Officium #Wattys2016

By Sorcca

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Alainn, das Mädchen mit dem Feuerhaar, wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher, als ihre heilige Pflicht al... More

Prolog * aktualisiert
Lupus ad mortum* aktualisiert
Eaque creatura* aktualisiert
Daemones Maledictio * aktualisiert
Quae est verum * aktualisiert
Seductione * aktualisiert
In Abscondito *aktualisiert
Maledicto mortis *aktualisiert
Meine Nominierung
Dei Gratio*aktualisiert
Nolite timere* aktualisiert
Immortalis*aktualisiert
Praenuntius* aktualisiert
Sollicitus* aktualisiert
Dicendum*aktualisierst
Corvus*aktualisiert
Insignis*aktualisiert
Amara Memorias*aktualisiert
Renuntiarent *aktualisiert
Nox*aktualisiert
Facere Iudicium*aktualisiert
Tenebris *aktualisiert
Somnium*aktualisiert
Luctus*aktualisiert
Sacrificium*aktualisiert
Princeps*aktualisiert
Decipi*aktualisiert
Trade*aktualisiert
Venenum*aktualisiert
Brighid *aktualisiert
Revelation*aktualisiert
Revelation 2*aktualisiert
Pugna*aktualisiert
Paenitebit*aktualisiert
Necessitudines*aktualisiert
Mortem*aktualisiert
Pretium*aktualisiert
Consultatio*aktualisiert
Alliance*aktualisiert
Aktualisiert: es geht weiter
Semper
Sororibus
Iudicium
Fuga
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6.

„Was machen wir hier noch mal genau?", fragte Lincoln, während er mit einer Brombeerranke kämpfte, die sich an seiner Jacke festklammerte. Jedes Mal wenn er mit spitzen Fingern die Dornenranken entfernte, klammerte sich ein weiterer Trieb an ihn. Frustriert riss er daran. 

„Wir suchen Allison!", brummte Kiran genervt. Er war bereits einige Schritte vor seinem Cousin und beachtete Lincolns Kampf mit den Dornen und Alecs und Chris glucksendes Lachen nicht. Wo war Allison? Und wieso fragte dieses Mädchen ein Tag, nachdem sie verschwand nach ihr?

„Ganz ehrlich Kiran! WIESO?", Lincoln hatte sich endlich aus der Gewalt der Pflanze befreit und boxte Alec und Chris wütend in die Schulter, die ihm fragten, wie es sich anfühlte als Überlebender der Killerpflanze. „Ich meine, Allison hüpft wahrscheinlich gerade über eine Blumenwiese, murmelt ein paar ayurvedische Beschwörungsformeln und hat einfach die Zeit vergessen!" Kiran griff nach dem Saum von Lincolns Jacke, der durch den Angriff der Killerpflanze ramponiert aus sah. Er hatte große, starke Hände mit filigranen Fingern und rauen Innenflächen vom Schmiergelpapier. Er schüttelte ihn. 

„Rede nicht so über sie!", sein Knurren hallte durch den Wald. Zweige knackten irgendwo. Feuchtes Laub raschelte. Der Geruch von würzigen Kiefernadeln und Erde strömte wie ein aromatisches Parfüm durch die Luft des Waldes, vermischte sich mit Moder und Feuchtigkeit. Der Wald von Wolfsbach war undurchdringlich und düster gewesen, seit Kiran denken konnte. Hier auf reines, gleißendes Sonnenlicht zu stoßen war so selten wie ein Brunnen in der Wüste. Die Tiere oder besser gesagt die Wesen, die im Wald lebten, waren wie ihr Habitat. Düster und gefährlich. „KIRAN!", Alec legte seinem Freund eine Hand auf die Schultern. Seufzend ließ Kiran seinen Cousin los:" Tut mir leid, aber ich weiß einfach, dass etwas nicht stimmt!"

„Allison verschwindet doch öfter für ein paar Tage!", mischte sich Chris ein. „Schon!", lenkte der Schwarzhaarige ein:" Aber ihr Auftritt in der Schule vor ein paar Tagen war..."

