Some of us are human | ✓

By ozeanwind

217K 17.2K 12K

Band 1 der Ocean-Reihe. 'Menschen sind Monster, Elias.'... More

Prolog
01 - Wie man wieder atmet.
02 - Wie man den Schnee fallen hört.
03 - Wie man wieder laufen lernt.
04 - Wie man auf Eierschalen tanzt.
05 - Wie man ertrinkt.
06 - Wie man Wut schmeckt.
07 - Wie man sich verläuft.
08 - Wie man gefunden wird.
10 - Wie man Wasser atmet.
11 - Wie man in eine Falle tappt.
12 - Wie man Sterne sieht.
13 - Wie man wilde Kerle findet.
14 - Wie man spricht.
15 - Wie man dem Hurrikan entkommt.
16 - Wie man in Kälte badet.
Muchas Gracias ~ Merci ~ Danke ~ Thank you
17 - Wie man Wunden näht.
18 - Wie man gefangen wird.
19 - Wie man kapituliert.
20 - Wie man Wolken angelt.
Fancover. ♥
21 - Wie man Gänseblümchenketten bastelt.
22 - Wie man mit Blau malt.
23 - Wie man die Augen öffnet.
24 - Wie man Schmerz zulässt.
25 - Wie man Wimpern zählt.
26 - Wie man Wellen zähmt.
27 - Wie man das Meer begrüßt.
#AskEmma
28 -Wie man schwimmen lernt.
29 - Wie man tauchen lernt.
Fancover ♥
30 - Wie man atmen lernt.
31 - Wie man die Welt verschiebt.
32 - Wie man im Nebel verschwindet.
33 - Wie man Vertrauen schenkt.
34 - Wie man Lichter anzündet.
35 - Wie man Glut entfacht.
36 - Wie man brennt.
37 - Wie man Sterne atmet.
38 - Wie man in Gold schwimmt.
39 - Wie man einem Herzen lauscht.
40 - Wie man sich sicher fühlt.
41 - Wie man mit Worten malt.
42 - Wie man vom Abschied singt.
Fancover.♥
43 - Wie man den Mond küsst.
44 - Wie man in Schwarz eintaucht.
45 - Wie man in Erinnerungen fällt.
46 - Wie man in Reue schwimmt.
Kurze Info.
47 - Wie man kämpft.
48 - Wie man die Wahrheit sagt.
Epilog.
DANKE. ♥
* Emmas Playlist. *
Fancover ♥
Herbstfibel & Wattpad Oscars

09 - Wie man Mauern einreißt.

4.7K 402 250
By ozeanwind

✦ Forget Gravity - Fires at Night ✦


Die Tatsache, dass ich diese Neuigkeit nicht meiner Mutter erzählen kann, bricht mir das Herz. Als Papa die Türe aufschließt, möchte ich mich am liebsten unter mein Bett verkriechen; mich dort verstecken, als wäre ich dort sicher. 


Aber dort bin ich nicht sicher. Wenn man der Realität in diesem Ausmaß ins Gesicht blickt, dann holt sie einen heim. Auch, wenn man sich verkriecht. Die Monster sind zwar nicht mehr unter dem Bett, dafür aber inzwischen in meinem Kopf.


Elias weigert sich, ins Krankenhaus zu fahren. Papa versorgt seine Wunde und ich stehe unschlüssig an der Türe. Elias fängt meinen Blick auf und lächelt. Ich versuche, sein Lächeln zu erwidern. Der Schock sitzt mir noch zu tief in den Knochen. Ich möchte mich betrinken. Ich möchte den Schock ertrinken lassen, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Ich möchte ihm die Luft zum Atmen nehmen.


Papas Getränkebar ist leer, wie ich erschrocken feststelle. Leer wie dein Herz im Moment, Emma. Dass du auch immer so mit den Metaphern um dich werfen musst. Peinlich ist das.


Elias ist fertig und steht plötzlich hinter mir.


"Ich könnte einen Drink gebrauchen" seine Stimme durchdringt meine Gedanken und ich drehe mich zu ihm um. Er hat ein Pflaster an der Stelle, an der ihn Florian getroffen hat. Er ist ein bisschen blass um die Nase.


"Dann müssen wir wohl noch kurz zur Tankstelle, denn Papa hat alle Vorräte leergetrunken!" rufe ich in das Zimmer. So laut, dass Papa es auch hören kann. Meine Worte werden von einem kalten Luftzug durch den Raum getragen, da das Fenster offen steht.


"Irgendwie muss ich ja den Frust über die letzten Fußballspiele verdrängen", sagt Papa lachend.


