin gleich da, okay?"

„Mhm" schluchzte er zustimmend ins Telefon.

„Durchatmen Louis, ganz ruhig." versuchte ich ihm auf der Autofahrt immer und immer wieder zu erklären, aber funktionieren tat es eher weniger.

Als ich am Park angekommen war, schlug ich die Autotür förmlich auf und verschaffte mir einen kurzen Überblick über den relativ kleinen Park.

Und tatsächlich, direkt neben der Bank, auf der wir vorhin noch gesessen hatten, kauerte er. Ich erkannte ihn nicht sofort, doch ich wusste, dass er es war.

Als ich angelaufen kam, zog Louis sich auf zittrigen Beinen an der Bank hoch und stellte sich hin.

Da er aber nicht sonderlich stabil auf den Beinen war, drohte er, wieder umzukippen, doch ich konnte ihn in letzter Sekunde auffangen und verhindern, dass er zurück auf den Boden fiel.

Als ich ihn mit meinen Armen stützte, schlung er seine Arme um mich, seinen Kopf legte er gegen seine Brust.

Hätte ich nicht gewusst, dass Louis gerade mitten in einer echt schlimmen Panikattacke steckte, hätte ich diese enge Umarmung echt schön gefunden, doch ich konnte es nicht genießen, weil ich wusste, dass er keine Hilfe wollte, sie aber dringend brauchte.

Ich wollte ihm helfen. Ich musste es tun. Für ihn. Für Louis.

Als er wieder etwas sicherer auf den Beinen schien, ließ ich etwas locker und tat etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es mal tun würde.

Ich hob Louis mit beiden Armen hoch und trug ihn langsam und vorsichtig in Richtung meines Autos.

Das erwies sich nicht als sonderlich einfach, da Louis durch die klitschnassen Klamotten nochmal etwa 3 Kilo mehr wog.

Er zitterte am ganzen Körper, auch als ich ihn auf den Beifahrersitz setzte, die Autotür schloss und mich auf den Fahrersitz setzte. Ich merkte schnell, das hinten auf meinem Rücksitz noch ein Hoodie von mir lag, griff ihn mir und bot ihn Louis an, der mittlerweile etwas ruhiger atmete.

„Harry" brachte er leise hervor „Es tut mir leid, wirklich..." ich wollte gerade ansetzen, zu sagen, dass alles okay ist, als er mich unterbrach „Ich bin ein grauenvoller Mensch, Harry. Ich hab dich angeschrieb, oh gott, Harry, du wolltest mir nur helfen. Und ich hab dich angeschrien. Wieso bin ich so? Ich wollte das nicht. Nein. Du bist so toll zu mir und was mach ich, ich mach alles kaputt..."

Er redete so schnell, dass ich ihn kaum verstand, doch ich wusste, dass die Panikattacke zurückkommen könnte, wenn ich ihn nicht stoppte.

Also griff ich schnell nach seiner Hand und drückte fest zu.

„Louis, Louis, sieh mich an. Stopp." er sah zaghaft auf und man konnte ihm die Schuldgefühle an den Augen ansehen. Er hasste, was er getan hatte. Aber ich hasste es, wenn er Schuldgefühle hatte, also versicherte ich ihm folgendes.

„Es ist alles gut Louis. Ich bin nicht böse, okay? Ganz ruhig. Alles ist gut. Aber bleib nie wieder alleine im Regen draußen, das musst du mir versprechen Louis." ich hatte mir furchtbare Angst um ihn gemacht, das realisierte ich erst jetzt, vorher war ich nur mit ihm beschäftigt gewesen. Die Angst hatte mich zermürbt, aber ich hatte es nicht gemerkt. Und ich kannte nichtmal den Grund.

„Okay, Harry. Ich versprechs." er versuchte, mich anzulächeln, doch alles was rauskam war ein gezwungener Gesichtsausdruck, der nicht nach lächeln aussah.

„So, willst du jetzt den Pullover haben oder nicht?" fragte ich ihn, aber er hatte schon nach meinem dunkelgrünen Adidas Hoodie gegriffen, seinen klitschnassen Hoodie ausgezogen und meinen übergestreift, während ich immernoch in meiner gestreiften Pyjamahose und einem T-Shirt rumsaß, was ich niemals draußen getragen hätte, schon garnicht vor Louis.

Man, Louis Bauchmuskeln sahen verdammt gut aus, das musste ich zugeben.

Er sah verdammt gut aus.

Verdammt Harry, ordne deine Gedanken!

Hidden TruthWhere stories live. Discover now