„Vollkommen durchgeknallt?", Lincoln schnalzte mit der Zunge und ignorierte den wütenden Blick, den Kiran ihm zuwarf. „Lass sie uns einfach suchen!"

„Kiran, das hier ist Sperrgebiet!", Chris sah sich hektisch um. Hinter ihnen raschelte es:" Nicht mal für uns ist dieser Wald momentan sicher und das weißt du!"

Wieder knisterte Laub. „Du hast doch nicht etwa Angst?", zog Alec ihn auf und grinste. Er zwinkerte Kiran brüderlich zu:" ich hab jedenfalls nichts gegen ein bisschen Nervenkitzel!", er spannte die Muskeln in seinen Armen an, spielte mit ihnen und brüllte. „Angeber!", knurrte Chris und zog eine Schnute. Vögel flatterten aufgeschreckt durch das Brüllen aus den Kronen der Bäume über ihnen. Rabenkrächzen erfüllte die Luft. Bunte Blätter rieselten auf sie herab. „Sieh nur, was deine dumme Angeberei uns gebracht hat!"

„Sind doch nur ein paar Vögel!", murrte Alec. „Du weißt genauso gut wie wir, wie aggressiv die Wesen seit kurzem sind. Du weiß nicht, was du sonst noch aufgeschreckt hast!"

"Lotteriespielen soll doch auch Spaß machen!", Kirans dunkle Augen glänzten vor Abenteuerlust. Wieder raschelte es. Zweige knackten. Der Wind sang ein schauriges Lied, als er durch die Stämme Slalom lief. „Na dann los!", seufzte Chris.

***

Milchig trübe Augen fixierten sie. Der Ghul zog die Lippen nach oben und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. Ein Fauchen entfuhr seiner Kehle. Mit seiner Klauenhand kratzte er durch die Luft. Eine drohende Geste. Alainn wusste, sie hätte sich Sorgen über ihre Anziehungskraft von Ärger machen müssen. Stattdessen schürzte sie ihre Lippen und genoss. Sie rief ihre Wut. Der Zorn, der seit Tagen in ihren Eingeweiden rumorte und unterschwellig in ihr schwelte wie der Funken eines Feuers, das nur auf Zündstoff wartete, um sich in ein Flammenmeer zu verwandeln. In dem Moment als der Ghul angriff, schwappte das Schwarz über ihre Pupille. Breitete sich wie ein umgestoßenes Glas Cola aus. Ihre Muster traten aus der Tiefe ihrer Haut an die Oberfläche. Ghule waren fiese kleine Biester. Und immer hungrig auf Fleisch. Seine Eselsfüße scharrten über den laubbedeckten Waldboden. 

„Korrigan!", gurrte er. Seine spitzzulaufenden Fledermausohren zuckten, genau wie die kleine fleischlose Nase in seinem Gesicht. Er sog die Luft ein:" Süßlich...", gurrte er und bewegte sich willkürlich der Nase folgend aus sie zu:" Metallisch wie Blut. Tief dunkles Blut!"

 Sein Latein war gut. Die Aussprache leicht genuschelt, aber die Grammatik stimmte. Noch ein Stückchen, dachte Alainn und umfasste den Griff ihres Dolches fester. Das weiche Leder wärmte sich unter ihrem Griff auf.