Mit den Augen rollend zeige ich auf die Haustüre und Elias nickt. Also ziehen wir noch einmal los, zur Tankstelle. Während wir gehen, schweigen wir. Aber es ist kein unangenehmes Schweigen. Schweigen war mit Elias noch nie unangenehm. Es hat wieder angefangen zu schneien und Schneeflocken tanzen am dunklen Nachthimmel. Die Flocken sind so groß wie Golfbälle, aber nicht annähernd so hart. Sie sind zart, weich, zerbrechlich. Manchmal wünsche ich mir, genauso zu sein.


Die Tankstelle ist hell beleuchtet und es stehen zwei Fahrzeuge vor den Zapfsäulen. Wir schleichen durch die Gänge und können uns nicht entscheiden. Elias bleibt vor dem Bier stehen und ich gehe weiter. Bier. Nein, danke. Also schlendere ich zum Wein. Die Fliesen der Tankstelle sind verfärbt von all den Schuhen der Kunden, sie waren vermutlich einmal weiß.


Ich stehe in der Schlange vor der Kasse, bewaffnet mit zwei Flaschen Wein und einer Flasche Korn, als ich meinen Namen höre. Ich drehe mich um und sehe in zwei grüne Augen. Grün wie Blätter der Bäume im Frühling.


"Hi, Emma. Kennst du mich noch?"


Scheinbar sehe ich mehr als verwirrt aus, denn er setzt gerade zu einer Erklärung an. Aber Elias kommt ihm zuvor.


"Malte! Hey, wie geht's dir, Mann?" und sie vollführen diese eigenartige Begrüßung, wie sie nur Männer drauf haben.


Malte. Malte? Malte!


Mein erster Kuss, als ich 13 war. Wir haben Flaschendrehen gespielt und Malte war der Schwarm aller Mädchen. Aber nicht von mir. Ich fand ihn nett. Mehr aber auch nicht. Wir waren bei Senna zu Hause und sie hatte die ganze Klasse eingeladen. Es gab reichlich Kuchen und viele Partyspiele.


Sebastian und Elias haben mich auch noch Jahre nach dieser Party mit unserem Kuss aufgezogen. Sie fanden es witzig. Warum auch immer. Jungs eben. Angeblich habe ich währenddessen ein ziemlich eigenartiges Gesicht gemacht. Aber so ist dein Gesicht nunmal, Emma.


Elias und Malte unterhalten sich und ich stehe daneben. Meine Arme werden schwer von den Flaschen. Die Stimmen der beiden Jungs schweben über meinen Kopf hinweg. Wie Wolken, leicht. Schwerelos. Ich höre auch nicht wirklich zu, meine Gedanken sind in der Vergangenheit. Bei Mama. Bei Sebastian. Bei der jungen Emma, die sorglos und fröhlich war. Aus diesem Grund nehme ich nicht wahr, dass Malte mich anspricht. Erst, als Elias mich sanft anstupst, wache ich aus meiner Trance auf.


"Emma. Wie geht es dir?" Maltes grüne Augen erinnern mich an Moos und an den Frühling. Der Frühling ist meine liebste Jahreszeit. Wenn alles wieder anfängt zu leben, nachdem der Winter es getötet hat. Ich freue mich schon auf den Frühling, wenn die Blumen wieder blühen und die Bäume Blüten bekommen; wenn alles so farbenfroh ist, lebendig. Ich wünschte, Mama wäre hier und könnte mit mir den nächsten Frühling erleben. Alle kommenden Jahreszeiten werde ich ohne sie erleben. Mir schnürt es schon wieder die Kehle zu und am liebsten würde ich die Glasflaschen auf den Boden werfen. Damit die Scherben, die in meinem Herzen sind, auch für alle anderen sichtbar sind. Ich bin wütend. Wow. Wird das jetzt zum Dauerzustand, Emma? Wirklich eine sehr liebenswerte Eigenschaft von dir. Nicht.


Ich schließe kurz die Augen und sehe dann Malte direkt an.


"Mir geht es ganz so einigermaßen, danke. Und selbst?" Ich schaffe es sogar zu lächeln, während ich zu ihm hoch sehe.


Malte erwidert mein Lächeln schüchtern. "Mir auch, danke. Wie geht es deinen Eltern? Wohnt ihr jetzt alle wieder zusammen? Hat es euch in Berlin nicht so gefallen?"


Wow. Hat er sich einen Fragenkatalog zurechtgelegt? Ich fühle mich, als hätte er ein Katana in meinen Bauch gerammt, als würde er damit jetzt gerade in meinen Organen herumrühren. Dieses Gefühl bringt mich zum würgen und ich möchte raus aus diesem Laden. Zum Glück bin ich die nächste in der Schlange und bezahle den Alkohol. Ich denke schon, ich bin den Fragen entkommen, aber Elias will auf Malte warten. "Schließlich hat er den gleichen Weg wie wir und es wäre unhöflich, wenn wir einfach vorgehen. Wir haben uns ja nicht einmal verabschiedet."


