Follow the Sun

By Lolasue

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Lucea und Aragorn wuchsen zusammen in Imladris auf. Ihre Wege trennten sich für lange Zeit, doch als Elronds... More

Prolog
Zugvögel
Begrüßungen
Athelas
Schweigen
Der Rat
Entschluss
Medaillon
Aufbruch nach Moria
Erdrückende Dunkelheit
Trauer und Hoffnung
Sterne
Angst
Verlust
Rohan
Mojca
Suche
Schwur
Huorns
Schlangenzunge
Endlose Müdigkeit
Palantír
Geschichte
Leuchtfeuer
Dunharg
Elrond
Fürst Imrahil von Dol Amroth
Die Häuser der Heilung
Schwarzer Anhauch
Heilende Hände
Bote
Vertrauen
Fort
Gesichter
Vergangenheit
Rückkehr
Krönung
Fest
Erinnerung
Epilog

Hannon-le

369 19 8
By Lolasue

In den Häusern der Heilung war in den letzten Tagen Ruhe eingekehrt. Nun ist wieder beinahe jeder Lagerplatz besetzt. Etliche Rohirrim und Gondorer wurden verletzt. Viele der Männer haben Wunden davongetragen, die sich nach der langen Reise entzündet haben. Andere sind hier, um sich von der kräftezehrenden Dunkelheit Mordors und der übermäßigen Erschöpfung zu erholen. Aus Platzmangel haben wir jene Patienten nach Hause geschickt, bei denen dies bereits möglich war. Jedes Mal, wenn ich einen der obersten Heiler entdecke, steht in ihren Gesichtern dieselbe Hast wie vor wenigen Wochen. Ich schüttle kurz den Kopf, um den Gedanken loszuwerden, und wende mich meiner Aufgabe im Hier und Jetzt zu. In dem Bett vor mir liegt Frodo. Seine Haut ist so blass und durchscheinend als wäre er ein Geist. Ein Schauder rinnt meinen Rücken hinab bei diesem Gedanken, denn ich erinnere mich noch gut daran, als Aragorn mit den vier Hobbits nach Bruchtal gelangte. Damals war Frodo wirklich kurz davor, für immer in der Geisterwelt zu wandeln. Nun liegt er wieder vor mir, ohnmächtig vor Erschöpfung, geschwächt von den Strapazen der langen Reise und den Wunden. Ich habe bereits den gröbsten Schmutz entfernt und seinen Finger behandelt. Was auch immer geschehen ist, dass er ihn verloren hat, es muss äußerst schmerzhaft gewesen sein. Der Streich einer Klinge ist schnell vorüber, aber es ist kein glatter Schnitt. Vielmehr sieht es aus, als wäre der Finger abgerissen. Nun reibe ich die geschundenen Hobbitfüße mit einer kühlenden Paste ein. Ab und zu mustere ich den Schwarzhaarigen prüfend, ob ich auch keinen Kratzer übersehen habe. Dabei bleibt mein Blick an seinem Hals hängen. Keine Kette und kein Ring baumeln dort mehr. Stattdessen zeichnen sich tiefe, rote Striemen ab. Das goldene Rund muss wahrlich schwer gewogen haben, je weiter sich die beiden tapferen Hobbits dem Schicksalsberg näherten.

Nachdem ich Frodo ausreichend versorgt habe, decke ich ihn gut zu und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann wende ich mich seinem verwegenen Freund zu, der in dem Bett gegenüber liegt. Sam fehlt zum Glück nicht viel. Wie auch Frodo benötigt er eine Mütze voll ungestörten Schlafes. Auch seine Wunden säubere ich gewissenhaft und reibe seine großen Füße mit der schmerzlindernden Paste ein. Als ich den Rotblonden zudecke, dreht er sich auf die Seite, murmelt etwas Unverständliches und lässt ein wohliges Seufzen vernehmen. Lächelnd gebe ich auch ihm einen Kuss auf die Stirn und setze einen Kräutersud auf. Die Wirkung manchen Krauts entfaltet sich erst, wenn man es zu einem dampfenden Sud kocht. Das schmeckt meist unangenehm bitter, doch es wirkt wahre Wunder. Wer sich strikt weigert, sich das Gebräu einflößen zu lassen, muss eben die Dämpfe inhalieren. Da die Hobbits tief und fest schlafen, werde ich sie deshalb nicht wecken. Nach getaner Arbeit verlasse leise das Zimmer. Sobald ich die Tür geschlossen habe, möchte ich mich emsig wieder nach unten begeben, um den Soldaten zu helfen. Doch als ich mich umdrehe, steht Gandalf vor mir. Vor Schreck zucke ich zusammen.