 „Ich habe noch nie eine Korrigan gekostet!" Alainn leckte sich über die Lippen. Warte, ja nicht bewegen, sagte sie sich, verschreck ihn nicht! Hinter ihr in der Kuhle des Waldes hörte sie Kiran und die anderen Jungen wie sie mit den weiteren Ghulen kämpften. Alec brüllte. Aus seinem rotgeschuppten Drachenmaul kam eine Stichflamme. Einer der Leichenfresser kreischte auf. Dennoch sah es nicht gerade gut für das männliche Geschlecht aus. Der einzige Grund warum, sie sich eingeschaltet hatte, versuchte Alainn sich einzureden. Das Schwarz ihrer Augen ließ nicht eine Sekunde die giftigen Klauen des Viehs vor ihr aus den Augen. Dann griff er an. Schnell. Er war nicht größer als ein 8-jähriges Kind, aber stark. Die Klinge des Dolches blitze auf. Schnitt in seine kratzende Handinnenfläche. Blätter stoben nach oben, als Alainn sich von ihm weg drehte. Der Ghul schrie. Ein eindringliches, kindliches Kreischen. Zornentbrannt stürzte er sich auf sie. Ihr Stiefel traf ihn genau in die Brust. Er fiel auf den Rücken. Ruckte wie ein Käfer. Sie wartete bis er sich auf alle Vieren hochgearbeitet hatte. Breitbeinig stand sie neben ihn. Mit beiden Händen packte sie den Dolch. Hob ihn über ihren Kopf und lies ihn herunter krachen, traf auf Knochen. Wieder stieß das Monster diesen kindlichen Schrei aus. Er kratzte nach ihr. Für einen Moment blieb Alainn die Luft aus. 

„Du wiederwertiges Nichts!", zischte sie es an. Der nächste Tritt traf seine malträtierten Rippen. Der Ghul schrie auf. Stöhnte unter den Schmerzen, die unablässig durch seinen geschundenen Körper flossen. „Wolltest du mich gerade töten?" Ihre schwarzen Löcher starrten in die großen milchigen Augen, während sie ihre Hand in die wenigen Haare auf seinem Kopf vergrub und sein Gesicht in Richtung ihres zerrte. Der Ghul fletschte die Zähne.

 „Eure Zeit wird bald vorbei sein. Korrigan!", knurrte der Ghul. Blut lief in einem feinem Rinnsal aus seinem Mundwinkel.

 „Wenn du das sagst!", knurrte Alainn und in ihren Augen blitze es amüsiert:" wie blöd, dass du diese Traumwelt nicht erleben wirst!" Sie stieß sein Kopf hinunter. Ihre Stimme war auf einmal tief und dunkel. Wie wilder Honig. Er schien nicht zu dem jungen, kleinem Mädchen zu gehören. Ihre Fingernägel bohrten sich wieder in seine trübe Haut. Angst blitze in seinen Augen auf. Alainn schleuderte ihn zurück. Er traf platschend auf einen Laubhaufen. Erbarmungslos fixierte das Mädchen ihn mit ihren schwarzen Augen. Er hatte nicht oft Bekanntschaft mit einer Korrigan gemacht. Mal abgesehen von ihrer Seltenheit, wusste der Ghul von ihrer Grausamkeit. Er zitterte leicht, als er daran dachte, was sie mit ihm tun würde. Ihr rotes Haar erinnerte ihn an ihren Geruch. Die metallische Schwere, die sie überall mit hin begleitete. Der Geruch von Blut. Wie passend, dass ihre Haare wie dickflüssiges Blut schimmern, dachte er.

 Ein schmerzverzerrtes Stöhnen schreckte die Korrigan auf. Sie lief an den Rand der Böschung. Sah hinab in die Grube. Seine Chance. Seine starken Hände gruben sich in die Erde. Er spannte die Arme an. Bereit sich nach vorne zu stoßen. Auf sie. Ihr die giftbesudelten Krallen tief in ihren kleinen, schmächtigen Körper zu stoßen. So tief, dass er ihre Haarfarbe in warmen Strömen durch seine Finger laufen sehen würde. Und dann. Dann würde er sie essen. Seine Zähne in ihr Fleisch schlagen, ihre Knochen abnagen und das Knochenmark aus ihnen heraus lutschen, bis nichts mehr von ihr übrig war. Er beugte sich nach vorne. Die kleine Korrigan machte den größten Anfängerfehler und kniete noch immer mit dem Rücken ihm zu gewand an der Böschung und beobachtete das Treiben in der Kuhle. Was für eine Dilettantin, grinste er und leckte sich über die Lippen. Sie würde köstlich sein. Jetzt war der Zeitpunkt. 