Ich rolle mit den Augen. Richtig. Elias war der, der es allen recht machen möchte. Also bleiben wir stehen und warten. Es ist kalt und ich ziehe mir die Jacke enger um die Schultern. Die Flaschen habe ich an Elias abgegeben. Ich wappne mich gegen die mir bevorstehenden Fragen, denn ich denke nicht, dass Malte sie vergessen hat.


Und das hat er auch nicht. Erwartungsvoll sieht er mich an und räuspert sich.


Auch meine Stimme ist belegt und ich betrachte die beleuchtete Preistafel, die über der Tankstelle befestigt ist. Ich werde nicht drum rum kommen, es wieder laut auszusprechen. Also hole ich tief Luft und schließe die Augen.


"Meine Mum, sie - sie ist tot. Deswegen wohne ich jetzt wieder bei Papa. Back to the roots, sozusagen. Tja, man kann nicht alles haben, nicht wahr?" Ich zucke mit den Schultern und zwinge mir ein Lächeln auf. Maltes Augen werden groß, so groß, dass ich Angst habe, dass sie ihm aus dem Kopf fallen.


"Oh. Shit. Ich. Scheiße, Emma. Das wusste ich nicht. Fuck. Ich . Ach Fuck!" Er wirkt hilflos, wie er vor den Auslagen der Tankstelle steht, mit Zigaretten und Bier bewaffnet und mit den Händen fuchtelt.


"Ist schon okay. Woher sollst du es denn wissen?"


Er nimmt mich unbeholfen in die Arme und ich tätschel ihm hilflos auf die Schulter. Als wir uns voneinander lösen hat er Tränen in den Augen.


Ahja. Super, Emma. Ein Typ, den du von früher kennst, weint. Aber du kannst keine Emotionen zeigen, obwohl es gerade echt angebracht wäre? Super. Du hast es so drauf.


Elias rettet mich. Schon wieder. Er dirigiert uns aus der hellen Leuchtwelt der Tankstelle und die Dunkelheit verschlingt uns. Wir schlendern durch die spärlich beleuchteten Straßen. Es begegnen uns keinerlei Leute. Wasserburg ist wie ausgestorben. Malte trennt sich von uns, als wir die Krankenkasse passieren und wir gehen zu zweit weiter durch die Dunkelheit. Ich bin so froh, dass ich jemanden bei mir habe. Ich kann es nicht glauben, dass das Erlebnis mit Florian keine halbe Stunde her ist.


Wahrscheinlich läuft er jetzt hier noch rum und lauert dir auf. Und dann tötet er dich. Dann bist du tot. Wie Mama. Dann kannst du zu Mama. Das wär's doch, Emma. Hm?


"Zu dir oder zu mir?" seine Stimme reißt mich - mal wieder - komplett aus den Gedanken. Und die Frage ist so dümmlich, dass ich einfach nichts anderes tun kann, als leise zu lachen. Er grinst und wackelt mit den Augenbrauen. Ich schlage ihm sachte auf den Oberarm. Seine Augen sind komplett schwarz, aber ich erkenne die Lachfalten um seine Augen.


"Zu mir natürlich. Doofkopp. Bei dir wären wir nicht ungestört."

Er lacht. "Doofkopp? So hat mich auch noch niemand genannt. Sehr charmant, Emma. Danke."

Mir wird ein bisschen warm um mein Herz.


Wir betreten unser Haus, Papa sitzt noch im Wohnzimmer. Der Fernseher ist laut, es läuft irgendein Action-Film. Zumindest wird geballert wie verrückt.

Ui. Schön. Warum auch drüber sprechen, wenn man den anderen gleich erschießen kann?


Es ist zu kalt für unseren geheimen Ort auf dem Vordach, also machen wir es uns auf meiner Couch bequem.


Ich merke, dass Elias sich nicht wohl fühlt. Als hätte er etwas auf dem Herzen. Als würde ihm irgendetwas auf der Zunge liegen, das ihm das Sprechen schwer macht. Und ich weiß, was jetzt kommt. Bitte nicht. Bitte bitte nicht. Bitte nicht auch noch das. Aber er hat kein Erbarmen. Nicht, nachdem er, wegen mir, einiges einstecken musste.


Die Dinge werden realer, wenn man sie ausspricht. Ich kann es nicht noch einmal aussprechen. Weil es sonst in der Luft hängt, wie eine Leuchtreklame. Aus den Lautsprechern kommt 'Fires at Night' von Forget Gravity und ich verliere mich ein bisschen in der Musik. Ich liebe die Stimmung dieses Liedes und ertrinke darin.