» Verzeih, ich wollte dich nicht erschrecken «, murmelt der Zauberer entschuldigend und lächelt milde, doch in seinen Augen spiegelt sich dieselbe Sorge wie ich sie empfinde.

» Wie geht es den beiden? «, fragt er. Ich muss erst einmal tief durchatmen, bevor ich sprechen kann.

» Sie werden genesen, doch jetzt brauchen sie viel Ruhe und genügend Schlaf «, antworte ich und mustere mein Gegenüber mit dem geschulten Auge einer Heilerin,

» Dir fehlt bestimmt nichts, Mithrandir? «.

» Nein, meine Liebe «, erwidert er und tätschelt meine Schulter, ehe er sich an mir vorbei in das Zimmer der Hobbits schiebt und sich dort auf einem Stuhl am Fenster niederlässt. Ich nicke dem Istar zu – insgeheim froh darüber, dass er bei den beiden wacht – und setze meinen Weg fort.

Unten angekommen scheinen zwei Personen meinen Blick magisch anzuziehen, was vielleicht auch daran liegen mag, dass es die einzigen Elben unter den vielen Menschen hier sind. Keine Zeit verlierend, eile ich zu ihnen hinüber. Die Königskinder von Düsterwald sitzen nebeneinander auf einem Lager und beobachten das Treiben um sie herum. Sie haben mich längst bemerkt und sehen mir bereits entgegen.

» Gi suilon «, sagt Legolas und neigt das Haupt, während mir Laladriel sanft zulächelt.

» Ea-ha bân na tir-le. Nae saian luume «, flüstere ich und umarme zunächst Laladriel, dann Legolas.

» Lle tyava quel? «, frage ich schließlich und mustere die beiden prüfend. Als mein Blick Laladriels Arm streift, erinnere ich mich an ihre Ankunft. Vorsichtig betaste ich ihren linken Unterarm und ihre Hand. Die Elbin zieht scharf die Luft ein, bewegt jedoch keinen Muskel.

» Das ist nicht nur ein einziger Bruch «, stelle ich fest,

» Was ist geschehen? «. Während ich den Arm behutsam säubere und eine Schiene vom Ellenbogen bis zu den Fingerspitzen anlege, schildert mir Legolas, was vorgefallen ist. Er erzählt, dass das Heer der Menschen aus Gondor und Rohan von dem schwarzen Gezücht eingeschlossen wurde und sie Rücken an Rücken gegen Orks kämpften.

» Dann kamen einige Trolle hervor, doch wir hatten keine Zeit, uns neu zu formieren. Aragorn stand einem von ihnen gegenüber. Allein hätte nicht einmal der beste Krieger eine Chance gegen diese Ungeheuer. Der Troll zwang Aragorn zu Boden und wollte ihn zerquetschen «, der Prinz hält kurz Inne und schließt einen Moment die Augen.

» Wir wollten ihm zu Hilfe eilen, doch es gab kein Durchkommen. Laladriel war ihm am nächsten und schaffte es, sich unter dem Fuß des Trolls hindurch zu rollen und Aragorn beiseitezuschieben. Nur ihr Arm... «, er spricht nicht weiter und streicht seiner Schwester liebevoll über den Rücken. Mit großen Augen sehe ich die Prinzessin an, vergesse sogar eine Sekunde meine Arbeit, als mir die volle Tragweite von Legolas' Worten klar wird. Sie hätte sterben können. Ein Leben für ein anderes gegeben. Mein Herz läuft über vor Erleichterung, Dankbarkeit, Sorge und so vielen anderen Gefühlen, dass ich sie nicht alle aufzuzählen vermag.

» Hannon-le «, hauche ich voll Bewunderung als ich meine Sprache wiedergefunden habe.

» Ich habe es dir versprochen, meldis nîn «, flüstert Laladriel und sieht mir in die Augen. Es kommt mir fast so vor, als könne sie bis in die Tiefen meiner Seele blicken, denn ein feines Lächeln zeichnet sich auf ihren Lippen ab.