Noch im Sprung erkannte er, dass sie darauf gewartet hatte. Das nicht sie die Dilettantin war, sondern er. Das Feuer, das aus ihren Handflächen aufflammte, warf ihm zurück auf das Laub, das sofort aufloderte. Er schrie, als seine Haut schmolz wie das Wachs einer Kerze. Durch die Flammen sah er, wie sie ihn ansah. Sie hatten den Kopf schief gelegt, der rote Schein des Feuers warf gespenstige Schatten auf ihr Gesicht und ihr Haar. Sie war wunderschön. Und sie war noch immer wunderschön, als sie grinste. Er schrie lauter. Und sie grinste breiter. Dann verschwand sie hinter einer Baumgruppe. Laub knisterte und Erde bröckelte, als etwas die Böschung hochkletterte. Er wollte sie warnen. Er wollte seine Familie warnen. Wirklich. Aber da war das Feuer schon erloschen.

Der Ghul rannte in ihre Falle. Beinahe war sie enttäuscht, weil es zu einfach war. Das Spiel war langweilig geworden, also würde sie es diesmal schnell erledigen. Alainn trat zwischen den Bäumen hervor, als sein Kopf ihr Versteck passierte. Blut spritzte, als der Dolch seinen Hals traf, die Halswirbel durchtrennte und einige Sekunden später auf der anderen Seite des Halses hervor trat. Sein Körper fiel. Leise, gebettet in ein farbenfrohes Bett aus Blättern. Sie betrachtete ihn. Kickte seinen abgetrennten Schädel mit der Schuhspitze vor seinen blutigen Stumpf. Wieder kniete sie hinter dem Gestrüpp vor der Böschung und sah hinunter. Alec oder alias der Drache war verwundet. Besorgt versuchte sie das Ausmaß des Giftes zu erahnen. Gräuliche Gesichtsfarbe zeigte sich bereits als Symptom des Giftes. Kalter Schweiß auf Alecs Stirn und seine zusammengefallene Gestalt an einen Findling gelehnt. 

Kiran und die Zwillinge hatten einen schützenden Ring um ihn gebildet. Alec schrie. Es war der gleiche dunkle Laut, der Alainn aufgeschreckt hatte. Eigentlich hatte sie ja nur Feensuchen wollen. Eigentlich. Aber dann hatte sie jemanden schreien gehört. Ihr erster Gedanke war bei Allison gelandet, aber der Schrei war viel zu tief, um zu einer Frau zu gehören. Dennoch war sie quer durch den Wald gerannt. Ein undurchdringliches Wesen, dass Besucher nicht leiden konnte. Dauernd griffen Zweige und Dornenranken nach dem Mädchen. Ganz so, als wollte der Wald sie abhalten, den Anblick, der sich ihr geboten hatte, zu Gesicht zu bekommen.

Sie war genau hier stehen geblieben. Außer Atem und mit klopfenden Herzen. Die Leichenfresser hatten die Jungen überrascht. Es waren fünf Ghule. Panisch hatte sie sich gefragt, wie sie den Menschen helfen sollte ohne zu verraten, was sie war. Aber dann waren die aufrechten Gestalten von Kiran und den Zwillingen nach vorne gekippt. Vogelschrei hallte durch den Wald. Mit offenen Mund hatte Alainn Kiran angestarrt. Er war riesig. Seine Schulter musste sich auf der Höhe ihres Kopfes befinden, sein Körper die massige, sehnige Gestalt eines Wolfes. Tief schwarzes Fell, Zähne in der Größe von Alainns Hand. Ein Fenriswolf hatte Alainn getippt. Eine diese mystischen Wesen, die entstanden waren, als der Gott Loki eine Riesin geschwängert hatte. Alainn konnte nicht leugnen, dass er sie beeindruckte. Seine Größe, die Zähne.

