21 November 2015 (2)

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Völlig auf Wolke sieben schwebend steige ich aus dem Bus aus. Alles um mich herum wirkt bunter, gerade zu lebendiger. 

Ist das wirklich so oder träume ich das alles nur

Ich taste nach dem Zettel- auf dem seine Nummer steht- den ich in meine Jackentasche gesteckt habe und seitdem bewache, als wäre es der größte Schatz, den es je gegeben hat. Und für mich ist es das auch. 

Seine Nummer

Erleichtert ertasten meine Fingerspitzen das Stück Papier und eine Flut an Glückshormonen durchströmt meinen Körper. Bringen alle Zweifel dazu auf den Grund des Ozeans zu sinken, der sich in mir gebildet hat, was ein überwältigendes Gefühl ist. Eines, das mich auch den ganzen Weg nach Hause begleitet und mich grinsen lässt wie ein Honigkuchenpferd. 

Als wären meine Mundwinkel auf meinen Wangen angenäht worden, was aber bestimmt ein künstlicheres Ergebnis erzielen würde als mein Lächeln. Denn dieses zeugt von Euphorie, von Wogen des reinsten Glücks und dem Gefühl, das mein Herz auf der Stelle platzen wird, wenn ich noch länger an den Kuss denke. 

Oh mein Gott! 

Dieser Typ hat die weichsten Lippen, die ich jemals auf meinen gespürt habe, als wären sie niemals Hitze oder anderen strapazierenden Dingen ausgesetzt gewesen, was mich irgendwie neidisch werden lässt, denn bei meinen kann ich manchmal überhaupt nichts dagegen machen das sie trockener als die Wüste Gobi sind. 

Während ich diesen Gedanken zu Ende denke, verdreht meine innere Stimme gerade die Augen und schüttelt bloß den Kopf. So viel Dummheit auf einen Haufen ist ihr wohl zu viel des Guten, was mir aber nichts aus macht, denn so hält sie wenigstens ihre nervige Klappe. 

Endlich habe ich meine Wohnung erreicht und während ich den Schlüssel aus meiner Tasche krame, laufe ich ganz in Gedanken- die alle um den Kuss kreisen- die Treppen hinauf. 

Als ich endlich den herzförmigen Plüschanhänger ertastet habe, ziehe ich den Bund heraus und habe auch meine Etage erreicht. Ich suche nach dem Schlüssel mit dem roten Punkt, denn diesen brauche ich, um meine Wohnungstür zu öffnen. 

Ich will ihn gerade ins Schloss stecken, als ich meinen Namen höre. Erschrocken wirble ich herum und stehe meiner Mutter gegenüber. 

„Mom?!", stoße ich leicht außer Atem hervor und halte mir die Stelle, über der mein Herz wie wild pocht. Ihre blauen Augen bedenken mich mit einem enttäuschten Blick, als hätte sie sich eine begeisterte Begrüßung erhofft.

Aber um ehrlich zu sein habe ich mit ihrem Besuch überhaupt nicht gerechtet und ich frage mich gerade, ob sie schon jemals in meiner Wohnung war. Also zu besuch, nicht um meine Sachen nach irgendwelchen Hinweisen zu durchsuchen, die ihr Aufschluss über mein Privatleben geben würden. 

„Ich bin es nur, deine Mutter, Schatz", ihr spitzzüngiger Unterton entgeht mir nicht, aber ich ignoriere ihn geflissentlich. So wie ich alle ihre Bemerkungen ignoriere, das rede ich mir zumindest ein. Denn manchmal tun sie auch nach all den Jahren, in denen sie mich bereits schikaniert und in denen sie mein Leben als nicht standesgemäß abgetan hat, verdammt weh.  

„Wirklich?", platze ich heraus und muss fast lachen, doch bei ihrem eisigen Blick bleibt es mir im Hals stecken. So räuspere ich mich und versuche nicht am Schlüsselbund herum zu nesteln, denn auch das würde ihr nur wieder Zündstoff liefern, um mich schlecht zu machen. 

Deshalb atme ich tief durch, drehe mich um und schließe die Tür auf, dass ich dabei drei Versuche brauche, um das Schloss zu treffen, ignoriere ich ebenfalls. 

„Möchtest du reinkommen?", frage ich sie höflich. Auch wenn ich weiß, dass sie garantiert mit reinkommen wird, so muss ich das einfach fragen. Ansonsten würde sie mich für ein undankbares Kind halten. Was sie vielleicht auch manchmal schon getan hat, ich weiß es nicht und eigentlich will ich es auch gar nicht wissen. Denn manchmal ist es besser nicht alle Details- oder eben Gedanken- seiner Mutter zu kennen. 

Everytime I see youWhere stories live. Discover now