» Hannon-le «, sage ich erneut und neige den Kopf vor ihr,

» Cormlle naa tanya tel'raa «. Nachdem ich der schönen Elleth ein Tuch um Hals und Schulter geschlungen habe, damit sie ihren Arm in die entstandene Schlinge legen kann, wende ich mich ihrem Bruder zu.

» Man i feled lîn? «, frage ich ihn.

» Hannon gîn, ach ni maer «, spricht er und schüttelt lächelnd den Kopf.

Später an diesem Tag – es ist bereits dunkle Nacht – sehe ich auf dem Weg zur Feste noch nach Alana. Aus dem Fenster der Hütte der alten Frau fällt noch tanzendes Kerzenlicht auf die Steine des Weges. Ich klopfe und trete ein, ganz so wie sie es mich immer geheißen hat. Alana sitzt in ihrem Schaukelstuhl, ein Buch im Schoß und die Hände darüber gefaltet. Als ich nähertrete, blickt sie auf und ein Lächeln erhellt das faltige Gesicht.

» Mein Kind, dich hätte ich zu so später Stunde nicht mehr hier erwartet «, meint sie und deutet auf den Schemel neben sich. Ich komme der stillen Aufforderung nach und lasse mich neben ihr nieder.

» Sind alle deine Freunde heil zurückgekehrt? «, fragt sie, ehe ich das Wort ergreifen kann.

» Ja, das sind sie. Doch nicht alle unversehrt. Der Arm der Prinzessin des Düsterwaldes ist vom Ellenbogen abwärts zersplittert und einer der Hobbits verlor einen Finger. Ich konnte aber noch nicht mit allen sprechen «, erzähle ich und kann die mitschwingende Melancholie in meiner Stimme nicht unterdrücken. Also stütze ich das Kinn auf meiner Handfläche ab und sehe schweigend aus dem Fenster.

» Deine Freunde werden wieder gesund. Du weißt, dass die Verletzungen der Elben sehr viel schneller und besser heilen als bei uns Menschen «, meint sie und tätschelt aufmunternd meine Schulter.

» Doch gehe ich recht in der Annahme, dass du noch nicht mit ihm gesprochen hast? «, will sie wissen und die Neugier spricht aus ihren funkelnden Augen.

» Unter anderem «, seufze ich und verwünsche meine Stimme dafür, dass sie mich so oft verrät.

» Lass dein Herz nicht verzagen «, rät mir die Ältere,

» Eure Zeit wird kommen, wenn Eru Ilúvatar es so wünscht und das tut er bestimmt. Sonst hätte er euch niemals auf eine solch wunderbare Weise zusammengeführt «. Ihre Worte geben mir Kraft, wie das klare Wasser einer Quelle den Durst stillt. Zuversicht durchströmt mich und glättet die Furchen, die Sorge und Kummer in mein Herz gegraben haben.

» Ich danke dir «, erwidere ich und besinne mich auf den Grund meines Besuches. Ernst sehe ich die ehemalige Freundin meiner Mutter an.

» Sind...sind deine Söhne wohlbehalten zurückgekehrt? «, frage ich dann vorsichtig. Zu meiner Überraschung lacht Alana herzlich auf.

» Ja, Illúvatar sei Dank, alle drei «, antwortet sie,

» Ich habe dir zu danken, mein Kind. Doch nun geh und sieh nach deinem Liebsten «. Vom leisen Lachen der weißhaarigen Dame begleitet, erhebe ich mich, neige den Kopf zum Abschied und mache mich auf den Weg zum Schloss. Ich ringe ein wenig mit mir, ob ich Aragorn suchen oder gleich zu Bett gehen sollte. Vielleicht ist er noch immer in einer Unterredung mit den Fürsten und Lehensherren und ich würde nur stören?