Kiran hatte sich knurrend auf die Ghule gestürzt. Eingeschüchtert von seiner Größe waren die Leichenfresser zurückgewichen. Jeweils an seiner Seite: die Zwillinge. In Gestalt von Adlergreifen. Seekopfadlerköpfe mit ihrem charakteristischen weißen Kopf hackten nach den hässlichen Viechern. Die Vorderläufe der Zwillinge steckte in großen Adlerkrallen, die Hinterläufen waren die Füße eines Löwens. Mit ihren riesigen Schwingen verpasste einer der Zwillinge einem Ghul einen kräftigen Kinnhaken. Aber da war noch Alec gewesen. Der rötliche Drachenschwanz hatte sich nach und nach zurückgebildet, nachdem eine der giftigen Klauen ihn erwischt hatte. Eine Zeitlang hatte es sogar so ausgesehen, als erhole er sich von dem Gift. Aber dann war er wieder zusammen gebrochen und nicht mehr in der Lage gewesen zu gehen- geschweige denn zu kämpfen. Also war Alainn eingeschritten. Unauffällig. Versteht sich.

Es knackte, als Kiran dem letzten Ghul den Kopf zerbiss. Der Kopf platzte unter seinen Zähnen auf wie eine reife Melone. Gehirnmasse und Blut strömte aus der Schädeldecke. Der Wolf spuckte. Hechelte und verzog angewidert die Schnauze. Da war eine rauchige Note in der Luft. Er schnüffelte. Roch verbranntes Fleisch und verkohltes Holz. Und Blut. Er sah die Böschung hinauf. Zwei der Ghule waren nach einem lauten Knacken dort hinauf verschwunden. Und nicht wiedergekehrt. Er verwandelte sich zurück:" hoffentlich bleiben die beiden anderen spurlos verschwunden!", Lincoln nickte. Alec stöhnte. Er lehnte an dem Findling, seine Haut bleich und bedeckt mit kalten Schweiß, wie der Wachskörper einer Kerze, die zu nah ans Feuer gestellt worden war. Immer wieder rollten seine Pupillen nach oben, verschwanden hinter den flatternden Lidern. „Alec!", besorgt tätschelte Kiran seine Wange. Sein Kopf rollte unkontrolliert in seine hohle Hand. „Scheiße er verliert das Bewusstsein!", Chris fühlte den Puls an seinem Handgelenk. „Das sehe ich Chris!", knurrte Kiran:" Hey. HEY, AlEC!", sein Tätscheln wurde zu einem leichten Schlagen. Alec murmelte etwas Unverständliches. Erlangte aber nicht wieder das Bewusstsein. „Was zur Hölle ist los mit ihm?", bellte Lincoln und sah Kiran an, als habe er alle Antworten dieser Welt. „KEINE AHNUNG!", presste Kiran wütend hervor. „Das sind nur ein paar Kratzer. Sowas müsste normalerweise in ein paar Minuten verheilt sein!"

„Ich weiß!"

„Wieso heilt er nicht?"

Zornig fuhr Kiran hoch:" KEINE AHNUNG! Lincoln", schrie er. Verzweifelt fuhr er sich mit den Händen übers Gesicht. „Ich weiß es nicht. Verstehst du?!", seine Stimmung war abgekühlt genau wie seine Wut. „Was machen wir jetzt?", erwartungsvoll richteten sich Lincolns und Chris Blicke auf ihn. Kiran sah sie an. Blickte zu Alec. Alec, seinem besten Freund seit Kindertagen, der nicht mehr zur Besinnung kommen wollte. Hinter ihnen knackte es. Laub rieselte die Böschung hinunter. Alarmiert drehten sich die drei Jungen um. Überrascht starrten sie das Mädchen an. Ihre Haut strahlte in ihrer natürlichen Blässe, verstärkt durch das tiefe Rot, das ihr Gesicht einrahmte. Sie biss sich auf die Lippen- befangen, als wüsste sie nicht, wie sie beginnen sollte. Dann fiel ihr Blick auf Alec.

 „Heilige Ceridwen!", rutschte es ihr heraus und für eine Sekunde lenkte ihr seltsamer Ausruf die Jungen von ihrer Misere ab. Alainn drängte sich einfach zwischen ihnen hindurch. Hob Alecs Shirt hoch und begutachtete die Schnitte fachmännisch. Kiran hörte, wie sie scharf die Luft einzog. 

„Gift!", stellte sie dann fest:" Er muss hier weg. Er braucht Medikamente. Wer ruft also den Krankenwagen?" Ihre grünen Augen bedachten jeden mit einem fragenden und zugleich auffordernden Blick.

