long way down

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Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, erstmal nicht mehr auf Partys zu gehen.

Der Vorfall mit Olivia war aber mittlerweile schon etwa eineinhalb Wochen her und als Niall vorschlug, auf eine Party in Bradford zu gehen, schlug ich es ihm nicht ab.

Olivia würde eh nicht da sein. Sie wohnte zentraler in Manchester als Niall und ich, also lag ihre Schule, auf die auch Ed und Paul gingen, eher in der Nähe der Central Station von Manchester, wohingegen unsere Schule auf halbem Weg zwischen Manchester und Bradford lag. Wir wohnten beide in einem kleinen, eher ländlichen Vorort der Stadt, Olivia hingegen lebte in einer der reichsten Gegenden der ganzen Umgebung.

Ich hatte mich in ihrem Stadtteil nie so wirklich wohl gefühlt.

Naja, ich stimmte Niall also zu, auf eine Hausparty zu gehen, die wohl ein Mädchen namens Amelia geben sollte. Ich kannte sie nicht, aber wer kannte bei einer Hausparty denn schon den Gastgeber?

Um Punkt 18:30 holte Niall mich ab, um pünktlich da zu sein. Der Weg zur Party war etwas länger, als zu unserer Schule, da wir jetzt bis ganz nach Halifax und nicht wie sonst nach Ripponden mussten.

Auf dem Weg hielten wir beim nächsten Nandos an, um wenigstens etwas gegessen zu haben, wenn es bei der Party nichts geben sollte.

Mir war etwas mulmig zumute. Die ganzen letzten Tage hatte ich darüber nachgedacht, ob und wie ich mit Olivia Schluss machen sollte.

Und noch viel wichtiger: Sollte ich Niall von meiner Vermutung erzählen? Sollte ich ihm erzählen, dass ich glaubte, dass ich Olivia nicht liebte, weil ich mich immer mehr zu Männern hingezogen fühlte? Diese Fragen gingen mir immer und immer wieder durch den Kopf. Ständig schwirrten sie um mich rum und waren unmöglich auszublenden.

Ich hatte wirklich keine Ahnung.

Ich entschied also erstmal, das Thema heute weitestgehend auszublenden. Das Thema, die vielen Fragen existierten heute einfach mal nicht.

Das hoffte ich zumindest.

Als wir endlich ankamen, öffnete uns ein freundlich aussehendes Mädchen die Tür. In meinen Gedanken spekulierte ich, dass das jetzt wohl Amelia sein würde.

Naja, war ja auch unwichtig, wer sie war.

Wichtig war nur, heute alles loslassen zu können. Einfach Spaß zu haben.

Niall schleifte mich sofort mit auf die Tanzfläche, auf der ich mich deutlich nicht ganz so wohl fühlte, wie mein bester Freund.

Ich schob mich schnell an den tanzenden Teenagern vorbei an die Bar, holte mir ein Getränk, einen Vodka Cola und lehnte mich lässig gegen die Paletten, die als Tresen im Raum standen. Ich unterhielt mich mit ein paar Leuten, darunter Liam und Paul, und beobachtete meinen besten Freund beim Tanzen.

Er tanzte hin und her, mal mit dem Mädchen, mal mit einem anderen.

Er hatte Spaß.

Ich nicht.

Ich konnte nicht loslassen, was passiert war. Ich konnte meine Vermutung nicht ausblenden. Ich konnte nicht ausblenden, dass ich keine Gefühle für einen Menschen hatte, der mir gesagt hatte, dass er mich liebt.

Als ich mich gerade mit Liam darüber unterhielt, mit dem wie vielten Mädchen Niall jetzt tanzte, stieß ein schwarzhaariger, irgendwie mystisch aussehender Junge gegen Liam. Ein Ruck ging durch ihn und sein ganzes Getränk landete natürlich wo?

Auf meinem neuen Hemd.

Liam drehte sich ruckartig um und wollte den Jungen gerade anschnauzen, warum er denn nicht aufpassen könnte, als er stockte, den Jungen kurz ansah und sich wieder zu mir drehte.

Ich war etwas verwirrt, doch Liam schien es wichtiger, mein Hemd sauber zu bekommen. Als aber auch Paperservietten nicht halfen, versicherte ich Liam, dass alles gut sei und dass ich einfach kurz auf die Toilette gehen würde und es rauswaschen würde.

Er stimmte zu und zeigte auf den Flur, der anscheinend zu den Toiletten führen sollte.

Ich hoffte bloß eins.

„Bitte lass mich nicht Olivia begegnen"

Mein Wunsch wurde glücklicherweise erhört, doch als ich die Tür des kleinen WCs aufstieß, stockte ich in meiner Bewegung.

Auf dem Boden saß der Junge vom Kino, von der Party und weinte.

Hidden TruthWhere stories live. Discover now