In Gedanken versunken, laufe ich einen Gang entlang und erhasche ab und zu einen Blick durch die hohen Fensterbögen nach draußen. Die Lichter der wenigen Fackeln tanzen über die steinernen Wände. Mein Schatten wirkt zwischen den grazilen Figuren wie ein unförmiger Koloss. Als sich der Gang mit einem anderen Kreuzt, bleibe ich unschlüssig stehen, blicke mehr in mein Inneres, als auf meine Umgebung zu achten. Deshalb bemerke ich auch die Gestalt nicht, die sich vom anderen Ende des Korridors her nähert. Erst, als der leise hallende Ton der Schritte an mein Ohr dringt, löse ich den Blick von dem faszinierenden Schattenspiel und richte ihn auf die nahende Person. Mein Atem stockt, mein Herz stolpert aus seinem gleichmäßigen Takt. Die Frage, die gerade noch durch meinen Kopf kreiste, ist wie fortgespült. Dort, gerade einmal zehn Rangar vor mir entfernt, steht er. Aragorn. Sekunden verstreichen, dann höre ich ihn meinen Namen sagen. Noch im selben Moment löse ich mich aus meiner Starre und laufe ihm entgegen. Vor ihm möchte ich stehen bleiben, doch er macht einen Schritt auf mich zu und schließt mich in seine Arme, vergräbt das Gesicht in meinen Haaren. Mit aller Macht halte ich die Freudentränen zurück, doch einige wenige entwischen mir doch.

» Melethril, pîn táva, hûn nîn «, murmelt Aragorn an meinem Ohr und haucht einen Kuss auf meine Wange, küsst sich einen Weg zu meinen Lippen. Zart und weich sind die seinen und schmecken nach ihm, nach Wald und nach dem süßen Duft der Niphredil. Seine Hände umschließen sachte mein Gesicht und ich ziehe ihn an den Schultern noch enger an mich. Schließlich lösen wir uns voneinander und sehen uns tief in die Augen. Das helle Blaugrau nimmt mich jedes Mal wieder gefangen.

» Komm «, flüstert Aragorn,

» Lass uns ein Stück gehen «. Ich nehme seinen mir dargebotenen Arm und so spazieren wir durch das Schloss bis in einen kleinen Garten, in dessen Mitte ein Brunnen vor sich hin plätschert. Unweit des gurgelnden Wassers streckt eine knorrige Birke ihre blättrige Krone über eine steinerne Bank. Weitere Bäume dieser Art mit den weiß-schwarz gemusterten und grazilen Stämmen wachsen in diesem Garten und bilden einen schützenden Hein. Schweigend lassen wir uns auf der Bank nieder. Es ist ein angenehmes Schweigen, einträchtig. Wir genießen die Nähe des anderen und betrachten die Sterne hoch oben am dunkelblauen Firmament. Irgendwann nimmt Aragorn meine Hand und ich wende mein Gesicht ihm zu.

» Es tut mir leid, dass ich dich nicht früher begrüßt habe «, gesteht er mit gedämpfter Stimme,

» Verzeih mir, dass ich mich abgewandte «. Milde lächelnd schüttle ich den Kopf.

» Es gibt nichts zu verzeihen, Aragorn «, erwidere ich und streiche sachte über seinen Bart. Mit einem Mal kehrt das Funkeln in seine Augen zurück und liebevoll löst er meine Haare aus dem Knoten, zu dem ich sie gebunden hatte.

» Ci ammain athar i lyth bain i amar hen «, flüstert er und wickelt eine Strähne um seine Finger,

» Le melin, Lucea «. Ein Windhauch raschelt durch die Blätter der Birken und streift durch deren Äste. Mein Herz schlägt schnell, als ich seine Hand über die Stelle lege, unter der es schlägt. Meine andere Hand lasse ich auf seiner Brust ruhen. Auch sein Herz hämmert schnell, im Einklang mit dem meinen.

» Hûn nîn gar-le «, hauche ich, bevor er mich erneut eng an sich zieht und meine Lippen zärtlich mit den seinen versiegelt.



Gi suilon – Ich grüße dich

Ea-ha bân tir-le – Es ist schön, euch zu sehen.

Nae saian luume – Es ist zu lange her

Lle tyava quel? – Geht es euch gut?

Hannon-le – Danke

meldis nîn – meine Freundin

Cormlle naa tanya tel'raa – Dein Herz ist das einer Löwin.

Elleth – Elbin

Man i feled lîn? – Wie ist dein Befinden?

Hannon gîn, ach ni maer – Ich danke dir, aber mir geht es gut.

Rangar - ein númenórisches Längenmaß (1 Ranga = knapp 1 Meter)

Melethril – Geliebte

pîn táva – kleine Tanne

hûn nîn – mein Herz

Ci ammain athar i lyth bain i amar hen – Du bist schöner als alle Blumen dieser Welt.

Le melin – Ich liebe dich

Hûn nîn gar-le – Mein Herz gehört dir

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