Kapitel 66

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Liane Raine

Heute ist der Tag an dem sich alles entscheiden wird. Es ist das Ende des Prozesses, das Ende einer Zeit voller hoffen und bangen. Ich stehe im Wohnzimmer und blicke zu Aiden, welcher seinen Blick gedankenverloren über die Stadt streifen lässt. Ich kann ihn nicht ansehen, ohne wieder aufzuschluchzen und in Tränen auszubrechen. Doch heute muss ich stark sein. Ich muss für ihn stark sein.

Und ich muss seinen Anblick in mir aufsaugen, jede Kleinigkeit und sie in meinen Gedanken festhalten. Ich muss mir merken wie sich seine Stirn runzelt, wenn er nachdenkt, wie sie kleine Falten unter seinem Auge bilden, wenn er aus vollstem Herzen lacht, wie seine Augen zu leuchten beginnen, wenn ich ihm meine Liebe gestehe, wie sich eine Gänsehaut auf seinem Arm bildet, wenn ich meine Finger leicht darüber streiche.

Ich würde gern auf ihn zu gehen, ihn von hinten umarmen und ihm somit Kraft spenden, doch ich habe keine Kraft die ich ihm spenden könnte. Also gehe ich ins Schlafzimmer und hole unter dem ungemachten Bett eine kleine Kiste hervor. Ich öffne sie und hole ein Foto und eine Taschenuhr hervor. Beide habe ich extra für den heutigen Tag anfertigen lassen, damit Aiden immer etwas hat, wofür es sich zu kämpfen lohnt... mich!

Doch ich schaffe es nicht, sie ihm zu überreichen, denn schon klingelt es an der Tür und das Taxi ist da. "Lia.", ruft Aiden durch die Wohnung, rasch stecke ich das Bild und die Uhr ein und eile dann ins Wohnzimmer. Mit einem leichten Lächeln, welches seine Augen jedoch nicht erreicht, wartet er auf mich. Dann greift er nach meiner Hand und gemeinsam verlassen wir unsere Wohnung. Ich verdränge den Gedanken, dass wenn ich hierher zurückkehre, er nicht da sein wird.

Die ganze Fahrt über schweigen wir uns an. Manchmal lasse ich meinen Blick zu dem schwarzhaarigen schweifen, doch meistens betrachte ich einfach nur die Landschaft, welche an uns vorbeirast. Und selbst als wir vor dem Gerichtsgebäude stehen, unterbricht niemand das schweigen. Wir gehen einfach nur die Treppen hinauf und ignorieren den Ballast, welcher sich auf unseren Herzen ausbreitet und mir fast die Luft zum atmen nimmt.

Doch bevor wir reingehen, bleibt Aiden doch stehen. Er dreht sich um, nicht zu mir, sondern zur Straße. Er betrachtet die Menschen, welche hin und her eilen. Eine Frau welche zu ihrem Bus hastet und ihn dann doch verpasst.

"Das ist also Freiheit, etwas das man erst zu vermissen beginnt, wenn es einem fehlt."

"Aiden.", beginne ich, doch er unterbricht mich.

"Ich hatte mein ganzes Leben lang das Gefühl ein Gefangener zu sein. Mein Leben war vorherbestimmt, jeder einzelne Schritt davon, das Studium, die Firma, einfach alles. Mich erneut auf James einzulassen, nur um dich zu retten, das war meine freie Entscheidung, einer der wenigen. Es ist verrückt, aber ich war frei zu wählen und ich würde mich immer wieder dafür entscheiden. Ich würde alles geben um dich zu retten."

Die Ehrlichkeit in seinem Blick trifft mich, lässt mein Herz schneller schlagen, meinen Atem hektischer werden.

"Es wird alles gut.", hauche ich erstickt, obwohl ich weiß, das meine Worte eine einzige Lüge sind. Nichts wird wieder gut werden, nicht heute und auch nicht morgen. Doch Aiden nickt, kommt dann auf mich zu und küsst mich.

"Mister Brown."

Wir werden unterbrochen, bevor wir den Kuss vertiefen können. "Mister Cooper.", begrüßt Aiden seinen Anwalt.

"Ich müsste noch mit ihnen reden.", erklärt dieser.

Aiden sieht mich fragend an und ich nicke verstehend. Dann geht Aiden einen Schritt zurück, ohne den Blick von mir abzuwenden, bevor er seinem Anwalt in das Gebäude folgt.

"Ich liebe dich.", flüstere ich, obwohl ich weiß, das er es nicht hören kann.

Und mit jedem Schritt entfernt er sich weiter von mir.

Forever Mine _ until death do us partWhere stories live. Discover now