end of the day

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Die nächsten Tage verliefen ruhig. Ich begegnete weder Olivia noch Louis, doch trotzdem ging mir die Begegnung auf der Toilette nicht aus dem Kopf.

Ich wusste nicht wieso oder was mit mir los war, doch was auch immer es war, es beschäftigte mich so sehr, dass ich schon fast genervt davon war.

Als ich gerade, an dem Samstag vor Ferienende, wieder nicht aus der Phase rauskam, in der ich nur an diese Begegnung denken konnte, beschloss ich erstmal, einen anderen, nicht gerade schönen Punkt von meiner mentalen Liste abzuhaken.

Olivia.

Ich musste das Thema endlich aus dem Weg schaffen, sonst würden mich die Gewissensbisse bis in alle Ewigkeit verfolgen.

Okay, stop, das würden sie so oder so tun.

Naja, trotzdem zückte ich jetzt mein Handy und öffnete zögerlich ihren Chat. Seit dem Vorfall auf der Party war nichts mehr passiert, komplette Funkstille. Wir hatten noch nie so lange nicht miteinander geredet. Bis auf einmal, als ich sie in der Grundschule aus Spaß einen Tag ignoriert hatte und sie daraufhin mit einer 14 Tage langen Phase der Ignoranz zurückgeschlagen hatte.

Das war grausam für den 7 jährigen Harry gewesen.

Doch jetzt war ich anders.

Jetzt hätte ich am liebsten noch 3 Monate nicht mit ihr gesprochen. Ich wollte ihr einfach nicht das Herz brechen, weil ich mich auf einmal zu Jungs hingezogen fühlte.

Naja, auf einmal war zu viel gesagt. Vor etwa einem Jahr hatte ich bemerkt, dass meine Gefühle für Olivia schwächer geworden waren. Etwa 3 Monate später hatte ich dann zum ersten mal dieses komische Gefühl im Bauch gespürt, was ich auch gespürt hatte, als ich Louis Hände genommen hatte.

Aber egal, wie lange es her war, ich musste ihr davon erzählen, dass ich nichts mehr für sie fühlte. Ich musste mit ihr Schluss machen, auch wenn es sie verletzen würde.

„Hey, Olivia, wir müssen reden. Kannst du so in 20 Minuten an der Brightford-Brücke
sein?"

Es dauerte nicht lange, da leuchtete mein Handy auf.

„Okay, bis gleich."

Ich war erleichtert, aber trotzdem stieg die
Nervosität in mir immer weiter hoch. Ich hoffte einfach, sie würde nicht herausfinden, was meine Vermutung war.

Weil die Brücke ein paar Straßen von meiner entfernt war, warf ich mir schnell eine warme Jacke über, verabschiedete mich von meiner Mum und meiner Schwester und lief zum Auto.

Auf der ganzen Fahrt zur Brücke, auf der Olivia und ich uns zum ersten Mal geküsst hatten, musste ich darüber nachdenken, wie ich es formulierte. Ich meine ich konnte doch nicht einfach sagen:

„Hi Olivia, ich mach Schluss, weil ich denke, dass ich schwul bin. Ciao."

Nein, so definitiv nicht. Ich musste mir schnell was überlegen, die Brücke war nur noch eine Straße entfernt.

Es war schon dunkel draußen, als ich das Auto parkte und trotzdem konnte ich im Schein der Laterne eine Gestalt erkennen.

Olivia.

Ich atmete kurz durch, bevor ich ausstieg und schnell in ihre Richtung ging.

„Hi Olivia"

„Hi Haz" Sie öffnete ihren Mund um noch mehr zu sagen, doch ich unterbrach sie.

„Nein, Stop. Sag jetzt nichts. Es...Es tut mir leid Olivia...aber ich konnte das nicht. Ich kann das nicht..." ich redete unfassbar leise, aber sie verstand mich trotzdem.

„Was kannst du nicht Harry?" fragte sie mich mit einem Gesichtsausdruck, der meinen Schuldgefühlen einen unglaublichen Stoß nach oben verpasste.

„Alles. Das hier. Das...mit uns halt."

Fuck. Jetzt war es raus. Ich wollte im Erdboden versinken, so schlecht fühlte ich mich.

„D...Du...machst Schluss?" brachte sie mit zitternder Stimmer hervor. Sie klang fast so, als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen.

„Aber...Aber wieso Harry?" eine Träne rollte über ihre Wange.

„Ich...Fuck, man ich wollte dir nicht wehtun Olivia. Es ist...nur so, dass es weg ist..."

„Das was weg ist?? Harry jetzt sag schon, was los ist?"

„Ich...Ich habe einfach keine Gefühle mehr für dich Olivia!" sagte ich schon fast zu laut und hoffte, in unserer Nähe wäre keiner, der uns hörte.

„Oh..." kam es von ihr zurück. Sie starrte auf ihre Schuhe, doch ich sah, dass immer mehr Tränen aus ihren Augen strömten, was mich noch schlechter fühlen ließ.

„Es tut mir leid Olivia, ich wollte das nicht. Es tut mir so leid..." Man, ich fühlte mich so verdammt schlecht

Keine Antwort.

„Bitte sag doch was Olivia."

Wieder keine Antwort.

Was sollte ich denn jetzt tun? Gehen? Sie umarmen? Weiter mit ihr reden?

Sie nahm mir die Entscheidung ab, indem sie sich umdrehte und mit schnellen Schritten zu ihrem Fahrrad lief, das an die Brücke gelehnt war. Olivia stieg auf und fuhr, ohne sich nochmal umzudrehen, über die Brücke in das dunkle Viertel auf der anderen Uferseite

Ich war völlig perplex und brauchte erstmal eine Sekunde, bevor ich realisiert hatte, was gerade passiert war und zu meinem Auto lief.

Meine Hand öffnete die Wagentür, ohne dass ich es realisierte und als ich auf dem Fahrersitz meines schwarzen Wagens saß, hatte ich immernoch nicht realisiert, was ich gerade getan hatte.

Langsam ließ ich meinen Kopf nach vorne sinken und stützte ihn mit den Händen, um nicht einzuknicken.

Hidden TruthWhere stories live. Discover now