"Emma. Deine Mum ...", fängt er an und stockt. Sein Blick ist auf den Boden gerichtet. Er traut sich nicht, mich anzusehen. Ich fahre mit meinen Fingerspitzen das Muster der Couch nach. Blumen. Es ist ein Blumenmuster. Ich mag Blumen. Meine Knie zittern.


Ich habe Angst. Sie frisst sich durch meine Adern, mitten ins Herz. Aber ich merke, dass es der richtige Zeitpunkt ist; dass Elias derjenige sein soll, mit dem ich darüber spreche. Weil ich das Gefühl habe, er versteht mich. Weil er einmal mein bester Freund war. Für sehr lange Zeit.


Also hole ich tief Luft. Ich habe das Gefühl, nicht sprechen zu können. Die Worte sind zu schwer für so eine schwache Zunge wie die meine. Elias' Blick ist inzwischen auf mich gerichtet. Es ist, als würde er fühlen, dass es jetzt so weit ist.


Erneut räuspere ich mich und atme die Angst weg. Ein. Aus. Ein. Aus. Ein. Aus.


"Es war ein ziemlich kalter Tag, es hatte viel geschneit. Mama und Peter sind zu Peters Vater gefahren, der in Eichwalde wohnt. Mama hat mir noch vor der Schule geschrieben, als sie losgefahren sind."


Ich schlucke. Meine Stimme zittert und der Kloß in meinem Hals wird größer. Ich kann kaum noch atmen, kaum noch schlucken. Elias hält mir die Flasche Korn hin und ich trinke einen großen Schluck.


Emma. Das. War. Zu. Viel. Es brennt wie verrückt, aber es hilft mir, mich auf die Geschichte zu konzentrieren. Ich sehe kurz in seine Augen und ich weiß, dass er da ist; dass er mich auffangen würde, wenn ich falle. Also spreche ich weiter.


"In Eichwalde ist es sehr schön, es liegt im Landkreis Spreewald. Da kommen die Spreewälder Gurken her." Eine sehr wichtige Information. Wow. Emma. "Dort ist es sehr schön, also, in Eichwald. Viele hübsche Häuser, liebe Menschen, ein schöner See." Ich schlucke. "Und dann gibt es da noch den Bahnübergang."

"Oh nein." Elias' Stimme durchbricht meine Erzählungen und er sieht mich wissend an. Er ahnt es jetzt. Aber ich bin noch nicht fertig. Ich bin noch nicht fertig, denn ich muss es fertig erzählen. Ich muss es tun. Wenigstens einmal. Ich muss es wenigstens einmal ganz aussprechen.

"Mama hat mir noch eine Nachricht geschrieben, dass sie mich liebt hat und sie sich schon freut, wenn sie mich wieder in die Arme schließen kann. Sieben Minuten später war sie tot. Die Bahnschranke war gerade dabei, sich zu schließen. Aber Peter bildete sich ein, noch schnell über die Gleise zu fahren. Also standen sie mitten auf den Gleisen, konnten weder vor noch zurück. Der Zug hat sie erfasst. Sie waren auf der Stelle tot."

Ich schlucke und blinzle die Tränen weg. "Wenigstens musste sie nicht mehr großartig leiden."

Die Tränen laufen unaufhörlich und ich schluchze. Es ist raus. Die Worte sind im Raum und schweben über uns wie eine Gewitterwolke. Es erdrückt mich. Jetzt ist es noch realer, greifbarer.

Die Leuchtreklame aber hat wohl einen Wackelkontakt, denn jetzt, wo es ausgesprochen ist, leuchtet es doch nicht ganz so sehr, wie ich dachte.


Elias nimmt mich in die Arme und hält mich fest. Ich kann sein Herz hören. Und es tut so gut, etwas lebendiges im Ohr zu haben.




________________________________________________________________

Hallo Du,

ich möchte mich an dieser Stelle einfach mal kurz bedanken, dass du so treu bist und Emmas Geschichte verfolgst. Danke. ♥

Und jetzt wünsche ich dir noch einen schönen Samstag. :)

Deine Alice


Continue Reading

You'll Also Like

1.5K 75 8
Von all den Lügen, die ich gehört habe, war "Ich liebe dich" mein Favorit. ---- Taylor. Das Mädchen, dass sich von allen und allem abschottet. Welc...
5.3K 546 33
❝Seit ich dich getroffen habe, fallen mir plötzlich alle Entscheidungen leicht.❞ Nach drei langen Jahren in einem Internat für Schwererziehbare ist M...
837K 1.2K 2
Als Kat ihr Studium an der Fort Lake University beginnt, hat sie genau drei Ziele: die schmerzhafte Vergangenheit ein für alle Mal hinter sich lassen...
1.3K 152 33
Ein schwerer Schicksalsschlag veranlasst Ava Harris und ihr Vater zu einen Neuanfang und so ziehen die zwei nach Miami. Das bedeutet neues Leben, neu...