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Die nächste Woche war hart und zog sich. Ich blieb in der Pension, auch wenn ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen. Ich wusste, dass das die Situation nicht besser machte, aber ich konnte irgendwie nicht von hier weggehen.Es ging einfach nicht. Die Ausflüge, die ich weiterhin unternahm, waren nicht mehr annähernd so schön, ich konnte mich gar nicht auf die schönen Landschaften und Strände konzentrieren, so sehr hing ich immer wieder meinen Gedanken an ihn nach.

Genau wie heute. Ich war die Westküsten heruntergefahren, ohne eigentlich genau zu wissen wohin ich eigentlichwollte und war nun hier gelandet. An einem kleinen Strand nicht weit von der Küstenstraße. Das Wasser war hier so türkisblau, dass ich fast nicht glauben konnte, dass ich tatsächlich nur auf Rhodos war und nicht mal schnell in die Karibik verfrachtet wurde. Doch es packte mich nicht so, wie es dass noch vor einer Woche getan hätte. Das nervte mich. Vor allem kam es auf der Kamera nicht mal annähernd in der richtigen Farbe heraus. Also konnte ich den Moment nicht mal richtig festhalten. Normalerweise hätte mich das nicht so aufgeregt, aber ich war wütend. Wütend darauf, dass es mir so schlecht ging, dass es ihm wegen mir so schlecht ging. Aber vor allem war ich wütend darauf, dass ich ihn so vermisste. Wie konnte das nach so kurzer Zeit schon sein? Wie konnte ich mich nach so kurzer Zeit schon so verlieben? Denn das war ich, es gab keine Zweifel mehr, nicht daran. Mit einem lauten Seufzer ließ ich mich auf den steinigen Strand sinken und bettete die Kamera in meinem Schoss. Ich sah auf die schämenden Wellen, die sich fast bis an meine nackten Füße ergossen und blinzelte in die grelle Sonne. Immerhin war das Wetter nicht so betrübt wie meine Stimmung. Nochmal tief durchatmend und die salzige Luft in meine Lunge ziehend, nahm ich die Kamera in die Hände und scrollte durch die Bilder. Wie oft hatte ich das in dieser Woche schon gemacht, wie oft hatte ich mir genau diese Bilder angesehen? Die Bilder von ihm beim Surfen, beim Herumalbern mit mir und das eine Bild vor dem Haus, in dem er in der Sonne einfach nur wunderbar aussah. Jedes Mal bildete sich wieder ein Kloss in meinem Hals, jedes Mal merkte ich wie der Druck in meinen Augen stieg, wie meine Hände leicht zu zittern anfingen. Trotzdem konnte ich es nicht lassen. Wenn ich ihn nicht in die Augen sehen konnte, dann blieb mir nur noch das. Doch mit jedem weiteren Bild wurden meine Augen glasiger und meine Sicht schwammiger, bis die Bilder vor meinen Augen verschwammen.

Es wurde über die nächsten Tage nicht wirklich besser. Daran waren meine Eltern auch nicht ganz unschuldig, denn dass sie mir die Reise bei jedem Telefonat schlecht redeten, machte das Ganze auch nicht gerade leichter. Nur Ella verstand, dass ich noch nicht gehen wollte, dass ich die letzten Monate noch hier bleiben wollte. Auch wenn sie sich das „Ich habe es dir doch gesagt", zu meinem David-Problem nicht verkneifen konnte. Ich hatte noch nicht das in mir gefunden was ich suchte, meine Reise war noch nicht beendet. Außerdem ging es doch jetzt erst richtig los, der Mai war angebrochen und ich hatte einen Job. Rick hatte mich am Dienstag mit zu seiner Schicht genommen und mir alles gezeigt. Er hatte mich so gut eingearbeitet, dass der Besitzer mich gerne als Aushilfe für die nächsten Wochen einstellte. Es waren nur drei Tage die Woche, doch das war schon einiges an Geld, dass ich für die Ausflüge einsetzen konnte, ohne an meine Rücklagen heran zu müssen. Es hatte den Montag, den Mittwoch und den Freitag getroffen. Eigentlich gar nicht so schlecht. Ich freute mich sogar, als ich diesen Mittwoch hinfuhr und mich in die Schürze schmiss. Nur war nicht so viel los wie erhofft und das Geschirr war heute sehr störrisch. Irgendwie wollte es einfach nicht so in die Spülmaschine, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich war kurz davor, den einen Teller an die Wand zu klatschen. Natürlich war es nicht die Schuld des Geschirrs, sondern die Schuldgefühle tief in mir. Ich fühlte mich so elend. Jedes Mal, wenn ich David über den Weg lief, war es wie ein Stich ins Herz und heute morgen musste ich an ihm vorbei. Ich konnte nicht Anna im Stich lassen, nur um ihn aus dem Weg zu gehen. Das schlimmste dabei war, dass ich trotzdem ich es mit aller Kraft versuchte, meinen Blick nicht von ihm wenden konnte. Ich vermisste ihn wirklich jetzt schon, dabei kannten wir uns noch nicht mal einen kompletten Monat.

An Island awayWhere stories live. Discover now