 „Äh, was..?", Kiran schaltete als Erster:" Krankenhaus. nein. Kein Krankenhaus!", panisch wechselnde Blicke. Alainn beachtete sie nicht weiter. Ihre Augen waren auf die Wunden geheftet, aus denen gelber Eiter sickerte. „Schaffen wir auch nicht mehr!", murmelte sie:" Wir bringen ihn zu mir: aber zuerst...", sie wühlte in ihrem Rucksack. Es klirrte. Dann hielt sie eine Phiole hoch. Eine rote Flüssigkeit schwamm darin.

 „Was ist das?", wollte Kiran misstrauisch. Alainns kleine Hand legte sich sanft in Alecs Hinterkopf, lenkte ihn vorsichtig in die richtige Position. Mit den Zähnen zog sie die Verschlussklappe des Glasröhrchen ploppend ab. Alainn setzte das Glas an Alecs Lippen. 

„WAS ist dadrin?", knurrte Kiran und riss sie grob an der Schulter zurück. Wütend richteten sich ihre tief grünen Augen auf ihn. Kiran starrte in das Grün. Verglich es mit dem geschliffenen Smaragd, der an seines Onkels Gehstock eingelassen war. Kein Vergleich, schoss es ihm durch den Kopf. Der Gedanke erschreckte ihn. „Sei froh, das nichts verschüttet wurde, du Trampel!"

„Was da drin war, habe ich gefragt?", schnaubte Kiran und zeigte auf das leere Glasröhrchen, das neben Alainns Sneakern auf dem Waldboden lag. „Nur ein entzündungshemmendes Mittel. Es wird im helfen. Aber nicht heilen. Ergo: wir. Müssen.UNS. BEEILEN!", sie packte ihre Sachen. Alec regte sich. Seine Augen flatterten. 

„ALEC!", Kiran stürzte auf ihn zu. Seine Schulter traf Alainn unsanft und sie warf seinem Rücken einen wütenden Blick zu:" Los jetzt!", eindringlich legte sie ihre Hand auf Kirans Schulter:" Die Zeit ist heute nicht unser Freund!" Der Junge nickte. Er bedeutete Lincoln ihm zu helfen. „Kiran?", Alecs Stimme hörte sich an wie durch Watte. Weit weg. Langsam und bleiern, als läge etwas auf seiner Zunge. 

„Was ist bei dir zuhause?", wollte Kiran von Alainn wissen. „Der Medizinschrank meiner Mutter!", antwortete Alainn knapp. Sie lief voraus. Trieb die Jungen an. Erinnerte sie an die knappe Zeit. „Eine Aspirin wird ihm wohl kaum helfen!", murrte Lincoln. 

„Der Skeptiker mal wieder!", hörten sie Alainn murmeln:" Meine Mum ist Stationsärtzin in eurem provinziellen Nest-Krankenhaus." Kiran konnte den wütenden Unterton hören, den sie schon gestern Morgen in der Schule an den Tag gelegt und seitdem auch nicht mehr abgenommen hatte. Ihre unterdrückte Wut- dieser Vulkan, der unter der Oberfläche wartete, um auszubrechen und alles unter sich zu zerstören und zu begraben, schreckte ihn gleichzeitig ab und faszinierte ihn. Schließlich kannte er diese Wut. So zerstörerisch sie auch war, so viel Verzweiflung und Hilflosigkeit mischte sich mit ihr und verlieh ihr erst diese Gefährlichkeit. Diese Aggressivität. Erschrocken senkte er den Kopf, als ihre smaragdgrünen Augen ihn anstarrten. Missmutig. Sie wusste, dass er sie angestarrt hatte.

 Sie schnaubte trocken:" Beeilt euch.. Wir sind gleich da!" und mit einem Blick auf Alec:" Das wird eine schwierige Nacht."



*******


Ich hoffe ,euch gefällt bis hier hin die neue Version des Buches. Ich würde mich sehr freuen, was ich darüber denkt und mich über Nachrichten aller Art freuen. 

Alles Liebe

Lea

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