-34. Kapitel-

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Bild: Wütende Engel im Himmel

Lawrence ist heute ungewöhnlich ruhig. Das merke ich schon nach den ersten Metern, die wir uns in Richtung Schule bewegen. Mehr als „Guten Morgen" habe ich nicht von ihm gehört. Sonst hat er mir schon die halbe Weltgeschichte erzählt, wenn wir gerade zehn Meter gelaufen sind.

„Alles okay?", frage ich deshalb misstrauisch nach, bekomme allerdings nur ein stummes Nicken als Antwort. Der Rest des Schulwegs läuft nicht anders. Ab und zu höre ich wie er Luft einzieht und sie nach ein paar Sekunden wieder entweichen lässt. Lawrence ist allerdings jemand, der von allein über seine Sorgen spricht. Wenn ich beabsichtigt das Thema erwähne, hält er seinen Vortrag wie unhöflich es seie, jemanden vorzuwerfen, er seie schlecht gelaunt, obwohl man die Verhältnisse nicht kenne.

An der Schule angekommen, dauert es nicht lange, bis ich die ersten Bekannten erblicke. Xander, Jayden und Jeff gehen wie gewöhnlich morgens nochmal zum Rauchen um die Ecke.

Kurz bevor wir die Eingangstür erreichen, kreuzen sich unsere Wege. Mit der Hand deute ich Lawrence an, kurz zu warten und gehe auf die Jungs zu.

Jeffs Arm ist um die Hüfte eines Mädchens geschlungen, dessen Augen wohl für ihn entstanden sind - so konzentriert wie sie ihn ansieht, kann man das in der Tat denken. Mit ihrem Fingern streicht sie ihm durch sein langes Haar, das ihm in die Stirn fällt. Kurz nicke ich ihnen zu - aus reiner Höflichkeit - und wende mich an Jayden und Xander, die Jeffs Verhalten wohl gewohnt sind.

„Hi", grüße ich die beiden. Eigentlich hätte ich Xander lieber allein erwischt.

„Na." Jayden zieht die Zigarettenschachtel aus seiner Tommy Hilfiger Jacke. „Was geht?"

„Nicht viel." Es klingt desinteressiert, was er mir zum Glück nicht übel nimmt, sondern mit seinem Raucherlächeln abstempelt. Meine Aufmerksamkeit gilt allein Xander, dessen offener langer Mantel im Wind weht. Ihm steht dieses Kleidungsstück einfach nur brillant. Es passt farblich perfekt zu seinen glänzenden Haaren. Ein helles Schwarz. Die grünen Augen stechen aus dem Bild heraus. Seine Haut ist unglaublich hell. Fast schon weiß.

Ich erwische mich selbst dabei, wie ich ihn anstarre und zwinge mich kurz zu Lawrence zu sehen. Wie peinlich. „Ich habe dein Plakat dabei", beginne ich zu reden. Jayden hat meinen Blick bemerkt, was sein Raucherlächeln nur noch rauchiger wirken lässt. Bitte lass mich im Erdboden versinken. „Brauchst du ... noch was?", stottere ich unsicher und stecke mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Auch wenn ich der Meinung bin, man solle im Leben nichts bereuen, tue ich es doch, als ich mir die Worte durch den Kopf gehen lasse. Ich mache mich gerade zum Affen.

Er schüttelt den Kopf: „Nichts, was du mir einfach so geben könntest." Dafür kassiert er einen Schlag auf den Hinterkopf. Nicht von mir. Ich bin froh, dass er mich nicht für dumm verkauft. Von Jeff, der seine Freundin ziehen lassen hat. Wütend sieht er ihn an: „Bruder, was ist los mit dir? Lass den Scheiß und red anständig!"

Xander reibt sich die Stelle, an die Jeff ihn nicht gerade zärtlich gehauen hat: „Fick dich, Jeff." Das sind die letzten Worte, bevor Xander mit aufeinander gepressten Lippen und zusammengekniffenen Augen verschwindet. Er hat das Recht auf diese Reaktion. Beste Freunde schlagen sich nicht. Schon gar nicht so.

„Jeff, gehts dir noch ganz gut? Hast du schon wieder vergessen, was er uns gestern erzählt hat? Und du haust natürlich auch noch drauf. Ist ja nicht dein Problem, wenn er Schmerzen hat. Du bist ein egoistisches Schwein." Jayden redet wild auf ihn ein, wirbelt mit den Händen vor seiner Nase herum und ist legt keinen Wert darauf, dass umstehende Schüler jedes Wort verstehen.

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