September 2016 (1)

77 19 2
                                    

Einige Tage sind seitdem vergangen, in denen wir uns kaum gesehen, geschweige denn gesprochen haben. Ich bin völlig fertig und weiß nicht, wie ich das widergutmachen kann. Sicher, ich hätte es ihm sagen müsse, aber wie? 

Wir waren noch nicht sehr lange zusammen und ich hatte Angst, dass er mir nicht im Weg stehen wollte, dass er mich sogar verlassen würde, damit ich meine Karriere vorantreiben kann. Und danach, ehrlich gesagt für mich stand das nicht einmal mehr zur Debatte. Ich habe überhaupt nicht mehr daran gedacht, denn auch Melendez hat es nicht angesprochen. 

Nicht einmal auf dieser Party, wieso also musste er es meiner Mutter sagen? Ausgerechnet ihr, denke ich und seufze laut. In meiner Hand halte ich mein Handy, das nun anfängt zu klingeln. Erschrocken hebe ich den Kopf und schaue auf das Display. Mein Herz hämmert wie verrückt gegen meine Rippen, als Lincolns Gesicht auftaucht. Es ist das erste Mal, dass er sich von sich aus meldet. Ich atme tief durch und gehe ran.

„Hey", sage ich vorsichtig. Meine Stimme zittert leicht, weshalb ich noch einmal tief durchatme. Mein Herz rutscht mir in die Hose, als er nicht antwortet. Ich höre ihn atmen, aber er schweigt, was mir die Tränen in die Augen treibt.

„Können wir reden?", fragt er nach einer Weile. Wieder überrascht es mich und ich blinzle perplex, ehe ich ihm antworte. „Ja, ja sicher."

Ich stehe auf und presse die Lippen aufeinander, während ich auf seine Antwort warte. Die auf sich warten lässt, was mich aufregt, doch ich bin nicht in der Position, um mich zu beschweren, also schweige ich weiter.

„Okay, ich bin gleich da", sagt er und legt auf. Kein ich liebe dich, oder eine sonstige Verabschiedung. Enttäuscht lege ich auf und werfe das Handy auf die Couch, das abgefedert wird und auf den Boden fällt, was ich nicht hätte tun sollen, aber irgendwie konnte ich nicht anders. Ich bin wütend auf ihn, aber auch auf mich und die musste irgendwie raus, auch wenn sie nach wie vor unter meiner Haut brodelt.

Ich sitze wie auf glühenden Kohlen, während ich darauf warte, dass es klingelt. Immer wieder starre ich zur Tür, doch niemand steht davor und bittet um Einlass. Ein leises Miauen reisst mich aus meiner Starre, Bailey springt mir auf den Schoss und will gestreichelt werden. Sein weiches Fell kitzelt mich in der Nase und sein Schnurren beruhigt meine angespannten Nerven.

„Was soll ich ihm bloß sagen, hm?", flüstere ich sorgenvoll und blicke in seine blauen Augen, die mich treuevoll ansehen. Seufzend streichle ich ihn weiter, während sich die Blätter draußen bereits verfärben. Das alles passiert so schnell, dass ich gar nicht mehr hinterherkomme. Es war doch gerade noch Sommer, warum ist der Herbst so schnell da? Ich komme nicht dazu den Gedanken weiter auszuführen, denn es klingelt.

Sofort stehe ich auf, was Bailey nicht passt, denn er miaut lautstark, doch ignoriere es und haste zur Tür. Davor besinne ich mich, streiche mir übers Haar und atme tief durch, ehe ich sie öffne. Lincoln steht da und sieht mich an und das fühlt sich an, als würde ich die Kontrolle über mein gesamtes Leben verlieren.

„Kann ich reinkommen?", fragt er leise. Er ist so seltsam, so distanziert, denke ich, als ich nicke und ihm Platz mache. Mir steigt sein Parfüm in die Nase, vermischt mit seinem ganz eigenen Geruch, der mich an all die sinnlichen Momente denken lässt, die wir bis vor ein paar Tagen miteinander geteilt haben. Mir sackt der Magen nach unten und ich muss mich beruhigen.

„Möchtest du etwas trinken, einen Tee vielleicht?", frage ich, um die bedrückende Stille zu füllen, die sich um uns gelegt hat und sich immer mehr ausdehnt. Lincoln schüttelt den Kopf und bleibt im Wohnzimmer stehen. Bailey schaut ihn an und als würde er spüren, dass etwas nicht stimmt, faucht er ihn an und tapst dann zu mir rüber und schmiegt sich demonstrativ gegen meine Beine. Als würde er ihm so sagen wollen, dass er ihn nicht mehr mag und, dass er mich besser behandeln soll.

Everytime I see youWhere stories live. Discover now