Ein wundervoller Reiseführer

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David hatte kein spektakuläres Auto, es war ein einfacher Geländewagen, dessen Kofferraum voll mit Weinflaschen war und selbst hinter den Sitzen befanden sich nochmal zwei Kästen.

„Dafür, dass noch keine Hochsaison ist, brauchen die aber viel Wein."

Er sah kurz von der nicht stark befahrenen Straße zu mir herüber und nach hinten.

„Ja sie beginnen jetzt langsam die Vorräte aufzustocken, im Mai kommen doch schon ein paar Leute. Vor allem die wohlhabenden Reisenden sind oft vom Mai bis hin zum September auf der Insel. Außerdem sind die Restaurants offen."

In dem Fall war das wohl eine ziemlich teuere Fracht, die wir hier beförderten.

„Wie kommt es eigentlich, dass du auf einem Weingut arbeitest?"

Seine Geschichte interessierte mich, genauso wie ihn meine interessierte.

„Na ja, ich habe vor vier Jahren ein Work & Travel Jahr auf der Insel gemacht und dort war das mit im Angebot. Es erschien mir eine gute Arbeit zu sein. Die Arbeitszeiten lassen sich super mit viel Freizeit kombinieren. Klar zu viel Schlaf sollte man nicht brauchen und auch ab und zu ein Wochenenddienst sollte einen nicht stören, aber mir machte das nichts aus."

„Vor vier Jahren? Und dann arbeitest du immer noch dort?"

Ein breites Grinsen zog sich über sein Gesicht.

„Ja, es gefällt mir. Die Leute sind nett, die Bezahlung ist gut und sie haben kein Problem, dass ich jedes Jahr mal für ein bis zwei Monate nach Deutschland gehe."

Wow, dann lebte er ja hier. Seit vier Jahren. Das fand ich sehr faszinierend, wie alt war er dann wohl gewesen, als er hier her gekommen war? Doch was mich noch mehr interessierte, warum kam er trotzdem immer noch eine Zeit nach Deutschland?

„Du bist also quasi hierher ausgewandert? Was treibt dich dann trotzdem noch nach Deutschland? Deine Familie?"

Sein Gesicht verzog sich ein wenig, doch dann versuchter er sich wieder an einem Lächeln.

„Mein Bruder. Das erste Jahr bin ich komplett geblieben, aber ich will ihn einfach nicht das ganze Jahr alleine lassen. Obwohl ich nichts lieber täte, als über das ganze Jahr hier zu bleiben. Der Abschied von der Insel fällt immer schwer und Deutschland ist für mich ein schwieriges Pflaster."

Ich konnte sein Bedauern sehen und fragte mich was da wohl dahintersteckte.

„Du hast einen Bruder? Was ist mit euren Eltern? Haben die nicht etwas gegen deinen langen Urlaub?" Ich setzte mit den Fingern das Wort langen Urlaub in Anführungszeichen, schließlich arbeitete er ja für sein Leben hier.

„Unsere Eltern interessieren sich nicht so für das, was wir machen, oder auch nicht machen." Seine Stimme nahm dabei einen bitteren Ton an, der verdeutlichte, dass er nicht mehr dazu zu sagen hatte. Da hatte ich wohl einen Nerv getroffen. Über seine Familie redete er also nicht gerne. Aber das war auch eine harte Aussage, dass ihre Eltern sich nicht für sie interessierten. Obwohl ich gerne mehr erfahren hätte, wollte ich ihm nicht zu sehr auf den Zahn fühlen, schließlich wollte ich auch nicht, dass er das bei mir tat.

„Aber genug über mich, jetzt erzähl doch mal etwas über dich." Sein Blick wurde wieder fröhlicher und er sah kurz mit einem interessierten Blick zu mir.

„Na gut, was willst du denn wissen?"

Ich erhaschte gerade noch den letzten Blick auf das wunderschöne Meer, da verließen wir auch schon die Küstenstraße und fuhren in Richtung des Landesinneren.

„Vor allem was dich hier her getrieben hat. Du scheinst ja nicht mit einer Organisation hier zu sein und du siehst auch nicht wie die typische Touristin aus."

An Island awayWhere stories live. Discover now