-15. Kapitel-

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Bild: Herz, das sich im Dunkeln sonnt

Um 17:00 Uhr begebe ich mich auf den Heimweg. Ril wurde von Zach abgeholt, weswegen ich die Straßen an diesem Abend allein betrete. Sie haben zwar angeboten mich nach Hause zu fahren, aber ich habe darauf bestanden den Bus zu nehmen. Es sind nicht viele Stationen bis nach Hause und spät ist es auch noch nicht.

„Salut", ruft Éva mir hinterher als ich zur Haltestelle schlendere. Ich hebe nur kurz die Hand und lasse mich dann an das Glas der Haltestelle fallen. Die meisten Besucher sind längst gegangen. So kehrt langsam Ruhe unter die Bevölkerung. Einige Lichter brennen in den Häusern. In anderen ist es noch dunkel. Wenige Autos sind ein Teil des leblosen Verkehrs. Fußgänger sind kaum zu sehen.

Der Bus fährt vor und ich steige ein. Wie gewöhnlich halte ich die Fahrkarte hoch, die der Fahrer flüchtig betrachtet. Wieso er die Karten nicht genau kontrolliert, kann ich nicht nachvollziehen. Möglicherweise will er einfach keinen Stress anfangen und den Tag hinter sich bringen.

Ich lasse mich auf den Sitz im Vierer fallen und entdecke denselben Jungen wie letztes Mal. Was für ein dummer Zufall. Wie kann es sein, dass er jedes Mal im Bus ist? Macht er den ganzen Tag vielleicht nichts anderes?

„Du fährst oft Bus", stelle ich monoton fest. Xander schiebt eine Seite seiner Kopfhörer nach hinten, damit er mich besser verstehen kann. Seine Haare hängen ihm unordentlich in der Stirn. Auf dem Sitz neben ihm liegt sein Rucksack, der mit nur wenigen Materialien gefüllt zu sein scheint.

„Du auch, nicht?", antwortet er leicht lachend. Neugierig beobachte ich seine Bewegungen. Ob er nach Hause fährt oder zu einem Freund? Es wäre seltsam zu fragen, weswegen ich meinen Mund halte und aus dem Fenster blicke. Seine Hand wandert zu seinem Kopf, um die Hörer wieder zu richten.

Es herrscht Stille im Bus. Nur der Motor gibt das regelmäßige Brummen von sich. Drei weitere Menschen sitzen mit uns hier. Jeder verteilt und in seine Gedanken vertieft. An was sie wohl denken? Vielleicht fragen sie sich das Gleiche gerade über mich.

Jeder von ihnen hat ein anderes Leben und ist gerade in einer anderen Situation gefangen. Die ältere Dame könnte gerade vom Einkaufen kommen. Ihr Mann könnte Zuhause auf sie warten und hoffen, dass sie was Genießbares zum Essen kocht.

Das Mädchen könnte in einer Beziehungskrise stecken. Streit mit einem wichtigen Menschen. Sie könnte nicht weiter wissen und es würde ihr helfen mit jemanden zu sprechen, doch sie weiß nicht mit wem.

Ich würde ihr gerne helfen. Manchmal kann man so viel im Leben beeinflussen ohne es eigentlich zu merken. Handeln ist die Lösung. Nicht hinsetzen und zusehen.

Das Gefährt hält und ein Mädchen steigt ein. Die ältere Frau steht auf und verlässt den Bus mit schwerfälligen Schritten.

Mein Kopf hebt sich zu dem jungen Mädchen, das in dem Vierer auf der anderen Seite des Ganges Platz nimmt. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass es weint. Die Schultern hängen schlapp herunter. Die Mütze sitzt ihr tief im Gesicht. Leise Schluchzer kommen bei uns an.

Sie vergräbt ihr Gesicht in ihren kleinen Händen. Sofort erkenne ich, dass es Lacey ist, die da weint. Xander scheint es nicht zu bemerken oder er will es einfach nicht sehen, denn er starrt weiter ohne sie zu beachten aus dem Fenster.

Ich stehe augenblicklich auf und setze mich neben das Mädchen, das kurz ihren Blick hebt, ihn aber wieder senkt als sie mich erkennt. Schluchzend lehnt sie sich an mich. Es soll ihr nicht schlecht gehen.

„Was ist passiert?", frage ich leise. Sie schüttelt nur ihren Kopf und lässt die Tränen weiter ihre Wangen hinunter laufen. Es tut mir unheimlich weh zu sehen wie sie leidet. Es ist schlimm, wenn Kinder weinen, denn grundsätzlich sind sie glücklich und sind sie es nicht, ist es eine Schande.

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