Kapitel 43

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Rückblick... 17 Jahre früher

Ganz vorsichtig, mit sanften Fußtapsen schleicht sich der kleine Junge mit den pechschwarzen Haaren die Treppe hinunter. Wie so oft wacht er mitten in der Nacht auf, weil die Stimmen nicht verstummen wollen. Doch im Haus ist es still, niemand scheint wach zu sein, niemand schreit, warum ist er dann aufgewacht? 

Er kommt am unteren Ende der Treppe an, als die Stimmen wieder beginnen. Verzweifelt presst er sich die Hände auf die Ohren. Was soll er machen, damit sie endlich verschwinden? Er möchte sie nicht mehr hören und er möchte auch diese Alpträume nicht mehr erleben müssen. Müde lehnt er sich ans Geländer und schließt die erschöpften blaugrünen Augen. Von dem Strahlen von früher, ist fast nichts mehr übrig geblieben.

Nächstes Jahre soll er doch schon neun Jahre alt werden, er ist zu jung um mit dem Ernst des Lebens konfrontiert zu werden. Plötzlich sieht er einen hellen Lichtstrahl und dann einen lauten Krach. Sofort schrickt er auf, in der Angst sein Vater könnte ihn erwischt haben. Doch zum Glück ist es nicht sein Vater, sondern nur ein Unwetter. Ein solches Gewitter, welches er früher immer geliebt hatte. Der laute Donner hatte es immer geschafft die Schreie seines Vaters und das Flehen seiner Mutter zu übertönen.

Langsam beruhigt sich der Atem des kleinen Jungen, denn ihm wird bewusst, dass sein Vater nicht hier ist. Es ist kurz nach ein Uhr und sein Vater wird erst in drei Stunden vollkommen betrunken aus einer Bar kommen. Er weiß noch nicht, was sein Vater die gesamte Nacht treibt, doch er weiß, dass er stinkt, wenn er nach Hause kommt. Und Mummy schläft in solchen Nächten immer neben ihm in seinem Bett.

Immer wenn sie neben ihm liegt, dann hat er keine Alpträume. Er fasst den Entschluss seine Mom zu suchen, um friedlich neben ihr einschlafen zu können. Er möchte doch nichts weiter, als eine Nacht friedlich schlafen zu dürfen. Frieden, er wünscht sich nichts mehr als Frieden.

"Mom", flüstert er, als er die Tür des Schlafzimmers langsam öffnet. Leise knarrt die Tür, während sie das dunkle Zimmer enthüllt. Der kleine Junge geht um das Bett herum und rüttelt leicht an der jungen Frau. Doch sie wacht nicht auf.

"Mummy", flüstert er nun lauter, doch sie bewegt sich nicht. Langsam bekommt der Junge Angst und schaltet das Licht an. Er sieht seine Mom im Bett liegen, sie sieht so friedlich aus. Er legt sich neben sie und versucht ihrem regelmäßigen Atem zu lauschen. Er weiß, dass sein Vater ihn wieder schlagen wird, wenn er ihn im Bett neben seiner Mutter erwischt. Doch er möchte doch einfach nur dem gleichmäßigen Atemzügen lauschen.

Da fällt es ihm urplötzlich auf. Sie fehlen, die gleichmäßigen Atemzüge.

"Mom", schreit er nun panisch und rüttelt an ihrer Schulter.

"Wach auf!", befiehlt er, doch sie bewegt sich nicht.

Er sieht die leere Tablettenschachtel auf dem Nachttisch nicht und selbst wenn er sie sehen würde, könnte er es nicht verstehen. Wie soll ein kleiner Junge auch verstehen, dass seine Mutter ihn verlässt? Was würde er davon halten, wenn er wüsste, dass sie ihn mit seinem gewaltvollen Vater allein lassen will?

Der kleine Junge weiß nur, dass es seiner Mummy nicht gut geht. Er rennt in die Küche und wählt die eine Nummer, welche ihm in der 1. Klasse beigebracht wurde. Nur Minuten später kommt der Notarzt und nimmt seine Mummy mit.

An diesem Tag hat dieser Junge mit den pechschwarzen Haaren seiner Mutter das Leben gerettet. Er wusste nicht, dass es einmal den Zeitpunkt geben würde, an dem er es bereut. Nicht, weil er seine Mutter nicht genug liebt, sondern genau deswegen.

Er bereut, das er sie nicht friedlich gehen lassen hat, denn nur deswegen musste sie noch Jahre lang unter seinem Vater leiden. Bis zu dem Tag an dem sie gewaltvoll starb. Und ein weiterer Grund, für den sich der Junge mit den blaugrünen Augen ein Leben lang hassen wird...

Forever Mine _ until death do us partWhere stories live. Discover now